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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Whym­per
ge­gen­über. Sie wink­te mich zu sich. »Was ma­chen wir un­ter die­sen Hai­fi­schen
hier?« frag­te sie. »Ha­ben Sie mich des­halb ein­ge­la­den? Schreck­li­che Leu­te!
Wol­len wir ge­hen?«
    »Wo­hin?«
    »Ir­gend­wo­hin. Ins Mo­roc­co. Oder zu mir nach
Hau­se.«
    »Ger­ne«, sag­te ich. »Aber ich kann hier
nicht weg­ge­hen. Ich bin hier halb im Dienst.«
    »Halb! Und ich! Ha­ben Sie nicht
Ver­pflich­tun­gen ge­gen mich? Sie müs­sen mich doch hier weg­schaf­fen. Sie ha­ben
mich ja ein­la­den las­sen.«
    Ich fand ih­re Be­weis­füh­rung nicht übel.
»Sind Sie viel­leicht Rus­sin?« frag­te ich.
    »Nein. Warum?«
    »Ich ha­be bei Rus­sin­nen die­se pracht­vol­le
Lo­gik, falsche Prä­mis­sen und falsche Kon­klu­sio­nen zu ei­nem un­an­fecht­ba­ren
rich­ti­gen An­spruch auf­zu­bau­en, häu­fig ge­fun­den. Sehr reiz­voll, sehr weib­lich
und sehr ir­ri­tie­rend.«
    Sie lach­te plötz­lich. »Ken­nen Sie so vie­le
Rus­sin­nen?«
    »Ei­ni­ge. Al­ler­dings al­les Weiß­rus­sin­nen.
Emi­gran­ten. Ich ha­be be­merkt, daß sie Ge­nie dar­in ha­ben, Män­ner im­mer­fort oh­ne
Grund falsch zu be­schul­di­gen. Sie fin­den, es hal­te die Lie­be wach.«
    »Was Sie al­les wis­sen!« sag­te Mrs. Whym­per
mit ei­nem lan­gen, ver­häng­ten Blick. »Wann ge­hen wir? Ich ha­be kei­ne Lust, den
falschen Pre­dig­ten die­ses Rot­käpp­chens wei­ter zu­zu­hö­ren.«
    »Wie­so Rot­käpp­chen?«
    »Ein Wolf im Schafs­kleid.«
    »Das war nicht das Mär­chen von Rot­käpp­chen.
Es ist ein Zi­tat aus der Bi­bel, Mrs. Whym­per.«
    »Dan­ke, Pro­fes­sor, aber bei bei­den kommt
ein Wolf vor. Wird Ih­nen nicht schlecht, wenn Sie die­se Her­de klei­ner und
großer Hyä­nen und Wöl­fe se­hen, die mit ih­ren Re­noirs in den Mäu­lern
her­um­schlei­chen?«
    »Noch nicht. Ich bin an­ders als Sie. Ich
ha­be es gern, wenn je­mand ernst­haft über et­was re­det, von dem er nichts
ver­steht. Es ist so er­fri­schend kind­lich. Fach­leu­te sind im­mer lang­wei­lig.«
    »Und Ihr Ober­papst, der mit Trä­nen in den
Au­gen über sei­ne Bil­der ge­ra­de wie über sei­ne Kin­der re­det und sie trotz­dem
gern und mit Pro­fit ver­kauft, die­ser Kin­der­händ­ler?«
    Ich muß­te la­chen. Sie hat­te einen gu­ten
Be­griff vom Ka­rus­sell ge­won­nen. »Was ma­chen wir hier?« sag­te sie. »Brin­gen Sie
mich nach Hau­se.«
    »Ich kann Sie nach Hau­se fah­ren, aber dann
muß ich wie­der hier­her zu­rück.«
    »Gut.« Ich hät­te wis­sen sol­len, daß sie
ih­ren Chauf­feur mit ih­rem Wa­gen vor dem Hau­se ste­hen hat­te, doch ich hat­te es
nicht an­ge­nom­men. Sie sah mein Er­stau­nen. »Nun, brin­gen Sie mich schon nach
Hau­se, ich bei­ße Sie nicht«, sag­te sie. »Der Chauf­feur kann Sie dann wie­der zu­rück­fah­ren.
Ich has­se es, al­lein zu Hau­se an­zu­kom­men. Sie ha­ben kei­ne Ah­nung, wie leer ei­ne
Woh­nung sein kann.«
    »Doch«, er­wi­der­te ich. »Ich weiß es.«
    Der Chauf­feur hielt und öff­ne­te die Tür.
Sie stieg aus und war­te­te nicht auf mich. Sie ging mir vor­aus zu ih­rer Haus­tür.
Ich folg­te ihr är­ger­lich. »Es tut mir leid, daß ich wie­der zu­rück­fah­ren muß«,
sag­te ich. »Sie ver­ste­hen si­cher, daß es nicht an­ders geht.«
    »Doch, es geht an­ders«, er­wi­der­te sie.
»Aber da­von wie­der­um ver­ste­hen Sie nichts. Gu­te Nacht. John, fah­ren Sie
Herrn ... wie war doch Ihr Na­me?«
    Ich starr­te sie an. »Mar­tin«, sag­te ich
oh­ne Zö­gern.
    Sie ver­zog kei­ne Mie­ne. »... Mar­tin
zu­rück.«
    Ich über­leg­te einen Au­gen­blick, ob ich das
ab­leh­nen soll­te. Dann stieg ich ein. »Fah­ren Sie mich zum nächs­ten Ta­xi«, sag­te
ich zu dem Chauf­feur.
    Er fuhr an. »Hal­ten Sie hier«, sag­te ich
zwei Stra­ßen wei­ter. »Da ist ein Ta­xi.«
    Der Chauf­feur dreh­te sich um. »Warum wol­len
Sie aus­stei­gen? Es macht mir gar nichts, Sie zu­rück­zu­brin­gen.«
    »Doch. Für uns schon.«
    Er grins­te. »Lie­ber Gott, ha­ben Sie
Sor­gen!«
    Er hielt. Ich gab ihm ein Trink­geld. Er
schüt­tel­te den Kopf, aber er nahm es. Ich fuhr im Ta­xi zu Sil­vers zu­rück. Dann
schüt­tel­te auch ich den Kopf. Was für ein Idi­ot ich bin, dach­te ich. »Bit­te
fah­ren Sie mich zur 57. Stra­ße, Ecke

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