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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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mit.«
    »Gut.«
    Wir ho­ben die Glä­ser ge­gen die un­be­kann­ten
Men­schen drau­ßen. Ich zähl­te im ge­dämpf­ten Licht der Re­kla­men min­des­tens fünf
Glat­zen. Es war un­mög­lich, un­se­ren Wohl­tä­ter zu er­ken­nen. Wir ta­ten des­halb,
was man so sel­ten kann und am liebs­ten tut: Wir ho­ben un­se­re Glä­ser hoch, für
und ge­gen die an­ony­me Mensch­heit. Die Mensch­heit ant­wor­te­te mit Fin­ger­ge­pras­sel
an die Schei­be. Die Or­gel­mu­sik brach ab. Kahn dreh­te das Ra­dio noch lau­ter und
ver­teil­te die ver­schie­de­nen Stru­del. Er ent­schul­dig­te sich, daß er kei­nen
Kaf­fee mach­te, er konn­te jetzt nicht nach oben lau­fen und nach der Kaf­fee­büch­se
su­chen. Die ers­te Run­de be­gann.
    ***
    Der Kampf war vor­bei. Na­ta­scha
Pe­trow­na griff nach ih­rem Wod­ka­g­las. Kahn schi­en et­was er­schöpft, er hat­te sich
wäh­rend der Run­den aus­ge­ge­ben. Car­men schlief, ge­löst und fried­lich.
    »Was ha­be ich Ih­nen ge­sagt«, sag­te Kahn.
    »Las­sen Sie sie schla­fen«, flüs­ter­te
Na­ta­scha. »Ich muß jetzt ge­hen. Vie­len Dank für al­les. Gu­te Nacht.«
    Wir tra­ten auf die feuch­te Stra­ße hin­aus.
»Er will doch si­cher mit sei­ner Freun­din al­lein blei­ben.«
    »Das weiß ich nicht ein­mal so ge­nau.«
    »Warum soll­te er nicht? Sie ist sehr
schön.« Sie lach­te. »Un­be­quem schön. So schön, daß man
Min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xe be­kom­men kann.«
    »Sind Sie des­halb weg­ge­gan­gen?«
    »Nein. Ich bin des­halb ge­blie­ben. Ich mag
schö­ne Men­schen. Al­ler­dings ma­chen sie mich manch­mal trau­rig.«
    »Warum?«
    »Weil sie nicht schön blei­ben. Den
we­nigs­ten be­kommt das Al­ter. Dar­um braucht man mög­li­cher­wei­se mehr, als nur
schön zu sein.«
    Wir gin­gen die Stra­ße ent­lang. Die
schla­fen­den Schau­fens­ter wa­ren voll von bil­li­gem Mo­de­schmuck. Ein paar De­li­ka­tes­sen­lä­den
wa­ren noch of­fen. »Son­der­bar«, sag­te ich. »Ich ha­be noch nie dar­über
nach­ge­dacht, wie es ist, wenn man alt wird. Wahr­schein­lich war ich so sehr mit
Über­le­ben be­schäf­tigt, daß ich nie da­zu ge­kom­men bin.«
    Na­ta­scha lach­te. »Ich den­ke über nichts
an­de­res nach.«
    »Ich wer­de es wohl auch noch tun. Me­li­kow
sagt, man ver­steht es nie.«
    »Me­li­kow war im­mer alt.«
    »Im­mer?«
    »Im­mer zu alt für Frau­en. Und das ist
Al­ter, oder nicht?«
    »Wenn man es sehr ein­fach auf­faßt.«
    »Ich glau­be, das ist es. Al­les an­de­re ist
nur Re­si­gna­ti­on mit schö­nen Na­men. Mei­nen Sie nicht?«
    »Viel­leicht. Ich weiß es nicht. Ich kann es
mir im Au­gen­blick auch nicht vor­stel­len.«
    Sie warf mir einen ih­rer ra­schen Bli­cke zu.
»Bra­vo«, sag­te sie dann lä­chelnd und nahm mei­nen Arm.
    Ich zeig­te nach links. »Da ist ein
Schuh­ge­schäft. Noch er­leuch­tet. Wol­len wir es an­se­hen?«
    »Wir müs­sen.«
    Wir gin­gen hin­über. »Wie groß die Stadt
ist!« sag­te sie. »Sie hört nie auf. Sind Sie gern in New York?«
    »Sehr.«
    »Warum?«
    »Weil man mich hier sein läßt. Ein­fach,
nicht?«
    Sie sah mich grü­belnd an. »Wenn es ge­nug
ist?«
    »Es ist ge­nug für ein klei­nes Glück. Das
Glück des pri­mi­ti­ven Men­schen, Un­ter­kunft und Nah­rung.«
    »Ist das ge­nug?« wie­der­hol­te sie.
    »Ge­nug für einen An­fang. Aben­teu­er sind
reich­lich lang­wei­lig, wenn sie Ge­wohn­heit wer­den.«
    Na­ta­scha lach­te. »Das Glück im Win­kel, wie?
Wie gut Sie sich et­was vor­ma­chen kön­nen. Ich glau­be Ih­nen nicht ein Wort.«
    »Ich mir auch nicht. Aber es be­ru­higt mich
manch­mal, mir selbst sol­che Sprü­che vorzu­ma­chen.«
    Sie lach­te wie­der. »Um nicht zu
ver­zwei­feln, wie? Oh, wie ich das ken­ne!«
    »Wo wol­len wir jetzt hin­ge­hen?« frag­te ich.
    »Das große Pro­blem der großen Stadt. Al­le
Lo­ka­le wer­den bald lang­wei­lig.«
    »Wie ist es mit El Mo­roc­co?«
    Sie drück­te zärt­lich mei­nen Arm. »Sie ha­ben
es heu­te mit den Mil­lio­närs­lo­ka­len – als wä­ren Sie ein rei­cher
Schuh­fa­bri­kant.«
    »Ich muß mei­nen neu­en An­zug doch
aus­füh­ren.«
    »Mich nicht?«
    »Ich wer­de mich hü­ten, dar­auf zu
ant­wor­ten.«
    Wir gin­gen in den klei­nen Raum des Mo­roc­co,
nicht in den

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