Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
Vom Netzwerk:
mir? dach­te er. Wes­halb
ste­he ich da, und mei­ne Hän­de füh­len die Luft, als wä­re sie ein Nacken und ei­ne
Wel­le Haar? Zu spät. Man kann nichts zu­rück­ho­len. Nie­mand kommt zu­rück.
Eben­so­we­nig, wie je die ge­leb­te Stun­de zu­rück­kommt.
    Er ging wei­ter zum Ho­tel, über den Hof zum Hin­ter­ein­gang
in die Ka­ta­kom­be. Er sah von der Tür aus ei­ne An­zahl Leu­te her­um­sit­zen.
Sei­den­baum war da­bei. Nicht als Kell­ner, als Gast. Die Ge­fahr schi­en vor­über zu
sein. Er trat ein.
    Mo­ro­sow war in sei­nem Zim­mer. »Ich woll­te ge­ra­de weg«,
sag­te er. »Dach­te schon, du wä­rest wie­der da­von, zur Schweiz, als ich dei­ne
Kof­fer sah.«
    »Ist al­les in Ord­nung?«
    »Ja. Die Po­li­zei kommt nicht wie­der. Hat so­gar die Lei­che
schon wie­der frei­ge­ge­ben. Kla­rer Fall. Liegt oben; wird be­reits auf­ge­bahrt,«
    »Schön. Dann kann ich ja wie­der in mei­ne Bu­de ein­zie­hen.«
    Mo­ro­sow lach­te. »Die­ser Sei­den­baum!« sag­te er. »Er war
bei der gan­zen Sa­che da­bei. Mit ei­ner Ak­ten­ta­sche, ir­gend­wel­chen Pa­pie­ren dar­in
und sei­nem Pin­ce­nez. Er trat als Ad­vo­kat und Ver­tre­ter der Ver­si­che­rungs­fir­ma
auf. War ziem­lich scharf mit der Po­li­zei. Hat den Paß des al­ten Gold­berg
ge­ret­tet. Be­haup­te­te, er brau­che ihn; die Po­li­zei ha­be nur Recht auf die Car­te
d’Iden­ti­te. Kam da­mit durch. Hat er selbst Pa­pie­re?«
    »Nicht einen Fet­zen.«
    »Gut«, er­klär­te Mo­ro­sow. »Der Paß ist Gold wert. Ist noch
ein Jahr gül­tig. Ir­gend je­mand kann dar­auf le­ben. Nicht ge­ra­de in Pa­ris, wenn
er nicht so frech wie Sei­den­baum ist. Die Fo­to­gra­fie kann man leicht
aus­tau­schen. Für die Än­de­rung der Ge­burts­da­ten gibt es bil­li­ge Fach­leu­te, wenn
der neue Aaron Gold­berg zu jung sein soll­te. Mo­der­ne Art von See­len­wan­de­rung – ein Paß und meh­re­re Le­ben dar­auf.«
    »Dann heißt Sei­den­baum
al­so von jetzt an Gold­berg?«
    »Sei­den­baum nicht. Er hat ab­ge­lehnt. Ist un­ter sei­ner
Wür­de. Er ist der Don Qui­chot­te der Un­ter­grund-Welt­bür­ger. Zu fa­ta­lis­tisch
neu­gie­rig, was mit sei­nem Typ pas­siert, als daß er ihn durch einen ge­borg­ten
Paß ver­fäl­schen wür­de. Wie wä­re es mit dir?«
    Ra­vic schüt­tel­te den Kopf. »Auch nicht. Ich bin auf
Sei­den­baums Sei­te.«
    Er nahm sei­ne Kof­fer und stieg die Trep­pen hin­auf. Auf
dem Gold­berg­schen Flur wur­de er von ei­nem al­ten Ju­den in schwar­zem Kaftan mit
Bart und Pei­jes, der das Ge­sicht ei­nes bib­li­schen Pa­tri­ar­chen hat­te, über­holt.
Der Al­te ging laut­los, auf Gum­mi­soh­len, und es war, als schwe­be er dun­kel und
bleich durch den düs­te­ren Kor­ri­dor. Er öff­ne­te die Gold­berg­sche Tür. Röt­li­ches
Licht, wie von Ker­zen, fiel einen Au­gen­blick her­aus, und Ra­vic hör­te ein
selt­sa­mes, halb un­ter­drück­tes, halb wil­des, fast me­lan­cho­li­sches, mon­to­nes
Jam­mern. Kla­ge­wei­ber, dach­te er. Soll­te es so et­was noch ge­ben? Oder war es nur
Ruth Gold­berg?
    Er öff­ne­te sei­ne Tür und sah Jo­an am Fens­ter sit­zen.
Sie fuhr auf. »Da bist du! Was ist los? Wo­zu hast du die Kof­fer? Mußt du wie­der
weg?«
    Ra­vic stell­te die Kof­fer ne­ben das Bett. »Nichts ist los.
Es war nur Vor­sicht. Ir­gend je­mand ist ge­stor­ben. Die Po­li­zei hat­te zu kom­men.
Es ist al­les schon wie­der vor­bei.«
    »Ich ha­be an­ge­ru­fen. Je­mand war am Ap­pa­rat und sag­te, du
wohn­test nicht mehr hier.«
    »Das war un­se­re Wir­tin. Vor­sich­tig und klug wie im­mer.«
    »Ich bin hier­her­ge­lau­fen. Das Zim­mer war of­fen und leer.
    Dei­ne Sa­chen wa­ren nicht mehr da. Ich dach­te … Ra­vic!«
Ih­re Stim­me zit­ter­te. Ra­vic lä­chel­te mit Mü­he. »Du siehst – ich bin ei­ne
un­zu­ver­läs­si­ge Krea­tur. Nichts, um viel dar­auf zu bau­en.«
    Es klopf­te. Mo­ro­sow kam her­ein, ein paar Fla­schen in der
Hand. »Ra­vic, du hast dei­ne Mu­ni­ti­on ver­ges­sen ...«
    Er sah Jo­an in der Dun­kel­heit ste­hen und tat, als be­mer­ke
er sie nicht. Ra­vic wuß­te nicht, ob er sie über­haupt er­kannt hat­te. Er hän­dig­te
die Fla­schen aus und ver­ab­schie­de­te sich, oh­ne

Weitere Kostenlose Bücher