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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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nicht da­nach fra­gen. Ich hät­te es auch nur hö­ren wol­len, um
fest­zu­stel­len, ob das be­reits so weit hin­ter ihm lag, daß er oh­ne Kri­sis Leu­te
dar­stel­len konn­te, die die­se Mör­der ge­we­sen wa­ren. Es war nicht not­wen­dig. Die
Tat­sa­che, daß er sie dar­stell­te, war Ant­wort ge­nug.
    »Es war schön, Sie zu tref­fen, Tan­nen­baum«,
sag­te ich.
    Er schiel­te mich arg­wöh­nisch an. »Un­ser
Ver­hält­nis war nicht ge­ra­de so, daß wir uns Kom­pli­men­te ma­chen müs­sen«, sag­te
er.
    »Ich mei­ne es wirk­lich so«, er­klär­te ich.
    Sil­vers ent­fal­te­te ei­ne ge­heim­nis­vol­le
Tä­tig­keit, die zu nichts führ­te. Nach ei­ni­gen Ta­gen gab er es auf und schritt
zum di­rek­ten An­griff. Er rief Pro­du­zen­ten und Re­gis­seu­re an, die er durch
an­de­re Käu­fer ir­gend­wann ein­mal ken­nen ge­lernt hat­te, und lud sie ein, sei­ne
Bil­der an­zu­se­hen. Aber das Üb­li­che pas­sier­te: Leu­te, die ihn in New York na­he­zu
mit Trä­nen in den Au­gen ge­be­ten hat­ten, sie zu be­su­chen, wenn er ein­mal in Los
An­ge­les sei, hat­ten plötz­lich Mü­he, sich sei­ner zu er­in­nern, und wenn er sie
bat, sei­ne Bil­der an­zu­se­hen, hat­ten sie kei­ne Zeit.
    »Der Teu­fel soll die­se Bar­ba­ren ho­len«,
knurr­te er nach der ers­ten Wo­che. »Wenn es nicht an­ders wird, fah­ren wir nach
New York zu­rück. Wel­che Leu­te woh­nen im Gar­den of Al­lah?«
    »Kei­ne Kun­den«, er­wi­der­te ich. »Höchs­tens
für klei­ne­re Zeich­nun­gen oder Li­tho­gra­phien.«
    »In der Not frißt der Sa­tan Flie­gen. Wir
ha­ben doch zwei klei­ne De­gas-Zeich­nun­gen hier und zwei Koh­le­zeich­nun­gen von
Pi­cas­so. Neh­men Sie die Bil­der mit und hän­gen Sie sie in Ihr Zim­mer. Ge­ben Sie
ei­ne Cock­tail­par­ty.«
    »Pri­vat oder auf Spe­sen­kon­to?«
    »Na­tür­lich auf Spe­sen. Ha­ben Sie nichts
an­de­res im Kopf als Geld?«
    »Ich ha­be es nicht in den Ta­schen, des­halb
ha­be ich es so oft im Kopf.«
    Sil­vers wink­te ab. Ihm war nicht nach
Bon­mots zu­mu­te. »Ver­su­chen Sie es mal dort. Viel­leicht fan­gen Sie einen
Schell­fisch, wenn schon kei­ne Hech­te zu ha­ben sind.«
    Ich lud Scott, Tan­nen­baum und ein paar
Be­kann­te von ih­nen ein. Der Gar­den of Al­lah war be­rühmt für sei­ne
Cock­tail­par­tys. Scott er­zähl­te mir, daß sie manch­mal bis zum Mor­gen dau­er­ten.
Zur Vor­sicht und aus Iro­nie lud ich Sil­vers auch ein. Er sag­te be­frem­det und
hoch­fah­rend ab. Der­glei­chen war für klei­ne Leu­te und un­ter sei­ner Wür­de.
    Die Par­ty be­gann ver­hei­ßungs­voll, es ka­men
zehn Leu­te mehr, als ein­ge­la­den wa­ren, um zehn Uhr abends wa­ren es min­des­tens
zwan­zig mehr. Mein Al­ko­hol war zu En­de, und wir zo­gen um in einen der Bun­ga­lows.
Ein weiß­haa­ri­ger, rot­ge­sich­ti­ger Mann, der Ed­dy ge­nannt wur­de, be­stell­te
But­ter­bro­te, Ham­bur­ger und Ber­ge von Würst­chen. Um elf Uhr war ich mit ei­nem
Dut­zend frem­der Leu­te so weit, daß wir uns beim Vor­na­men nann­ten – da­für
war es ei­gent­lich schon reich­lich spät. Im all­ge­mei­nen pas­sier­te das auf den
Par­tys viel frü­her. Um Mit­ter­nacht fie­len ei­ni­ge Leu­te in das Schwimm­bas­sin,
an­de­re wur­den hin­ein­ge­sto­ßen. Das galt als ein an­spruchs­vol­ler Scherz. Ei­ni­ge
Mäd­chen schwam­men in Büs­ten­hal­ter und Hös­chen in dem blau­grün er­leuch­te­ten
Bas­sin um­her. Sie wa­ren sehr jung und hübsch, und das Gan­ze wirk­te eher
un­schul­dig. Über all dem Lärm lag ei­ne son­der­ba­re Ste­ri­li­tät. Zu ei­ner Stun­de,
in der man in Eu­ro­pa längst in den Bet­ten ge­le­gen hät­te, stand man hier um ein
Kla­vier her­um und sang sen­ti­men­ta­le Cow­boy­lie­der.
    Ich ver­lor lang­sam die Über­sicht. Die Welt
um mich be­gann zu tau­meln, und ich ließ es ge­sche­hen. Ich woll­te nicht nüch­tern
blei­ben. Ich haß­te die Näch­te, in de­nen man al­lein auf­wach­te und nicht wuß­te,
wo man war; sie la­gen zu dicht bei den Träu­men, die nicht ab­zu­schüt­teln wa­ren.
Lang­sam ver­sank ich in ei­ne schwe­re, nicht un­an­ge­neh­me Trun­ken­heit, aus der
hier und da brau­ne und gol­de­ne Lich­ter blitz­ten. Ich wuß­te am

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