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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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sind und man sie
oh­ne­hin nicht braucht – sie lie­gen fern, ver­streut wie Stei­ne nach ei­nem
star­ken Re­gen – wir war­te­ten, und sie kam und sie war bei uns und wir
fühl­ten sie: die Stil­le, in der man nur noch Atem ist, nicht hef­ti­ger Atem,
son­dern lei­ses­ter, der die Lun­gen kaum noch be­wegt. Wir war­te­ten dar­auf, wir
san­ken hin­ein, und Na­ta­scha sank hin­durch in den Schlaf. Ich aber sah sie an,
und es dau­er­te lan­ge, bis auch ich schlief. Ich sah sie an mit der ge­hei­men
Neu­gier­de, die ich im­mer schon bei Schla­fen­den hat­te, als wüß­ten sie et­was, was
mir für im­mer ver­bor­gen war. Ich sah ihr ge­lös­tes Ge­sicht mit den lan­gen
Wim­pern, das mir durch die Schat­ten­ma­gie des Schla­fes ent­rückt war und nichts mehr
von mir wuß­te, für das al­le Schwü­re, Schreie, Ent­zückun­gen der Stun­de vor­her
nicht mehr exis­tier­ten, für das auch ich nicht mehr da war, ne­ben dem ich
ster­ben konn­te, oh­ne daß es et­was von mir wuß­te, ich sah es gie­rig und voll
ei­nes lei­sen Grau­ens an, die­sen frem­den Men­schen ne­ben mir, der nun schon das
Nächs­te war, das ich hat­te, und ich be­griff plötz­lich, daß man nur die To­ten
ganz hat, weil sie nie ent­flie­hen kön­nen. Al­les an­de­re pul­sier­te und wech­sel­te
und trenn­te sich und ver­schob sich und war schon nicht mehr das glei­che, wenn
es auf­tauch­te. Die To­ten al­lein wa­ren treu. Das war ih­re Macht.
    Ich horch­te auf den Wind, der in die­ser
Hö­he fast im­mer um die Häu­ser strich. Ich fürch­te­te mich ein­zu­schla­fen, ich
scheuch­te die Ver­gan­gen­heit weg und be­trach­te­te das Ge­sicht Na­ta­schas, das
jetzt zwi­schen den Brau­en ei­ne schma­le Fal­te zeig­te. Ich be­trach­te­te es, und
mir schi­en ei­ne kur­ze Zeit, daß ich na­he dar­an war, et­was zu ent­de­cken, das wie
ein un­be­kann­ter und sanft be­glänz­ter Raum war, von dem ich nichts ge­ahnt hat­te.
Ich fühl­te ein sehr ru­hi­ges ek­sta­ti­sches Ent­zücken, des­sen stärks­te Emp­fin­dung
Wei­te war. Ich nä­her­te mich vor­sich­tig und atem­los, und in dem Au­gen­blick, in
dem ich die letz­te Be­we­gung mach­te, wuß­te ich es nicht mehr und war
ein­ge­schla­fen.

XXIV.
    D er Gar­den of Al­lah hat­te ein
Schwimm­bas­sin und ei­ne An­zahl klei­ner Häus­chen, die man mie­ten konn­te. Man
haus­te dar­in al­lein oder zu zwei­en oder meh­re­ren. Ich wur­de in ei­nes
ein­quar­tiert, das ein Schau­spie­ler be­wohn­te. Je­der von uns hat­te sein Zim­mer,
und wir be­sa­ßen zu­sam­men ein Ba­de­zim­mer. Das Gan­ze hat­te et­was von ei­nem
be­que­men Zi­geu­ner­la­ger an sich. Ich war über­rascht und fühl­te mich so­fort wohl.
Der Schau­spie­ler lud mich am ers­ten Abend zu sich ein. Es gab Whis­ky und
ka­li­for­ni­schen Wein, und nach und nach ka­men Be­kann­te des Schau­spie­lers da­zu.
Es war ziem­lich un­ge­zwun­gen, und wer Lust hat­te zu ba­den, der sprang in das
grün­blau er­leuch­te­te Schwimm­bas­sin und kühl­te sich ab. Ich trat auf in mei­ner
Rol­le als frü­he­rer As­sis­tent im Lou­vre. Da ich nicht wuß­te, wie weit ge­klatscht
wer­den konn­te, hielt ich es für bes­ser, auch pri­vat da­bei zu blei­ben,
schließ­lich hat­te mich ja Sil­vers des­we­gen en­ga­giert.
    Ich hat­te in den ers­ten Ta­gen nichts zu
tun. Die Bil­der, die Sil­vers von New York ge­schickt hat­te, wa­ren noch nicht
an­ge­kom­men. Ich trieb mich im Gar­den of Al­lah her­um, fuhr mit John Scott, dem
Schau­spie­ler, ans Meer und ließ mich von ihm über das Le­ben in Hol­ly­wood
be­leh­ren. Ich hat­te schon in New York wie­der und wie­der das Ge­fühl von
Un­wirk­lich­keit ge­habt, weil die­ses rie­si­ge Land einen Krieg führt, von dem es
nichts sah und der ei­ne hal­be Welt von ihm ent­fernt vor sich ging – hier
in Hol­ly­wood wur­de er ganz und gar li­te­ra­risch. Es gab hier Obers­ten und
Ka­pi­tä­ne in Mas­sen, die in Uni­form um­her­stol­zier­ten, aber nichts von Krieg
wuß­ten. Es wa­ren Film-Obers­ten, Film-Haupt­leu­te, Film-Re­gis­seu­re und
Film-Pro­du­zen­ten, die von ei­nem Tag zum an­de­ren zu Obers­ten er­nannt wor­den
wa­ren für ir­gend et­was, das ir­gend­wie mit Kriegs­fil­men zu tun hat­te, und die
vom

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