Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
Vom Netzwerk:
war gut,
aus schwan­ken­der Un­ge­wiß­heit wie­der zu kla­rer Prä­zi­si­on zu kom­men. Er mach­te
den Schnitt. Schmal und rot lief das Blut dem Mes­ser nach. Al­les wur­de
plötz­lich ein­fach. Er fühl­te zum ers­ten­mal, seit er zu­rück war, sich selbst
wie­der. Das sau­sen­de laut­lo­se Licht. Zu Hau­se, dach­te er. End­lich!

19
    19    »Sie
ist da«, sag­te Mo­ro­sow.
    »Wer?«
    Mo­ro­sow strich sei­ne Uni­form glatt. »Tu nicht so, als
wenn du es nicht wüß­test. Är­ge­re dei­nen Va­ter Bo­ris nicht auf of­fe­ner Stra­ße.
Meinst du, ich weiß nicht, wes­halb du in zwei Wo­chen drei­mal in der
Sche­herazade warst? Ein­mal mit ei­nem Wun­der von blau­en Au­gen und schwar­zen
Haa­ren, aber zwei­mal al­lein? Der Mensch ist schwach – wo wä­re sonst sein Reiz?«
    »Geh zum Teu­fel«, sag­te Ra­vic. »De­mü­ti­ge mich nicht,
ge­ra­de wenn ich mei­ne Kraft nö­tig ha­be – du ge­schwät­zi­ger Tür­öff­ner.«
    »Wä­re es dir lie­ber ge­we­sen, ich hät­te es dir nicht
ge­sagt?«
    »Na­tür­lich.«
    Mo­ro­sow trat zur Sei­te und ließ zwei Ame­ri­ka­ner ein.
»Dann geh zu­rück, und komm an ei­nem an­dern Abend wie­der«, sag­te er.
    »Ist sie al­lein hier?«
    »Al­lein las­sen wir nicht ein­mal re­gie­ren­de Fürs­tin­nen
’rein, das müß­test du wis­sen. Sig­mund Freud wür­de an dei­ner Fra­ge ge­fal­len
ha­ben.«
    »Was weißt du von Sig­mund Freud. Du bist be­trun­ken, und
ich wer­de mich über dich bei dei­nem Ma­na­ger, dem Cap­tain Tsche­dsche­ned­se,
be­schwe­ren.«
    »Cap­tain Tsche­dsche­ned­se war ei­ner der Leut­nants in dem
Re­gi­ment, in dem ich Oberst­leut­nant war, Kna­be. Er weiß das noch im­mer.
Ver­such’s mal.«
    »Schön. Laß mich vor­bei.«
    »Ra­vic!« Mo­ro­sow leg­te ihm sei­ne schwe­ren Hän­de auf die
Schul­tern. »Sei kein Esel! Geh, te­le­fo­nie­re dem Wun­der mit den blau­en Au­gen und
komm mit ihr wie­der, wenn du schon mußt. Ein­fa­cher Rat­schlag ei­nes er­fah­re­nen
al­ten Man­nes. Äu­ßerst bil­lig, da­für aber im­mer wirk­sam.«
    »Nein, Bo­ris.« Ra­vic sah ihn an. »Tricks ha­ben hier
kei­nen Zweck. Ich will auch kei­ne.«
    »Dann geh nach Hau­se«, sag­te Mo­ro­sow.
    »In den muf­fi­gen
Pal­men­raum? Oder in mei­ne Bu­de?«
    Mo­ro­sow ließ Ra­vic los und schritt ei­nem Paar vor­aus, das
ein Ta­xi woll­te. Ra­vic blieb ste­hen, bis er zu­rück­kam. »Du bist ver­nünf­ti­ger,
als ich dach­te«, sag­te Mo­ro­sow. »Sonst wärst du schon drin.«
    Er schob sei­ne gold­be­treß­te Kap­pe zu­rück. Be­vor er wei­ter
spre­chen konn­te, er­schi­en ein an­ge­trun­ke­ner, jun­ger Mann in ei­nem wei­ßen
Smo­king in der Tür. »Herr Oberst! Einen Renn­wa­gen!«
    Mo­ro­sow wink­te dem nächs­ten Ta­xi in der Rei­he und
ge­lei­te­te den leicht Schwan­ken­den hin­ein. »Sie la­chen nicht«, sag­te der
Be­trun­ke­ne. »Oberst war doch ein gu­ter Witz – oder nicht?«
    »Sehr gut. Renn­wa­gen war fast noch bes­ser.«
    »Ich ha­be mir die Sa­che über­legt«, sag­te Mo­ro­sow, als er
zu­rück­kahm. »Geh ’rein. Pfeif auf das an­de­re. Ich wür­de es auch so ma­chen.
Ir­gend­wann pas­siert es doch; warum dann nicht so­fort? Bring es zu En­de, so oder
so. Wenn wir nicht mehr kin­disch sind, sind wir alt.«
    »Ich ha­be es mir auch über­legt. Ich ge­he an­ders­wo hin.«
    Mo­ro­sow blick­te Ra­vic amü­siert an. »Schön«, sag­te er
schließ­lich. »Ich se­he dich dann in ei­ner hal­b­en Stun­de wie­der.«
    »Oder auch nicht.«
    »Dann in ei­ner Stun­de.«
    Zwei Stun­den spä­ter saß Ra­vic in der Clo­che d’Or. Das
Lo­kal war noch ziem­lich leer. An der lan­gen Bar un­ten hock­ten die Hu­ren wie
Pa­pa­gei­en auf der Stan­ge und schwatz­ten. Da­zwi­schen stan­den ein paar Händ­ler
mit Gips­ko­kain, die auf Tou­ris­ten war­te­ten. Oben sa­ßen ei­ni­ge Paa­re und aßen
Zwie­bel­sup­pe. Auf ei­nem So­fa in der Ecke ge­gen­über von Ra­vic flüs­ter­ten zwei
Les­bie­rin­nen, die Sher­ry Bran­dy tran­ken. Ei­ne, in ei­nem Tai­lor­ma­de mit Kra­wat­te
trug ein Mo­no­kel; die an­de­re war ei­ne rot­haa­ri­ge, vol­le Per­son in ei­nem tief
aus­ge­schnit­te­nen, glit­zern­den Abend­kleid.
    Idio­tisch, dach­te Ra­vic. Warum bin

Weitere Kostenlose Bücher