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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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im
La­den. »Einen Au­gen­blick«, sag­te ich zu Na­ta­scha Pe­trow­na, »hier ist die Lö­sung
des Pro­blems, das wir mit un­se­rem Abendes­sen ha­ben.«
    Ich öff­ne­te die Tür. »Sie kom­men wie
ge­ru­fen!« sag­te Kahn und sah an mir vor­bei auf Na­ta­scha Pe­trow­na. »Wol­len Sie
die Da­me nicht her­ein­brin­gen?«
    »Nichts liegt mir fer­ner«, er­wi­der­te ich.
»Ich woll­te mir nur Ih­ren elek­tri­schen Ko­cher lei­hen.«
    »Jetzt?«
    »Jetzt.«
    »Das geht nicht. Ich brau­che ihn selbst.
Heu­te abend ist die letz­te Aus­schei­dung der Box­meis­ter­schaf­ten im Ra­dio. Ich
er­war­te Car­men zum Es­sen. Sie muß je­den Au­gen­blick kom­men. Sie hat be­reits ei­ne
drei­vier­tel Stun­de Ver­spä­tung. Zum Glück macht das nichts bei auf­ge­wärm­tem
Gu­lasch.«
    »Car­men«, sag­te ich und blick­te auf
Na­ta­scha, die plötz­lich so fremd und be­geh­rens­wert auf der an­de­ren Sei­te des
Schau­fens­ters stand, als wä­re sie hun­dert Ki­lo­me­ter weit ent­fernt. »Car­men«,
wie­der­hol­te ich.
    »Ja. Warum blei­ben Sie nicht hier? Wir
kön­nen zu­sam­men es­sen und dann den Box­kampf an­hö­ren.«
    »Groß­ar­tig«, sag­te ich. »Zu es­sen ist ja
ge­nug da.«
    »Es ist so­gar fer­tig.«
    »Aber wo es­sen wir? Ihr Zim­mer ist doch für
vier Per­so­nen viel zu klein!«
    »Im La­den.«
    »Im La­den?«
    Ich ging zu der im­mer noch so weit
ent­fern­ten, durch den Licht­re­flex im Schau­fens­ter grau und sil­bern schim­mern­den
Na­ta­scha Pe­trow­na hin­aus. Als ich ne­ben ihr stand, hat­te ich das merk­wür­di­ge
Ge­fühl, daß sie mir nä­her war als vor­her. Ei­ne Il­lu­si­on von Licht, Schat­ten und
Spie­ge­lung, dach­te ich idio­tisch.
    »Wir sind zum Abendes­sen ein­ge­la­den«, sag­te
ich. »Und zum Box­kampf.«
    »Und mein Gu­lasch?«
    »Und zum Gu­lasch«, sag­te ich.
    »Wie?«
    »Das wer­den Sie se­hen.«
    »Ha­ben Sie über­all in der Stadt Schüs­seln
mit Gu­lasch ver­steckt?« frag­te sie über­rascht.
    »Nur an stra­te­gi­schen Punk­ten.«
    Ich sah Car­men kom­men. Sie trug einen
hel­len Re­gen­man­tel oh­ne Hut. Kahn kam aus dem La­den. Ich sah, wie Na­ta­scha
Car­men blitz­schnell mus­ter­te. Car­men tat nichts der­glei­chen. Sie war auch nicht
über­rascht. Der röt­li­che Schein des Abends färb­te ihr schwar­zes Haar wie ei­ne
Hen­nahwol­ke. »Ich bin et­was spät«, er­klär­te sie ge­las­sen. »Das macht doch
nichts, wie? Bei Gu­lasch. Ha­ben Sie von dem Kir­schen­stru­del auch et­was
mit­ge­bracht?«
    »Kir­schen­stru­del, Top­fen­stru­del und
Ap­fel­stru­del«, sag­te Kahn.
    »Heu­te Vor­mit­tag kam ein Pa­ket aus der
un­er­schöpf­li­chen Vries­län­der­schen Kü­che.«
    »So­gar Wod­ka«, er­wi­der­te Na­ta­scha Pe­trow­na.
»Welch ein Tag der Über­ra­schun­gen.«
    Das Gu­lasch war tat­säch­lich noch bes­ser als
am Ta­ge vor­her. Es war schon des­halb bes­ser, weil wir es um­rauscht von
Or­gel­klang aßen. Kahn hat­te sei­nen Ra­dio­ap­pa­rat an­ge­stellt, er woll­te den
Box­kampf auf kei­nen Fall ver­säu­men, des­halb hör­ten wir schon das Vor­pro­gramm.
Son­der­bar ge­nug, ging Jo­hann Se­bas­ti­an Bach nicht schlecht mit dem Sze­ge­di­ner
Gu­lasch, ob­schon ich ge­glaubt hat­te, Franz Liszt hät­te bes­ser da­zu ge­paßt.
Nor­ma­les Gu­lasch mit Bach wä­re al­ler­dings un­mög­lich ge­we­sen. Wir aßen die
Dill­gur­ken mit den Fin­gern und das Gu­lasch mit Löf­feln. Drau­ßen ver­sam­mel­ten
sich ei­ni­ge Passan­ten vor dem Fens­ter, sie woll­ten die Über­tra­gung des
Box­kamp­fes hö­ren und schau­ten uns da­bei gleich­zei­tig zu. Sie wa­ren
Aqua­ri­ums­fi­sche für uns und wir wahr­schein­lich auch für sie.
    Plötz­lich klopf­te es ener­gisch an die Tür.
Kahn und ich glaub­ten schon, es wä­re die Po­li­zei – aber es war nur der
Kell­ner von ge­gen­über. Er brach­te vier dop­pel­te Drinks. »Wer hat die be­stellt?«
frag­te Kahn.
    »Ein Herr mit ei­ner Glat­ze. Er hät­te durch
das Fens­ter ge­se­hen, daß Sie Wod­ka trin­ken und daß die Fla­sche fast leer sei.«
    »Wo ist er?«
    Der Kell­ner zuck­te die Schul­tern. »Die vier
Wod­kas sind be­zahlt. Ich ho­le die Glä­ser spä­ter.«
    »Brin­gen Sie dann noch vier

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