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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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an­de­re
Men­schen glück­lich sind.«
    Wir sa­hen uns im­mer noch an. Es schi­en
leich­ter, im Spie­gel zu ant­wor­ten, als wenn man sich di­rekt an­sah. »Du hast
mich neu­lich schon ein­mal so ge­fragt«, er­wi­der­te ich.
    »Da­mals hast du ge­lo­gen. Du dach­test, ich woll­te
dir ei­ne Sze­ne ma­chen, und dem woll­test du aus dem We­ge ge­hen. Ich woll­te dir
kei­ne Sze­ne ma­chen.«
    »Ich ha­be auch da­mals nicht ge­lo­gen«, sag­te
ich fast au­to­ma­tisch und be­reu­te es gleich da­nach. Lei­der hat­te ich im Le­ben
ei­ni­ge Ei­gen­schaf­ten an­ge­nom­men, die für mei­ne Exis­tenz wich­tig wa­ren, aber
nicht für mein Pri­vat­le­ben – da­zu ge­hör­te es auch, nie ei­ne Lü­ge
ein­zu­ge­ste­hen. Es war ein gu­tes Prin­zip im Kampf mit Be­hör­den, aber nicht im­mer
ei­nes beim Um­gang mit Ge­lieb­ten, ob­schon es auch da mehr Vor­tei­le als Nach­tei­le
hat­te.
    »Ich ha­be nicht ge­lo­gen«, sag­te ich. »Ich
ha­be mich nur un­ge­schickt aus­ge­drückt. Wir ha­ben aus ei­nem ro­man­ti­schen
Jahr­hun­dert ei­ne An­zahl Be­grif­fe über­nom­men, die viel dif­fe­ren­zier­ter ge­wor­den
sind. Da­zu ge­hört auch wohl der Be­griff Glück. Wie leicht war man frü­her
glück­lich! Und mit Glück mein­te man das gan­ze Glück! Ich den­ke nicht an die
Schrift­stel­ler und Falsch­mün­zer, die mit ih­ren ge­schick­ten Lü­gen gan­ze Epo­chen
durch­ein­an­der­ge­bracht ha­ben – selbst sehr große wa­ren wie hyp­no­ti­siert von
der leuch­ten­den, un­wirk­li­chen Ku­gel, die mit Flit­ter­gold über­zo­gen war: Glück,
die­se Pa­na­zee, die­ses All­heil­mit­tel für al­le. Wer lieb­te, war glück­lich, und
wer glück­lich war, der war rund­um glück­lich.«
    Na­ta­scha ließ mei­ne Au­gen los und streck­te
sich lang aus. »Ja, Pro­fes­sor«, mur­mel­te sie. »Das ist si­cher sehr ge­scheit,
aber glaubst du nicht auch, das an­de­re war ein­fa­cher?«
    »Das war es wahr­schein­lich.«
    »Es kommt doch nur dar­auf an, was man
glaubt. Was ist schon wahr? Was man fühlt, hat doch mit Wahr­heit nichts zu­tun.«
    Ich lach­te. »Na­tür­lich nicht.«
    »Ihr bringt al­les durch­ein­an­der. Wie schön
war das frü­her, als man zu ei­ner Un­wahr­heit nicht Lü­ge sag­te, son­dern
Phan­ta­sie, und als Ge­fühl nur nach In­ten­si­tät be­ur­teilt wur­de und nicht nach
mo­ra­li­schen Grund­sät­zen. Ich bin neu­gie­rig, wie du aus dem Schwin­del­nest
Hol­ly­wood zu­rück­kommst! Dort wird man dir die voll­tö­nen­den Kli­schees nur so vor
den Au­gen schwen­ken, als wä­ren sie ein ge­plan­tes Bett mit Fe­dern.«
    »Wo­her weißt du das? Warst du dort?«
    »Ja«, sag­te Na­ta­scha. »Zum Glück war ich
nicht pho­to­gen.«
    »Du nicht pho­to­gen?«
    »Nein, was im­mer das heißt.«
    »Wärst du sonst dort ge­blie­ben?«
    Sie küß­te mich. »Na­tür­lich, mein deut­scher
Ham­let. Je­de Frau, die et­was an­de­res sagt, lügt. Glaubst du, mein Be­ruf sei
et­was so Er­ha­be­nes, daß ich ihn nicht auf­ge­ben könn­te? Ach, die­se fet­ten
rei­chen Frau­en, de­nen man vor­schwin­deln muß, Klei­der für schlan­ke Per­so­nen
paß­ten auch ih­nen! Und die­se dün­nen Bes­ti­en, die sich nicht trau­en, einen
Ge­lieb­ten zu ha­ben, und die auch kei­nen fin­den kön­nen und da­für ih­re Wut an
Men­schen aus­las­sen, die sich nicht weh­ren kön­nen!«
    »Ich woll­te, du könn­test mit­kom­men«, sag­te
ich oh­ne nach­zu­den­ken.
    »Das geht nicht. Die Win­ter­sai­son geht an.
Und wir ha­ben kein Geld.«
    »Wirst du mich be­trü­gen?«
    »Na­tür­lich«, sag­te sie.
    »Ist das na­tür­lich?«
    »Ich be­trü­ge dich nicht, wenn du da bist.«
    Ich sah sie an. Ich wuß­te nicht, ob sie
mein­te, was sie sag­te. »Wenn je­mand nicht da ist, ist das, als käme er nie
wie­der«, sag­te sie. »Nicht so­fort, aber sehr bald.«
    »Wie bald?«
    »Wie soll ich das wis­sen? Laß mich nicht
al­lein, und du brauchst mich nie zu fra­gen.«
    »Das ist be­quem«, sag­te ich.
    »Es ist ein­fa­cher«, er­wi­der­te sie. »Wenn
je­mand da ist, braucht man kei­nen an­dern. Wenn er nicht da ist, ist man al­lein,
und wer kann schon al­lein sein? Ich nicht.«
    »Geht das so schnell?« frag­te ich, nun doch
et­was be­un­ru­higt. »Man

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