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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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bes­se­res Wis­sen.
Das spricht sich aber rasch her­um. An­de­re ir­ren sich ein­fach. Warum? Da kom­men
wir zum Un­ter­schied zwi­schen dem Mu­se­ums­di­rek­tor und dem Händ­ler. Der
Mu­se­ums­di­rek­tor kauft ab und zu – aber für das Geld des Mu­se­ums. Der
Händ­ler kauft oft – aber für sein ei­ge­nes Geld. Glau­ben Sie nicht, daß das
einen Un­ter­schied macht? Wenn dem Händ­ler ein Fehl­ur­teil un­ter­läuft, ver­liert
er sein Geld. Der Mu­se­ums­di­rek­tor aber ver­liert kei­nen Pfen­nig sei­nes Ge­halts.
Sein In­ter­es­se am Bild ist aka­de­misch, das des Händ­lers ist fi­nan­zi­ell. Der
Händ­ler schaut schär­fer hin, er ris­kiert mehr.«
    Ich be­trach­te­te den sehr gut an­ge­zo­ge­nen
Mann. Sei­ne An­zü­ge und Schu­he stamm­ten aus Lon­don, sei­ne Hem­den hat­ten Pa­ri­ser
Schick. Er war ge­pflegt und duf­te­te nach fran­zö­si­schem Eau de Co­lo­gne. Ich sah ihn
wie durch ei­ne Glas­schei­be; ich hör­te ihn, aber als wä­re er in ei­nem an­dern
Haus. Es war ei­ne ge­dämpf­te Welt, in der er zu le­ben schi­en, ei­ne Welt der
Hals­ab­schnei­der und Räu­ber, des­sen war ich si­cher – aber ei­ne Welt
ele­gan­ter und leicht ge­fähr­li­cher Räu­ber und Hals­ab­schnei­der. Al­les, was er
ge­sagt hat­te, stimm­te – und trotz­dem stimm­te nichts. Es war al­les auf ei­ne
fast un­wirk­li­che Wei­se ver­scho­ben. Sil­vers wirk­te ge­las­sen und sehr über­le­gen,
aber ich hat­te das Ge­fühl, daß er sich je­den Au­gen­blick ver­wan­deln kön­ne in
einen rück­sichts­lo­sen Ge­schäf­te­ma­cher, der über Lei­chen ge­hen wür­de. Sei­ne Welt
schweb­te in der Luft. Sie war ge­bil­det aus den Sei­fen­bla­sen wohl­lau­ten­der
Phra­sen, ei­ner in­ti­men Kennt­nis künst­le­ri­scher Din­ge, von de­nen er doch nur die
Prei­se wirk­lich ver­ste­hen konn­te – denn wer Din­ge wirk­lich liebt, ver­kauft
sie doch nicht, mein­te ich.
    Sil­vers sah auf sei­ne Uhr. »Ma­chen wir
Schluß für heu­te. Ich muß in mei­nen Klub.«
    Ich wun­der­te mich nicht, daß er in einen
Klub muß­te. Es ge­hör­te zu der un­rea­len Glas­hau­sexis­tenz, die er für mich zu
füh­ren schi­en. »Wir wer­den mit­ein­an­der aus­kom­men«, sag­te er und zog die
Bü­gel­fal­ten sei­ner Ho­se glatt. Ich blick­te auf sei­ne Schu­he. Al­les, was er
trug, war um ei­ne Nu­an­ce zu ge­pflegt. Die Schu­he wa­ren um ei­ne Spur zu spitz;
auch um ei­ne Spur zu hell. Das Mus­ter des An­zugs war um ein we­ni­ges zu leb­haft
und die Kra­wat­te um ein ge­rin­ges zu bunt und zu gut. Er be­trach­te­te mei­nen
An­zug. »Ist der nicht et­was dick für den Som­mer in New York?«
    »Ich kann die Ja­cke aus­zie­hen, wenn es zu
heiß ist.«
    »Nicht hier. Kau­fen Sie sich einen
Tro­pi­cal. Die ame­ri­ka­ni­sche Kon­fek­ti­on ist sehr gut. Selbst Mil­lio­näre tra­gen
hier sel­ten Maß­an­zü­ge. Kau­fen Sie bei den Brook's Bro­t­hers. Wenn Sie bil­li­ger
kau­fen wol­len, bei Brow­ning und King. Für sech­zig Dol­lar be­kom­men Sie da schon
et­was Ver­nünf­ti­ges.«
    Er zog einen Pa­cken Schei­ne aus der
Rock­ta­sche. Ich hat­te schon frü­her be­merkt, daß er kei­ne Brief­ta­sche hat­te.
»Hier«, sag­te er und blät­ter­te einen Hun­dert­dol­lar­schein ab. »Be­trach­ten Sie es
als einen Vor­schuß.«
    ***
    Ich fühl­te die
Hun­dert­dol­lar­no­te wie einen hei­ßen Stein in mei­ner Ta­sche. Es war noch Zeit, zu
Brow­ning und King zu ge­hen. Ich wan­der­te durch die Fifth Ave­nue und pries
Sil­vers in stum­mem Ge­bet. Ich hät­te das Geld be­hal­ten und wei­ter mei­nen
frü­he­ren An­zug ge­tra­gen, das war aber nicht mög­lich. Sil­vers wür­de in ei­ni­gen
Ta­gen Fra­gen stel­len. Im­mer­hin, nach all den Vor­trä­gen über Bil­der als die
bes­te Ka­pi­tal­an­la­ge hat­te ich selbst, oh­ne einen Ma­net zu kau­fen, mein Ver­mö­gen
heu­te ver­dop­pelt.
    Ich bog nach ei­ni­ger Zeit in die 54. Stra­ße
ein. Ein Stück wei­ter war ein klei­ner Blu­men­la­den, der sehr bil­li­ge Or­chi­de­en
ver­kauf­te; sie wa­ren viel­leicht nicht mehr ganz frisch, doch das sah man nicht.
Ich hat­te mir am Ta­ge vor­her von Me­li­kow die Adres­se des Ge­schäf­tes ge­ben
las­sen, in dem Na­ta­scha

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