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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Lowy.
    »Sie sind ein net­ter Mensch«, er­wi­der­te ich
auf­rich­tig. »Wie ein Va­ter!«
    »Was?«
    »Ich mei­ne es so. In ei­nem ko­mi­schen, va­gen
Über­sin­ne.«
    »Was?« frag­te Lowy. »Es geht Ih­nen al­so
gut. Sie re­den Schmon­zes. Schmon­zes Ba­lon­zes! Ge­fällt Ih­nen das Le­ben bei dem
Pa­ra­si­ten so sehr?« Er wisch­te den Staub von den Hän­den ab. »So was brau­chen
Sie da nicht zu tun, was?« Er warf das schmut­zi­ge Hand­tuch hin­ter einen Vor­hang
auf einen Hau­fen ein­ge­rahm­ter ja­pa­ni­scher Holz­schnit­te. »Bes­ser als hier ist es
da, was?«
    »Nein«, sag­te ich.
    »Über­schmon­zes!«
    »An­ders, Herr Lowy. Was macht das al­les
aus, wenn die Bil­der herr­lich sind! Das sind kei­ne Pa­ra­si­ten!«
    »Das sind Op­fer«, er­wi­der­te Lowy se­ni­or
plötz­lich ru­hig. »Stel­len Sie sich vor, wie de­nen zu­mu­te sein müß­te, wenn sie
ein Be­wußt­sein hät­ten! Wo die über­all wie Skla­ven hin ver­kauft wer­den. An
Waf­fen­händ­ler, Ge­wehr­fa­bri­kan­ten, Bom­ben­kauf­leu­te! Für ihr Blut­geld kau­fen sich
die Ker­le Bil­der voll himm­li­schen Frie­dens.« Ich sah Lowy an. »Al­so gut«, sag­te
er. »Die­ser Krieg ist an­ders, aber ist er an­ders für die­se Schma­rot­zer? Die
wol­len ver­die­nen, für oder ge­gen, da kön­nen Sie sa­gen, was Sie wol­len. Die wür­den
auch dem Teu­fel ...« Er stock­te. »Da kommt Ju­li­us«, flüs­ter­te er. »Ge­rech­ter
Gott, im Smo­king! Al­les ist ver­lo­ren.«
    Lowy ju­ni­or war nicht im Smo­king. Er
tauch­te auf im letz­ten schmut­zig-ho­nig­far­be­nen Son­nen­licht der Stra­ße, um­wallt
von Ben­zin­rauch und Aus­puff­ga­sen, im klei­nen Be­suchs­an­zug – dunkles
Ma­ren­go­jackett, ge­streif­te Ho­se, stei­fer Hut und zu mei­nem Er­stau­nen hell­graue,
alt­vä­ter­li­che Ga­ma­schen. Ich be­trach­te­te die Ga­ma­schen mit Rüh­rung, ich hat­te
so was seit der Zeit vor Hit­ler nicht mehr ge­se­hen.
    »Ju­li­us!« schrie Lowy se­ni­or. »Komm her­ein;
geh nicht. Ein letz­tes Wort: Denk an dei­ne from­me Mut­ter!«
    Ju­li­us schritt lang­sam über die Schwel­le.
»An die Mut­ter ha­be ich ge­dacht«, er­klär­te er. »Und du kannst mich nicht ir­re
ma­chen, du jü­di­scher Fa­schist!«
    »Ju­li­us, re­de nicht so! Ha­be ich nicht
im­mer dein Bes­tes ge­wollt? Auf dich auf­ge­paßt, wie ein äl­te­rer Bru­der es nur
kann, dich ge­pflegt, wenn du krank warst, du ...«
    »Wir sind doch Zwil­lin­ge«, er­klär­te Ju­li­us,
»mein Bru­der ist, wie ich Ih­nen ge­sagt ha­be, drei Stun­den äl­ter als ich.«
    »Drei Stun­den kön­nen mehr als ein Le­ben
sein. Im­mer warst du träu­me­risch, welt­ab­ge­wandt, im­mer muß­te ich auf dich
auf­pas­sen, Ju­li­us, du weißt es, im­mer hat­te ich dein Bes­tes im Au­ge, und nun
plötz­lich be­han­delst du mich wie dei­nen Erz­feind.«
    »Weil ich hei­ra­ten will.«
    »Weil du die Schick­se hei­ra­ten willst.
Schau­en Sie sich an, wie er da­steht, Herr Ross, zum Er­bar­men, als wä­re er ein
Goi und möch­te auf die Renn­bahn gehn. Ju­li­us, Ju­li­us, komm zu dir! War­te noch!
Einen An­trag will er ma­chen wie ein Kom­mer­zi­en­rat! Man hat dir einen
Lie­bes­trank ein­ge­ge­ben, denk an Tris­tan und Isol­de und das Un­glück, das dar­aus
ent­stan­den ist. Schon nennst du dei­nen leib­li­chen Bru­der einen Fa­schis­ten, weil
er dich da­vor be­wah­ren will, falsch zu hei­ra­ten. Nimm ei­ne or­dent­li­che jü­di­sche
Frau, Ju­li­us.«
    »Ich will kei­ne or­dent­li­che jü­di­sche Frau.
Ich will ei­ne Frau hei­ra­ten, die ich lie­be!«
    »Lie­be, Schmie­be, was für ein Wort! Schau
dir an, wie du schon jetzt aus­siehst. Einen An­trag will er ihr ma­chen. Schau­en
Sie ihn an, Herr Ross!«
    »Ich kann da­zu nichts sa­gen«, er­wi­der­te
ich. »Ich tra­ge auch einen neu­en An­zug. Einen für Hoch­stap­ler, Herr Lowy,
er­in­nern Sie sich?«
    »Das war Spaß!«
    Das Ge­spräch wur­de sehr bald ru­hi­ger.
Ju­li­us nahm den jü­di­schen Fa­schis­ten zu­rück und tausch­te ihn um ge­gen einen
Zio­nis­ten und bald dar­auf so­gar ge­gen einen Fa­mi­li­en­fa­na­ti­ker. Lowy se­ni­or
mach­te in der Hit­ze der Dis­kus­si­on einen tak­ti­schen Feh­ler. Er sag­te, daß

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