E.M. Remarque
herausgemacht«, sagte Lowy. »Gehen die Geschäfte gut?
Waren Sie in Florida? Gratuliere!«
Ich erklärte ihm, was ich getan hatte. Ich
unterließ es, ihm etwas über meine Tätigkeit bei Holt zu sagen. Ich hatte
eigentlich keinen Grund, ein Geheimnis daraus zu machen. Ich hatte nur keine
Lust, heute morgen mehr zu erklären, als unbedingt notwendig war. Ich hatte mir
mit Erklärungen bei Natascha genug geschadet.
»Wie geht es bei Ihnen?« fragte ich.
Lowy winkte mit beiden Händen ab. »Es ist
geschehen«, sagte er dumpf.
»Was?« – »Er hat geheiratet! Die
Schickse!«
Ich sah ihn an. »Das bedeutet noch nichts«,
erwiderte ich, um ihn zu trösten. »Heute kann man sich leicht scheiden lassen.«
»Das habe ich auch gedacht! Aber was soll
ich Ihnen sagen, die Schickse ist katholisch.«
»Ist Ihr Bruder auch katholisch geworden?«
fragte ich.
»Das noch nicht, aber was nicht ist, kann
noch werden. Sie arbeitet Tag und Nacht an ihm.«
»Woher wissen Sie das?«
»Man sieht es. Er redet bereits über
Religion. Sie hackt auf ihn ein, daß er verdammt sei, in der Hölle auf ewig zu
braten, wenn er nicht katholisch werde. So was ist nicht angenehm.«
»Sicher nicht. Sind die beiden denn
katholisch getraut?«
»Klar! Das hat sie fertig gebracht. In der
Kirche getraut, und mein Bruder im Schwalbenschwanz, einem Cutaway, den er
geliehen hatte, natürlich, denn was soll er mit einem Cut, er hat doch viel zu
kurze Beine.«
»Welch ein Schlag im Hause Israel.«
Lowy blickte mich scharf an. »Richtig! Sie
sind ja keiner von unseren Leuten! Sie verstehen das nicht so. Sie sind
evangelisch?«
»Ich bin ein einfacher Atheist. Katholisch
geboren.«
»Was? Wie geht das zu?«
»Ich bin aus der Kirche ausgetreten, als
sie das Konkordat mit Hitler unterzeichnete. Es war zuviel für meine
unsterbliche Seele.«
Lowy war einen Augenblick interessiert. »Da
haben Sie recht«, sagte er ruhig. »So etwas kann nur der Teufel verstehen. Die
Kirche mit dem Satz: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – und dann Arm
in Arm mit diesen Mördern. Besteht das Konkordat immer noch?«
»Soviel ich weiß, ja. Ich glaube nicht, daß
es gekündigt worden ist.«
Lowy hatte sich erholt. »Und mein Bruder?«
schnaufte er. »Der dritte im Bunde!«
»Na, na, Herr Lowy! So ist das nun nicht!
Ihr Bruder hat damit nichts zu tun. Er ist ein unschuldiges Opfer der Liebe.«
»Unschuldig? Sehen Sie sich das an!« Lowy
wies mit theatralischer Geste um sich. »Sehen Sie sich das an, Herr Ross! Haben
Sie das je in unserem Kunstinstitut erwartet?«
»Was?«
»Was? Heiligenfiguren! Bischöfe!
Muttergottes-Statuen! Sehen Sie es denn nicht? Früher hatten wir keine einzige
dieser bärtigen und bemalten Skulpturen hier! Jetzt wimmelt es davon.«
Ich sah mich um. Es standen einige gute
Figuren in den Ecken. »Warum stellen Sie diese Sachen so auf, daß man sie kaum
sieht? Sie sind gut. Zwei haben sogar die alte Bemalung und das alte Gold. Das
sind die besten Stücke, die Sie augenblicklich hier im Laden haben, Herr Lowy.
Was ist da zu jammern? Kunst ist Kunst!«
»Nicht unter diesen Umständen!«
»Herr Lowy, das ist ein weites Feld. Gäbe
es keine religiöse Kunst, so wären dreiviertel aller jüdischen Kunsthändler
pleite. Sie müssen da tolerant sein.«
»Ich kann es nicht. Auch dann nicht, wenn
ich daran verdiene. Es zerbricht mir das Herz. Mein ungeratener Bruder schleppt
dieses Zeug herein. Die Sachen sind gut, zugegeben. Aber das macht es noch
schlimmer. Wenn die Farben neu wären, die Vergoldung aus Bronzepulver hergestellt,
wenn nur ein Fuß alt wäre und der Rest mit Schrot wurmstichig geschossen, dann
wäre es besser für mich. Ich könnte mit Recht schreien und zetern! So muß ich
das Maul halten und verbrenne innerlich. Ich kann kaum noch essen. Gehackte
Hühnerleber,
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