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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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be­hält
man je­mand nicht.«
    »Gut. Dann sa­gen
wir es an­ders. Ich will nicht so wei­ter­le­ben wie bis­her.«
    »Du willst dich zur
Ru­he set­zen?«
    Cler­fa­yt blick­te
auf das zer­wühl­te Bett. »Du fin­dest mit Si­cher­heit im­mer das scheuß­lichs­te
Wort. Lass mich ein an­de­res an sei­ne Stel­le set­zen. Ich lie­be dich, und ich
will mit dir le­ben. Lach mei­net­we­gen auch dar­über.«
    »Dar­über la­che ich
nie.« Sie sah auf. Ih­re Au­gen stan­den voll Trä­nen. »Ach, Cler­fa­yt! Was sind das
für Dumm­hei­ten!«
    »Nicht wahr?« Er
er­hob sich und nahm ih­re Hän­de. »Wir wa­ren so si­cher, daß uns das nie pas­sie­ren
könn­te.«
    »Lass es da­bei!
Lass es da­bei! Zer­stö­re es nicht!«
    »Was ist da zu
zer­stö­ren?«
    Al­les, dach­te sie.
Man kann auf Schmet­ter­lings­flü­geln kein häus­li­ches Glück in Tou­lou­se auf­bau­en,
selbst wenn man sie in Ze­ment gös­se. Wie blind Ego­is­mus ma­chen konn­te! Bei
je­dem an­de­ren Mann hät­te er mich so­fort ver­stan­den – bei sich selbst ist
er blind.
    »Ich bin doch
krank, Cler­fa­yt«, sag­te sie schließ­lich zö­gernd.
    »Das ist ein Grund
mehr, nicht al­lein zu sein.«
    Sie schwieg. Bo­ris,
dach­te sie. Bo­ris wür­de mich ver­ste­hen. Cler­fa­yt re­de­te plötz­lich wie er; aber
er war nicht Bo­ris. »Wol­len wir jetzt Gi­u­sep­pe ho­len?« frag­te sie.
    »Ich kann ihn
ho­len. Willst du hier war­ten?«
    »Ja.«
    »Wann willst du an
die Ri­vie­ra fah­ren? Bald?«
    »Bald.«
    Cler­fa­yt blieb
hin­ter ihr ste­hen. »Ich ha­be an der Ri­vie­ra ein häss­li­ches, klei­nes Haus.«
    Sie sah sein
Ge­sicht und sei­ne Hän­de auf ih­ren Schul­tern im Spie­gel. »Du ent­wi­ckelst
wirk­lich un­er­war­te­te Ei­gen­schaf­ten.«
    »Man kann es
um­bau­en«, sag­te Cler­fa­yt.
    »Kannst du es nicht
ver­kau­fen?«
    »Sieh es dir erst
ein­mal an.«
    »Gut«, sag­te sie,
plötz­lich un­ge­dul­dig. »Schick mei­ne Kof­fer her­über, wenn du zum Ho­tel kommst.«
    »Ich wer­de sie
mit­brin­gen.«
    Er ging. Sie blieb
sit­zen und sah in den ver­glim­men­den Abend. Die Ang­ler hock­ten am Ufer. Ein paar
Clochards be­rei­te­ten ihr Abendes­sen an der Quai­mau­er vor.
    Was für son­der­ba­re
We­ge das, was man Lie­be nennt, ge­hen kann, dach­te sie. Hat­te Le­val­li nicht
ge­sagt, daß hin­ter der Bac­chan­tin der Ju­gend im­mer der Schat­ten der Haus­frau
stän­de und hin­ter dem la­chen­den Er­obe­rer der Bür­ger mit dem Be­sitz­wunsch? Nicht
für mich, dach­te sie; aber was war mit Cler­fa­yt ge­sche­hen? Hat­te sie ihn nicht
ge­liebt, weil er nach dem Le­ben griff, als wä­re je­der Au­gen­blick sein letz­ter?
Tou­lou­se! Sie be­gann zu la­chen. Sie hat­te nie von ih­rer Krank­heit spre­chen
wol­len, weil sie ge­glaubt hat­te, daß ein Kran­ker im­mer et­was ab­sto­ßend für
einen Ge­sun­den sei; jetzt spür­te sie, daß es auch um­ge­kehrt sein konn­te, daß
dem Kran­ken ein Ge­sun­der et­was vul­gär er­schei­nen konn­te, so wie ei­nem ver­arm­ten
Ari­sto­kra­ten ein Neu­rei­cher. Ihr war, als hät­te Cler­fa­yt sie heu­te auf ei­ne
son­der­ba­re Wei­se ver­las­sen und wä­re auf die große und brei­te Sei­te
hin­über­ge­wech­selt, die ihr un­er­reich­bar war. Er war kein Ver­lo­re­ner mehr; er
hat­te plötz­lich ei­ne Zu­kunft. Bin ich des­halb zu ihm zu­rück­ge­kom­men, dach­te sie
und fühl­te zu ih­rer Über­ra­schung, daß sie leicht und laut­los wein­te; –
aber sie war nicht un­glück­lich. Sie hät­te nur al­les ger­ne et­was län­ger
ge­hal­ten.
    Cler­fa­yt er­schi­en mit den
Kof­fern. »Wie konn­test du es oh­ne dei­ne Sa­chen nur so lan­ge aus­hal­ten?«
    »Ich ha­be mir neue
be­stellt. Bei Klei­dern ist das ein­fach.«
    Es war nicht wahr;
aber sie fand plötz­lich, sie ha­be einen Grund da­für. Einen dop­pel­ten
so­gar – sie muß­te fei­ern, daß sie in Ve­ne­dig mit dem Le­ben da­von­ge­kom­men
war, und sie muß­te ver­schwen­de­risch sein als Pro­test ge­gen Cler­fa­yts An­ge­bot,
sie zu hei­ra­ten und in Tou­lou­se zu le­ben.
    »Kann ich dir nicht
ein paar Klei­der schen­ken?« frag­te Cler­fa­yt. »Ich bin im Au­gen­blick ziem­lich
reich.«
    »Für mei­nen
Hoch­zeits­rous­seau?«
    »Im

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