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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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mor­gen an.«
    »Ha­ben Sie das Script ge­le­sen?«
    Ich dreh­te mich um und be­trach­te­te sein
be­sorg­tes, zer­knit­ter­tes Ge­sicht. Ich woll­te nicht dar­über re­den; ich woll­te
ver­ges­sen, was ich ge­le­sen hat­te. »Mor­gen«, sag­te ich. »Mor­gen be­kom­men Sie
al­les. Auch mei­ne An­mer­kun­gen.«
    »Warum nicht jetzt? Dann kann ich schon für
mor­gen al­les vor­be­rei­ten, was wir brau­chen. Wir spa­ren so einen hal­b­en Tag. Es
eilt, Ro­bert.«
    Ich merk­te, daß ich ihn nicht los­wer­den
konn­te. Warum wirk­lich nicht jetzt? dach­te ich schließ­lich. Warum nicht hier,
zwi­schen Schnaps und Was­ser und Mäd­chen, dem ge­las­se­nen Nacht­him­mel die­ser
ver­dreh­ten Welt? Warum soll ich es nicht hier zer­kau­en, an­statt mit ei­nem Bauch
voll Er­in­ne­run­gen Schlaf­ta­blet­ten zu neh­men? »Gut, Joe. Set­zen wir uns et­was
ab­seits.«
    ***
    Ei­ne Stun­de spä­ter hat­te ich
Holt die Feh­ler sei­nes Scripts er­klärt. »Klei­nig­kei­ten wie falsche Müt­zen,
Stie­fel, Uni­for­men und Rang­ab­zei­chen sind rasch be­sei­tigt«, sag­te ich.
»We­sent­li­cher ist die At­mo­sphä­re. Sie soll­te nicht me­lo­dra­ma­tisch sein wie ein
Wild­west­film. Des­sen Me­lo­dra­ma ist harm­los ge­gen das, was drü­ben wirk­lich
pas­siert.«
    Holt drucks­te ei­ne Wei­le her­um. »Der Film
muß ein Ge­schäft blei­ben«, sag­te er schließ­lich.
    »Was?«
    »Das Stu­dio in­ves­tiert fast ei­ne Mil­li­on
Dol­lar. Das heißt, daß wir mehr als zwei Mil­lio­nen ein­neh­men müs­sen, um den
ers­ten Dol­lar zu ver­die­nen. Die Leu­te müs­sen hin­ein­ge­hen.«
    »Und?«
    »Das, was Sie vor­schla­gen, Ro­bert, glaubt
uns kein Mensch! Ist es wirk­lich so?«
    »Schlim­mer. Viel schlim­mer.«
    Holt spuck­te in das Was­ser. »Nie­mand wird
es uns glau­ben.«
    Ich stand auf. Der Schä­del tat mir weh. Ich
hat­te jetzt wirk­lich ge­nug. »Dann las­sen Sie es, Joe. Hört denn die ver­damm­te
Iro­nie nie auf? Ame­ri­ka führt Krieg mit Deutsch­land, und Sie er­klä­ren mir, daß
nie­mand glau­ben wird, wie sich die Deut­schen auf­füh­ren.«
    Holt rang die Hän­de. »Ich glau­be es ja,
Ro­bert. Das Stu­dio wird es nicht glau­ben und das Pu­bli­kum nicht. Nie­mand wird
in einen sol­chen Film, wie Sie ihn vor­schla­gen, rein­ge­hen! Das The­ma ist oh­ne­hin
schon ris­kant ge­nug. Ich will es ja, Ro­bert. Aber ich muß die Stu­dio-Bon­zen
über­zeu­gen! Ich möch­te am liebs­ten einen Do­ku­men­tar­film ma­chen; er wür­de ei­ne
Plei­te wer­den. Das Stu­dio will einen me­lo­dra­ma­ti­schen Film ha­ben.«
    »Mit ent­führ­ten Mäd­chen, ge­fol­ter­ten Stars
und ei­ner Ehe am Schluß?«
    »Das nicht ge­ra­de. Aber mit Flucht, Kampf
und Auf­re­gung.«
    Scott kam her­über­ge­schlen­dert. »Es hört
sich an, als fehl­te hier Al­ko­hol.«
    Er stell­te ei­ne Fla­sche Whis­ky, ei­ne
Fla­sche Was­ser und zwei Glä­ser auf den Rand des Schwimm­bass­ins. »Wir ver­le­gen
jetzt die Ge­sell­schaft in mei­ne Bu­de. Wenn ihr Fut­ter ha­ben wollt, kommt. Es
gibt But­ter­bro­te und kal­tes Huhn.«
    Holt griff nach mei­nem Jackett. »Noch zehn
Mi­nu­ten, Ro­bert. Nur zehn Mi­nu­ten über das Prak­ti­sche. Den Rest be­spre­chen wir
mor­gen.«
    Aus den zehn Mi­nu­ten wur­de ei­ne Stun­de.
Holt bot ein für Hol­ly­wood ty­pi­sches Bild: den Mann, der et­was Gu­tes ma­chen
möch­te, aber be­reit ist, sich mit dem Schlech­teren zu­frie­den zu ge­ben, und das
für ein tie­fes künst­le­ri­sches Pro­blem hält, an­statt für einen jäm­mer­li­chen
Kom­pro­miß. »Sie müs­sen mir hel­fen, Ro­bert«, er­klär­te er. »Wir müs­sen un­se­re
Ide­en Schritt für Schritt wei­ter­brin­gen. Nicht auf einen Schlag. Pe­tit à pe­tit!«
    Die­se falsche fran­zö­si­sche Phra­se war
al­les, was mir noch fehl­te. Ich ver­ließ Holt has­tig und ging auf mein Zim­mer.
Ei­ne Zeit­lang lag ich auf dem Bett und ha­der­te mit mir selbst. Dann be­schloß
ich, am nächs­ten Tag Kahn an­zu­ru­fen, ich hat­te ja jetzt Geld. Ich be­schloß,
auch Na­ta­scha an­zu­ru­fen; bis jetzt hat­te ich ihr nur zwei kur­ze Brie­fe
ge­schrie­ben, und auch die wa­ren mir schwer ge­fal­len. Sie war kei­ne je­ner
Per­so­nen, de­nen man lan­ge Brie­fe

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