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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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wuß­te nicht, wie weit die Po­li­zei hier ge­kom­men war.
Sie ha­ben ja manch­mal An­fäl­le von Ener­gie. Bes­ser, kei­nen zu ge­fähr­den. Un­se­re
Ali­bis sind schließ­lich al­le nicht so ganz her­vor­ra­gend. Al­te Kriegs­re­gel:
still lie­gen und ver­schwin­den. Hast du et­was an­de­res er­war­tet?«
    »Ich nicht.«
    Ra­vic sah ihn an. »Brie­fe«, sag­te er dann. »Was sind
Brie­fe? Brie­fe hel­fen nie et­was.«
    »Nein.«
    Ra­vic zog ein Päck­chen Zi­ga­ret­ten aus der Ta­sche. »Son­der­bar,
wie das al­les wird, wenn man weg ist.«
    »Mach dir nichts vor«, er­wi­der­te Mo­ro­sow.
    »Das tue ich auch nicht.«
    »Wenn man weg­bleibt, ist es gut. Wenn man wie­der­kommt,
ist es an­ders. Dann geht es wie­der los.«
    »Viel­leicht. Viel­leicht auch nicht.«
    »Du bist ziem­lich kryp­tisch. Gut, daß du es so nimmst.
Wol­len wir ei­ne Par­tie Schach spie­len? Der Pro­fes­sor ist ge­stor­ben. War der
ein­zi­ge wür­di­ge Geg­ner. Le­wy ist nach Bra­si­li­en ge­gan­gen. Stel­lung als Kell­ner.
Das Le­ben geht ver­dammt rasch heut­zu­ta­ge. Man soll sich an nichts ge­wöh­nen.«
    »Das soll man nicht.«
    Mo­ro­sow blick­te Ra­vic auf­merk­sam an. »So mein­te ich das
nicht.«
    »Ich auch nicht. Aber kön­nen wir nicht die­ses muf­fi­ge
Pal­men­grab ver­las­sen? Ich war drei Mo­na­te nicht hier; trotz­dem stinkt es wie
im­mer – nach Kü­che, Staub und Angst. Wann mußt du los?«
    »Heu­te über­haupt nicht. Ha­be mei­nen frei­en Abend.«
    »Rich­tig.« Ra­vic lä­chel­te flüch­tig. »Der Abend der
Ele­ganz, des al­ten Ruß­lands und der großen Glä­ser.«
    »Willst du mit?«
    »Nein. Heu­te nicht. Ich bin mü­de. Ha­be
ein paar Näch­te kaum ge­schla­fen. Nicht sehr ru­hig, je­den­falls. Laß uns noch
ei­ne Stun­de ’raus­ge­hen und ir­gend­wo her­um­sit­zen. Ha­be das lan­ge nicht ge­tan.«
    »Vouvray?« frag­te Mo­ro­sow. Sie sa­ßen vor dem Café
Co­lisée.
    »Warum? Es ist frü­her Abend, Al­ter. Die Stun­de des
Wod­kas.«
    »Ja. Trotz­dem Vouvray. Das ist ge­nug für mich.«
    »Was ist los? Kei­nen Fi­ne we­nigs­tens?«
    Ra­vic schüt­tel­te den Kopf. »Wenn man ir­gend­wo an­kommt,
soll man sich am ers­ten Abend blau sau­fen, Bru­der«, er­klär­te Mo­ro­sow.
»Un­nö­ti­ger He­ro­is­mus, den Schat­ten der Ver­gan­gen­heit nüch­tern in die trau­ri­gen
Ge­sich­ter zu star­ren.«
    »Ich star­re nicht, Bo­ris. Ich freue mich be­hut­sam mei­nes
Le­bens.«
    Ra­vic sah, daß Mo­ro­sow ihm nicht glaub­te. Er mach­te
kei­nen Ver­such, ihn zu über­zeu­gen. Er saß ru­hig am Tisch, in der ers­ten Rei­he
zur Stra­ße hin, trank sei­nen Wein und blick­te in das abend­li­che Ge­drän­ge der
Spa­zier­gän­ger. So­lan­ge er von Pa­ris fort­ge­we­sen war, war al­les klar und scharf
in ihm ge­we­sen. Jetzt war es wol­kig, fahl und far­big, an­ge­nehm glei­tend, aber
so, wie bei je­mand, der von ei­nem Berg zu rasch ab­ge­stie­gen ist und der den
Lärm un­ten im Tal nur wie durch Wat­te hört.
    »Warst du ir­gend­wo, be­vor du ins Ho­tel kamst?«
    »Nein.«
    »Ve­ber hat ein paar­mal nach dir ge­fragt.«
    »Ich wer­de ihn an­ru­fen.«
    »Du ge­fällst mir nicht. Er­zäh­le, was los war.«
    »Nichts Be­son­de­res. Die Gren­ze in Genf war zu gut
be­wacht. Ver­such­te es da zu­erst, dann in Ba­sel. Auch schwie­rig. Kam schließ­lich
doch hin­über. Er­käl­te­te mich. Re­gen und Schnee nachts auf den Fel­dern. Konn­te
we­nig ma­chen. Es wur­de ei­ne Lun­gen­ent­zün­dung. Ein Arzt in Bel­fort brach­te mich
in ein Kran­ken­haus. Schmug­gel­te mich ’rein und ’raus. Hielt mich noch zehn Ta­ge
in sei­nem Haus. Muß ihm das Geld zu­rück­schi­cken.«
    »Bist du wie­der in Ord­nung?«
    »Ziem­lich.«
    »Trinkst du des­halb kei­nen Schnaps?«
    Ra­vic lä­chel­te. »Wo­zu re­den wir her­um? Ich bin et­was mü­de
und will mich erst ge­wöh­nen. Das ist wahr. Merk­wür­dig, wie­viel man denkt, wenn
man un­ter­wegs ist. Und wie­we­nig, wenn man an­kommt.«
    Mo­ro­sow wink­te ab. »Ra­vic«, sag­te er vä­ter­lich. »Du
sprichst mit dei­nem Va­ter Bo­ris, den Ken­ner des mensch­li­chen Her­zens. Mach
kei­ne Um­we­ge und fra­ge schon, da­mit wir es hin­ter uns krie­gen.«
    »Schön. Wo ist Jo­an?«
    »Das

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