Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
Vom Netzwerk:
son­dern mei­nem
Kun­den Holt. Ich bin da­für, daß Sie Holt die Sa­che als großes Ent­ge­gen­kom­men
dar­stel­len, und bin si­cher, daß er dank­bar wei­ter kau­fen wird. Ich möch­te nur
selbst nicht zur Dank­bar­keit ge­zwun­gen wer­den, wo es doch eher an Ih­nen lä­ge,
dank­bar zu sein. Es ist hübsch, daß Sie mir bei­ge­bracht ha­ben, das schöns­te
Ziel ei­nes tüch­ti­gen Händ­lers be­ste­he dar­in, dem Kun­den nicht nur das Fell
ab­zu­zie­hen, son­dern ihn da­für auch noch dank­bar zu stim­men. Sie sind ein großer
Meis­ter dar­in, aber ver­scho­nen Sie mich da­mit.«
    Sil­vers' Ge­sicht wirk­te auf ein­mal et­was
zer­knit­tert. Von ei­ner Se­kun­de zur an­de­ren wirk­te er zwan­zig Jah­re äl­ter. »So«,
sag­te er lei­se, »ich soll Sie ver­scho­nen. Und was ha­be ich vom Le­ben? Sie
fei­ern Cock­tail­par­tys für mein Geld, Sie sind fünf­und­zwan­zig Jah­re jün­ger als
ich, ich hocke hier in die­sem Ho­tel und war­te auf Kun­den wie ei­ne al­te Spin­ne.
Ich er­zie­he Sie wie einen Sohn, und Sie wer­den schon är­ger­lich, wenn ich mei­ne
mü­den Klau­en an Ih­nen schär­fe! Soll ich denn über­haupt kei­nen Spaß mehr ha­ben?«
    Ich sah ihn scharf an. Ich kann­te sei­nen
Trick mit dem Ster­ben, dem Krank­sein und der Tat­sa­che, daß nie­mand auch nur das
kleins­te Bild mit ins Jen­seits neh­men kön­ne. Da sei es dann doch bes­ser, an
sym­pa­thi­sche Kun­den hier auf Er­den zu ver­kau­fen, selbst un­ter Ver­lust, so­lan­ge
man noch da sei – es sei ja nicht mehr lan­ge. Ich selbst hat­te die
Me­diz­in­fla­schen ar­ran­giert, als sich Sil­vers mü­de und blaß, von sei­ner treu­en
Frau vor­sich­tig bleich ge­schminkt, im blau­en Schlaf­rock ins Bett leg­te, um
einen scheuß­li­chen Schin­ken, einen rie­si­gen to­ten Jockey mit sei­nem Pferd, ›mit
Ver­lust‹ an einen Öl­mil­lio­när aus Te­xas zu ver­kau­fen. Ich war dar­auf ge­kom­men,
Sil­vers' ge­wohn­ten ro­ten Schlaf­rock ge­gen einen blau­en aus­zut­au­schen, weil in
Blau die Kran­ken­bläs­se noch stär­ker her­vor­trat. Ich hat­te die Ver­hand­lun­gen
zwei­mal mit Me­di­zin un­ter­bro­chen, die Sil­vers ein­neh­men muß­te und die aus Wod­ka
be­stand – auch das ei­ne Nu­an­ce von mir, statt Whis­ky, wie Sil­vers ge­plant
hat­te, Wod­ka zu rei­chen – Wod­ka roch nicht, aber Whis­ky war für gu­te
Te­x­a­ner­na­sen schon zwan­zig Me­ter weit zu schnup­pern. Sil­vers hat­te mir
schließ­lich mit erster­ben­der Stim­me den Kauf­ver­trag dik­tiert, an dem er
zwan­zig­tau­send Dol­lar ver­dien­te. Ich hat­te, als ich die Sum­me hör­te, die
üb­li­chen wei­ten Au­gen stum­men Pro­tes­tes be­kom­men und dann er­ge­ben leicht den
Kopf ge­schüt­telt. Ich kann­te al­le die­se Tricks von Sil­vers, in de­nen er
un­er­schöpf­lich war und die er sein ›künst­le­ri­sches Dampf­ab­las­sen‹ nann­te, aber
die­se neue ver­drieß­li­che No­te kann­te ich noch nicht, auch nicht das ech­te
Zei­chen von Er­schöp­fung in sei­nem Ge­sicht.
    »Be­kommt Ih­nen das Kli­ma nicht?« frag­te
ich.
    »Kli­ma! Ich kom­me vor Lan­ge­wei­le um!
Stel­len Sie sich vor«, sag­te er, »aus Lan­ge­wei­le la­de ich so ein Mäd­chen, das
ich am Swim­ming-pool ken­nen ge­lernt ha­be – üb­ri­gens ein blon­des, hüb­sches,
nichts sa­gen­des Ding von neun­zehn Jah­ren, man muß hier mit dem Al­ter ja sehr
vor­sich­tig sein, die Kü­ken be­haup­ten, sie sei­en kei­ne Min­der­jäh­ri­gen mehr, und
vor der Tür lau­ert schon die Mut­ter, um einen zu er­pres­sen –, al­so ich
la­de sie ein, mit mir zu es­sen, und sie kommt. Wir neh­men et­was Cham­pa­gner,
Shrimps mit Thou­sand-Is­lands-Sau­ce, Sir­loins­teak, al­les in der hüb­schen Kü­che
mit Eß­zim­mer hier oben ser­viert. Wir wer­den fröh­lich, ich ver­ges­se mein
trost­lo­ses Le­ben, wir ge­hen ins Schlaf­zim­mer, und was pas­siert?«
    »Sie schreit aus dem Fens­ter her­aus, sie
wer­de ver­ge­wal­tigt. Po­li­zei, Po­li­zei!«
    Sil­vers über­leg­te einen Au­gen­blick
er­staunt. »Kommt das vor?«
    »Mein Nach­bar Scott hat mir er­klärt, es sei
hier ei­ner der ein­fachs­ten Tricks, zu Geld zu kom­men.«
    »So, so! Nein, das war es nicht. Lei­der
nicht. Es

Weitere Kostenlose Bücher