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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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klei­nen Dackel, den der
Gast mit­ge­bracht hat­te. ›Was ist denn das für ein Hund?‹ frag­te er höf­lich.
›Das‹, er­wi­der­te der Gast, ›war frü­her in Ber­lin ein großer Bern­har­di­ner.‹«
    Kahn lä­chel­te me­lan­cho­lisch. »Aber Wie­ler
hat wirk­lich ei­ne klei­ne Rol­le ge­kriegt. Er spielt in ei­nem B-Film einen Na­zi.
Einen SS-Mann.«
    »Was? Er ist doch Ju­de.«
    »Was hat das da­mit zu tun? Die We­ge
Hol­ly­woods kennt nur Gott. Und für Hol­ly­wood se­hen die SS-Leu­te an­schei­nend
jü­disch aus. Dies ist der vier­te Fall, daß die Rol­le ei­nes SS-Man­nes mit ei­nem
Ju­den be­setzt wird.«
    Kahn lach­te. »Ei­ne Art poe­ti­scher
Ge­rech­tig­keit. Die Ge­sta­po schützt be­gab­te Ju­den in­di­rekt vor dem Ver­hun­gern!«
    Bet­ty gab be­kannt, daß Dok­tor Grä­fen­heim
für die­sen Abend in New York sei. Ei­ni­ge kann­ten ihn, er war ein be­rühm­ter
Ber­li­ner Frau­en­arzt ge­we­sen. Ei­ne Er­fin­dung zur Emp­fäng­nis­ver­hü­tung war nach
ihm be­nannt wor­den. Er kam kurz dar­auf. Kahn kann­te ihn. Er war ein
be­schei­de­ner Mann, schmal, mit ei­nem dunklen Bärt­chen.
    »Wo ar­bei­ten Sie?« frag­te Kahn den
Me­di­zi­ner. »Wo ist Ih­re Pra­xis?«
    »Pra­xis?«
    »Pra­xis«, er­wi­der­te Grä­fen­heim, »ich ha­be
mei­ne Prü­fung noch nicht ge­macht. Es ist schwer. Könn­ten Sie oh­ne wei­te­res das
Ab­itur wie­der­ho­len?«
    »Müs­sen Sie das denn?«
    »Ja. Al­les noch ein­mal. Und in Eng­lisch.«
    »Aber Sie wa­ren doch ein be­kann­ter Arzt.
Man soll­te Sie doch hier ken­nen! Und wenn es schon sein muß, so soll­te das
Ex­amen nur ei­ne Form­sa­che sein.«
    Grä­fen­heim hob die Schul­tern. »Das ist es
aber nicht. Im Ge­gen­teil, es wird uns schwe­rer ge­macht als den Ame­ri­ka­nern. Sie
wis­sen, wie das ist. Ärz­te sind nur dem Be­ruf nach Men­schen­freun­de. Sonst aber
sind sie in Ver­ei­nen und Klubs zu­sam­men­ge­faßt und weh­ren sich ih­rer Haut. Sie
wol­len kei­ne Au­ßen­sei­ter ein­drin­gen las­sen. Des­halb müs­sen wir die Ex­ami­na
nach­ma­chen. Das ist nicht leicht in ei­ner frem­den Spra­che. Ich bin über
sech­zig.«
    Grä­fen­heim lä­chel­te ent­schul­di­gend. »Ich
hät­te Spra­chen ler­nen sol­len. Aber es geht uns al­len ähn­lich. Ich muß auch noch
mein As­sis­ten­ten­jahr nach­ma­chen. Im­mer­hin, da­bei be­kom­me ich we­nigs­tens schon
die Kost im Hos­pi­tal und kann auch dort woh­nen.«
    »Sa­gen Sie nur die Wahr­heit!« un­ter­brach
Bet­ty ihn re­so­lut, »Kahn und Ross ver­ste­hen das. Man hat ihn näm­lich be­stoh­len.
Ein Emi­gran­ten­lump hat ihn be­stoh­len.«
    »Na, Bet­ty ...«
    »Doch, ge­mein be­stoh­len. Grä­fen­heim hat­te
ei­ne wert­vol­le Brief­mar­ken­samm­lung. Einen Teil da­von hat er ei­nem Freund
mit­ge­ge­ben, als der vor Jah­ren Deutsch­land ver­ließ. Er soll­te sie für ihn
auf­be­wah­ren. Aber als er an­kam, war der Freund kein Freund mehr. Er be­haup­te­te,
nie et­was von Grä­fen­heim be­kom­men zu ha­ben.«
    »Die al­te Sa­che«, sag­te Kahn. »Ge­wöhn­lich
wird al­ler­dings be­haup­tet, die Sa­chen sei­en ei­nem an der Gren­ze ab­ge­nom­men
wor­den.«
    »Die­ser war schlau­er. Er hät­te da­mit ja
zu­ge­ge­ben, daß er sie emp­fan­gen hat­te, und Grä­fen­heim hät­te ein ge­wis­ses
schwa­ches Recht auf Wie­der­er­stat­tung ge­habt.«
    »Nein, Bet­ty«, sag­te Kahn, »das hät­te er
nicht. Sie hat­ten doch kei­ne Quit­tung, wie?« frag­te er Grä­fen­heim.
    »Na­tür­lich nicht. Das war doch
aus­ge­schlos­sen. So et­was muß­te doch ver­trau­lich ge­macht wer­den.«
    »Dem Schwei­ne­hund geht es da­für jetzt
glän­zend«, fauch­te Bet­ty. – »Und Grä­fen­heim muß­te hun­gern.«
    »Hun­gern ge­ra­de nicht. Aber ich hat­te da­mit
ge­rech­net, mein zwei­tes Stu­di­um da­mit be­zah­len zu kön­nen.«
    »Sa­gen Sie mir, um wie­viel er Sie ge­bracht
hat«, for­der­te Bet­ty un­barm­her­zig.
    »Nun ja«, lä­chel­te Grä­fen­heim ver­le­gen, »es
wa­ren mei­ne sel­tens­ten Mar­ken. Sechs-, sie­ben­tau­send Dol­lar wür­de je­der Händ­ler
da­für zah­len.«
    Bet­ty, ob­schon sie die Ge­schich­te kann­te,
riß er­neut die Kir­schen­au­gen auf. »Ein

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