Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
Vom Netzwerk:
Rolls-Roy­ce nur für heu­te abend. Mor­gen muß sie ihn
wie­der ab­lie­fern. Möch­test du nicht einen Abend als Hoch­stap­ler durch die Welt
glei­ten?«
    Ich lach­te. »Das tue ich seit vie­len
Jah­ren. Aber nicht im Au­to. Das wä­re et­was Neu­es.«
    »Wir ha­ben auch einen Chauf­feur«, sag­te
Na­ta­scha Pe­trow­na.
    »So­gar in Uni­form. Einen eng­li­schen.«
    »Muß ich mich um­zie­hen?«
    »Selbst­ver­ständ­lich nicht. Schau­en Sie mich
doch an!«
    Es wä­re mir auch schwer ge­fal­len, mich um­zu­zie­hen.
Ich hat­te zwei An­zü­ge, und den bes­se­ren hat­te ich be­reits an.
    »Fah­ren Sie mit?« frag­te Na­ta­scha Pe­trow­na.
    »Ger­ne!« Mir konn­te nichts Bes­se­res
pas­sie­ren, um von dem Ge­dan­ken an Grä­fen­heim los­zu­kom­men. »Heu­te scheint ein
glück­li­cher Tag für mich zu sein«, sag­te ich. »Ich ha­be mir selbst drei Ta­ge
Ur­laub ge­ge­ben, aber ich ha­be nicht an sol­che Über­ra­schun­gen ge­glaubt.«
    »Kön­nen Sie sich selbst Ur­laub ge­ben? Ich
kann das nicht.«
    »Ich auch nicht, aber ich wechs­le mei­ne
Stel­lung. In drei Ta­gen wer­de ich Schlep­per, Bil­der­ein­rah­mer und Haus­bur­sche
bei ei­nem Bil­der­händ­ler.«
    »Ver­käu­fer auch?«
    »Gott be­wah­re. Das tut Herr Sil­vers
selbst.«
    Na­ta­scha Pe­trow­na stu­dier­te mich einen
Au­gen­blick. »Warum soll­ten Sie nicht ver­kau­fen kön­nen?«
    »Da­zu ver­ste­he ich zu we­nig.«
    »Man muß nichts ver­ste­hen von dem, was man
ver­kauft. Man ver­kauft dann so­gar bes­ser. Es gibt ei­nem mehr Frei­heit, wenn man
die Nach­tei­le nicht kennt.«
    Ich lach­te. »Wo­her wis­sen Sie das al­les?«
    »Ich muß manch­mal auch ver­kau­fen. Klei­der
und Hü­te.« Sie stu­dier­te mich wie­der. »Aber ich be­kom­me dann ei­ne Pro­vi­si­on.
Das soll­ten sie auch!«
    »Vor­läu­fig weiß ich über­haupt nicht, ob ich
nicht nur das Haus aus­fe­gen muß und Kaf­fee für die Kun­den brin­gen. Oder
Cock­tails.«
    Wir fuh­ren lang­sam durch die Stra­ßen, vor
uns den brei­ten Rücken ei­nes in Cord ge­klei­de­ten Chauf­feurs mit ei­ner
bei­ge­far­be­nen Müt­ze. Na­ta­scha drück­te einen Knopf, und aus der Ma­ha­go­ni­wand vor
uns hob sich lang­sam ein ver­senk­ba­rer Tisch. »Cock­tails«, sag­te sie und griff
in ein Ab­teil, das un­ter dem Tisch frei ge­wor­den war und ei­ni­ge Glä­ser und
Fla­schen ent­hielt. »Eis­ge­kühlt«, er­klär­te sie. »Das Neues­te. Ein klei­ner
ein­ge­bau­ter Eis­schrank. Was möch­ten Sie ha­ben? Wod­ka, Whis­ky oder
Mi­ne­ral­was­ser? Wod­ka, nicht wahr?«
    »Selbst­ver­ständ­lich.«
    Ich blick­te auf die Fla­sche. »Aber das ist
ja ech­ter rus­si­scher. Wie kommt denn der hier­her?«
    »Der Nek­tar der Göt­ter! Der Über-Nek­tar
so­gar. Ei­ne der we­ni­gen er­freu­li­chen Fol­gen des Krie­ges. Der Mann, dem die­ser
Wa­gen ge­hört, hat et­was mit Au­ßen­po­li­tik zu tun. Er muß öf­ter nach Ruß­land und
Wa­shing­ton.« Sie lach­te. »Fra­gen wir nicht wei­ter, son­dern ge­nie­ßen wir. Man
hat es mir er­laubt.«
    »Aber nicht mir.«
    »Der Mann, dem die­ser Wa­gen ge­hört, weiß
auch, daß ich dar­in nicht al­lein um­her­fah­re.«
    Der Wod­ka war her­vor­ra­gend. Was ich bis­her
ge­trun­ken hat­te, war da­ge­gen al­les zu scharf und schmeck­te zu sehr nach Sprit.
»Noch einen?« frag­te sie.
    »Warum nicht? Es scheint plötz­lich mein
Schick­sal zu sein, als Kriegs­nutz­nie­ßer zu le­ben. Ich bin in Ame­ri­ka
her­ein­ge­las­sen wor­den, weil Krieg ist; ich ha­be Ar­beit ge­fun­den, weil Krieg
ist; und nun trin­ke ich rus­si­schen Wod­ka, wie­der­um weil Krieg ist. Ich bin ein
Pa­ra­sit wi­der Wil­len.«
    Na­ta­scha Pe­trow­na blin­zel­te mich an. »Warum
sind Sie es nicht mit Wil­len? Es ist viel an­ge­neh­mer.«
    Wir fuh­ren die Fifth Ave­nue hin­auf, am
Cen­tral Park ent­lang.
    »Hier be­ginnt Ihr Ge­biet«, sag­te Na­ta­scha
Pe­trow­na.
    Wir bo­gen nach ei­ni­ger Zeit in die 86.
Stra­ße ein. Sie war breit und ame­ri­ka­nisch und er­in­ner­te doch so­fort an ei­ne
Stra­ße in ei­ner deut­schen Klein­stadt. Kon­di­to­rei­en. Bier­knei­pen, Wurst­lä­den
säum­ten den Weg. »Spricht man hier noch Deutsch?« frag­te ich.
    »So­viel Sie wol­len. Die

Weitere Kostenlose Bücher