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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Ober­sturm­füh­rer wisch­te das fort.
    »Das Aas will nicht«, er­klär­te er. »Ich
ha­be mal so ganz von wei­tem an­ge­tippt! Der Schwei­ne­hund hat mir ei­ne
na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Re­de ge­hal­ten von Erb­mas­se, Erb­gut und die­sem Quatsch.
Da se­hen Sie, was Dank­bar­keit ist! Da­bei ha­be ich dem Kerl zu sei­ner Pra­xis
ver­hol­fen!« Grä­fen­heim ent­deck­te kei­ne Spur von Iro­nie in den Au­gen des
wohl­ge­nähr­ten Ober­sturm­füh­rers. »Bei Ih­nen ist das an­ders«, er­klär­te der Mann.
»Bei Ih­nen bleibt al­les un­ter uns. Mein Schwa­ger, das Lu­der, wür­de un­ter
Um­stän­den auch nicht die Schnau­ze hal­ten. Oder mich ein Le­ben lang er­pres­sen.«
    »Sie könn­ten ihn ja eben­so er­pres­sen, we­gen
ver­bo­te­nen Ein­griffs«, wag­te Grä­fen­heim zu ant­wor­ten. »Ich bin ein ein­fa­cher
Sol­dat«, er­wi­der­te der Ober­sturm­füh­rer. »Ich ken­ne mich in so was nicht aus.
Bei Ih­nen nun, Dok­tor­chen, ist das al­les viel ein­fa­cher. Wir ver­ste­hen uns. Sie
dür­fen nicht ar­bei­ten, und ich darf nicht ab­trei­ben las­sen; al­so kein Ri­si­ko
für bei­de. Das Mä­del kommt nachts her; mor­gens geht es nach Hau­se. In Ord­nung?«
    »Nein!« sag­te Frau Grä­fen­heim von der Tür
her. Sie hat­te voll Angst ge­lauscht und dann al­les ge­hört. Wie ein zer­stör­ter
Geist stand sie in der Tür und hielt sich fest. Grä­fen­heim sprang auf. »Laß
mich!« sag­te die Frau. »Ich ha­be al­les ge­hört. Du wirst nichts tun! Nichts, ehe
du nicht ei­ne Aus­rei­se­er­laub­nis be­kommst. Das ist der Preis. Be­sor­gen Sie sie«,
wand­te sie sich an den Ober­sturm­füh­rer. Der ver­such­te ihr zu er­klä­ren, das sei
nicht sein Ge­biet. Sie blieb un­er­bitt­lich. Er ver­such­te weg­zu­ge­hen. Sie droh­te
ihm mit Er­pres­sung; sie wür­den ihn bloß­stel­len bei sei­nen Vor­ge­set­zen. Wer
wür­de ihr glau­ben? Aus­sa­ge stün­de ge­gen Aus­sa­ge. Die sei­ne ge­gen die ih­re. Er
ver­such­te es mit Ver­spre­chun­gen; sie ließ sich nicht dar­auf ein. Erst die
Er­laub­nis, dann die Ab­trei­bung.
    Das fast Un­mög­li­che ge­lang. In dem Cha­os
der Bü­ro­kra­tie des Schre­ckens gab es ab und zu sol­che Oa­sen. Das Mäd­chen kam,
kam un­ge­fähr zwei Wo­chen spä­ter, nachts. Als al­les vor­über war, er­klär­te der
Ober­sturm­füh­rer Grä­fen­heim, daß er noch einen drit­ten Grund ge­habt hät­te, ihn
zu neh­men; er hät­te zu ei­nem jü­di­schen Arzt mehr Ver­trau­en als zu sei­nem Kaf­fer
von Schwa­ger. Grä­fen­heim er­war­te­te bis zum Schluß ei­ne Fal­le. Der
Ober­sturm­füh­rer gab ihm zwei­hun­dert Mark Ho­no­rar. Grä­fen­heim wies sie zu­rück.
Der Ober­sturm­füh­rer stopf­te sie ihm in die Ta­sche. »Dok­tor­chen, wir wer­den das
schon noch brau­chen kön­nen!« Er lieb­te das Mäd­chen wirk­lich. Grä­fen­heim war so
miß­trau­isch, daß er sich nicht von sei­ner Frau ver­ab­schie­de­te. Er glaub­te, so
das Schick­sal zu be­ste­chen. Hät­te er sich ver­ab­schie­det, glaub­te er, hät­te man
ihn zu­rück­ge­bracht. Er kam durch. Nun saß er in Phil­adel­phia und be­reu­te, sei­ne
Frau nicht ge­küßt zu ha­ben. Er konn­te nicht dar­über hin­weg­kom­men. Von sei­ner
Frau hat­te er nie wie­der et­was ge­hört. Es wä­re auch schwer mög­lich ge­we­sen,
bald dar­auf war der Krieg aus­ge­bro­chen.
    ***
    Vor dem Ho­tel Reu­ben
stand ein Rolls-Roy­ce mit Chauf­feur. Er nahm sich da aus wie ein Gold­bar­ren in
ei­nem Aschen­hau­fen. »Das ist der rich­ti­ge Be­glei­ter für Sie«, sag­te Me­li­kow aus
dem In­nern der Plüsch­bu­de. »Ich ha­be lei­der kei­ne Zeit.«
    Ich sah Na­ta­scha Pe­trow­na in der Ecke.
»Ge­hört Ih­nen viel­leicht der im­po­san­te Rolls-Roy­ce drau­ßen?« frag­te ich.
    »Ge­lie­hen!« er­wi­der­te sie. »Ge­lie­hen, wie
die Klei­der, in de­nen ich pho­to­gra­phiert wer­de, und wie der Schmuck. Nichts ist
echt an mir.«
    »Die Stim­me ist echt. Und der Rolls-Roy­ce
auch.«
    »Gut. Aber nichts ge­hört mir. Ich bin dann
ei­ne Be­trü­ge­rin mit ech­ten Din­gen. Paßt das bes­ser?«
    »Es ist viel ge­fähr­li­cher«, sag­te ich.
    »Sie sucht einen Be­glei­ter«, er­klär­te
Me­li­kow. »Sie hat den

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