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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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schon
ganz ver­rückt. Es geht für mich nicht zu­sam­men, daß Bet­ty stirbt und hier
Gu­lasch ge­fres­sen wird. Geht es Ih­nen nicht auch so?«
    Sie sah mich mit ih­rem hüb­schen, et­was
lee­ren Ge­sicht an, in dem Tan­nen­baum vul­ka­ni­sche Lei­den­schaft ver­mu­te­te.
»Nein«, sag­te ich. »Es ist ganz na­tür­lich. Der Tod ist et­was, das man nie­mals
ver­ste­hen kann, und man soll des­halb auch nicht dar­über nach­den­ken. Sie soll­ten
trotz­dem et­was es­sen. Bei Bet­ty gibt es doch nur Kran­ken­kost.«
    »Ich kann nicht.«
    »Viel­leicht et­was Sze­ge­di­ner Gu­lasch. Mit
Kraut.«
    »Ich kann nicht. Ich ha­be ja vor­mit­tags
hier mit­ge­hol­fen, das Gu­lasch zu ko­chen.«
    »Das ist et­was an­de­res. Möch­ten Sie dann
einen Küm­mel­schnaps oder ein Bier?«
    »Ich möch­te mich manch­mal auf­hän­gen«, sag­te
Lis­sy. »Oder ich möch­te ins Klos­ter. Aber manch­mal möch­te ich auch al­les
zer­schla­gen und to­ben. Ver­rückt, wie?«
    »Nor­mal, Lis­sy. Ge­sund und nor­mal. Ha­ben
Sie einen Freund?«
    »Wo­zu? Um ein un­ehe­li­ches Kind zu krie­gen?
Dann sind doch mei­ne letz­ten Chan­cen hin«, sag­te Lis­sy ver­zwei­felt.
    Tan­nen­baum muß­te den rich­ti­gen Zwil­ling
er­wi­scht ha­ben, dach­te ich. Viel­leicht aber hat­te Ve­sel ihm was
vor­ge­schwin­delt, und er hat­te mit kei­ner et­was ge­habt.
    Vries­län­der kam her­ein. »Ah, un­ser jun­ger
Ka­pi­ta­list! Ha­ben Sie von der Man­del­tor­te ge­kos­tet, Lis­sy? Nein? Das müs­sen Sie
aber. Sie wer­den zu dünn!« Er kniff Lis­sy in den Hin­tern. Sie schi­en das zu
ken­nen und rea­gier­te nicht ein­mal. Es war auch kein pas­sio­nier­tes Knei­fen, eher
die vä­ter­li­che Kon­trol­le des Ar­beit­ge­bers, der sich ver­ge­wis­sern woll­te, ob
noch al­les da sei. »Mein lie­ber Ross«, sag­te Vries­län­der, und er war auch zu
mir vä­ter­lich. »Wenn Sie et­was Geld ma­chen, kommt bald die große Chan­ce, es
an­zu­le­gen. Wenn der Krieg vor­bei ist, wer­den deut­sche Ak­ti­en fast auf Null
sin­ken, und die Mark wird nichts mehr wert sein. Das ist die letz­te
Ge­le­gen­heit, groß ein­zu­stei­gen und zu kau­fen. Die­ses Volk wird nicht am Bo­den
blei­ben. Es wird sich auf­rap­peln und ar­bei­ten. Und es wird wie­der hoch­kom­men.
Wis­sen Sie, wer ihm hel­fen wird? Wir, die Ame­ri­ka­ner. Ganz ein­fa­che Rech­nung.
Wir brau­chen Deutsch­land ge­gen Ruß­land. Un­ser Bünd­nis mit Ruß­land ist so, als
ob zwei Schwu­le ein Kind zeu­gen woll­ten. Wi­der­na­tür­lich. Ich ha­be das von ho­her
Stel­le in der Re­gie­rung. Wenn die Na­zis fer­tig sind, wer­den wir Deutsch­land
stüt­zen.« Er schlug mir auf die Schul­ter. »Er­zäh­len Sie es nicht wei­ter! Es ist
ein Mil­lio­nen­tip, Ross. Ich ge­be ihn an Sie wei­ter, weil Sie ei­ner der we­ni­gen
Men­schen sind, die mir zu­rück­ge­zahlt ha­ben. Ich ha­be nie einen ge­drängt. Aber
wis­sen Sie, da­mit, daß man ein Emi­grant ist, wird man noch nicht au­to­ma­tisch zu
ei­nem En­gel, wie?«
    »Dan­ke für den Tip, aber ich ha­be kein Geld
da­für.«
    Vries­län­der sah mich wohl­wol­lend an. »Sie
ha­ben noch Zeit, wel­ches zu ma­chen. Ich hö­re, daß Sie ein gu­ter Ver­käu­fer
ge­wor­den sind. Wenn Sie sich ein­mal selb­stän­dig ma­chen wol­len, kön­nen wir
dar­über re­den. Ich fi­nan­zie­re, Sie ver­kau­fen, und wir tei­len fünf­zig zu
fünf­zig.«
    »Das ist nicht ganz so ein­fach. Ich müß­te
die Bil­der ja von Händ­lern kau­fen. Die wür­den von mir die Prei­se ver­lan­gen, zu
de­nen sie selbst ver­kau­fen.«
    Vries­län­der lach­te. »Sie sind noch ein
Green­horn, Ross. Ver­su­chen Sie es mal, es gibt schon Pro­zen­te. Sonst wür­de der
Markt der Welt zu­sam­men­bre­chen. Ei­ner kauft vom an­de­ren und ei­ner ver­dient am
an­dern. Mel­den Sie sich, wenn Sie so­weit sind.«
    Er stand auf und ich ging auch. Einen
Au­gen­blick fürch­te­te ich, er wür­de, ab­we­send und vä­ter­lich, mich auch in den
Hin­tern knei­fen, aber er klopf­te mir nur auf die Schul­ter und ging wei­ter.
    Frau Vries­län­der kam auf mich zu,
freund­lich lä­chelnd und ganz in Gold. »Die Kö­chin läßt fra­gen, ob Sie lie­ber
Sze­ge­di­ner oder nor­ma­les Gu­lasch mit­neh­men

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