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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Wir­tin nick­te Ra­vic zu,
daß sie Ruth Gold­berg und Wie­sen­hoff in­stru­ie­ren wür­de. Er nahm sei­ne Ta­sche
und die Sche­re, die ne­ben der ab­ge­schnit­te­nen Kra­wat­te am Bo­den la­gen. Die
Kra­wat­te lag so, daß er die Fir­men­mar­ke se­hen konn­te. S. För­der, Ber­lin. Es war
ei­ne Kra­wat­te, die min­des­tens zehn Mark ge­kos­tet hat­te. Noch aus Gold­bergs
gu­ten Zei­ten.
    Ra­vic kann­te die Fir­ma. Er hat­te selbst dort ge­kauft. Er
pack­te sei­ne Sa­chen in ein paar Kof­fer und brach­te sie in Mo­ro­sows Zim­mer. Es
war nur ei­ne Vor­sicht. Die Po­li­zei wür­de sich wahr­schein­lich um nichts küm­mern.
Aber es war bes­ser – die Er­in­ne­rung an Fer­nand saß Ra­vic noch zu sehr in den
Kno­chen. Er ging zur Ka­ta­kom­be hin­un­ter.
    Ei­ne An­zahl Leu­te rann­te dort auf­ge­regt hin und her. Es
wa­ren die Emi­gran­ten oh­ne Pa­pie­re. Die il­le­ga­le Bri­ga­de. Cla­ris­se, das
Ser­vier­mäd­chen, und Jean, der Kell­ner, di­ri­gier­ten die Kof­fer in einen
kel­ler­haf­ten Ne­ben­raum der Ka­ta­kom­be. Die Ka­ta­kom­be selbst war be­reits für das
Abendes­sen vor­be­rei­tet. Die Ti­sche wa­ren ge­deckt, Kör­be mit Brot stan­den um­her,
und es roch von der Kü­che her nach Fett und Fisch.
    »Zeit ge­nug«, sag­te Jean zu den ner­vö­sen Emi­gran­ten. »Die
Po­li­zei ist nicht so ei­lig.«
    Die Emi­gran­ten nah­men kei­ne Chan­ce. Sie wa­ren kein Glück
ge­wohnt. Has­tig dräng­ten sie mit ih­ren paar Sa­chen in den Kel­ler.
    Un­ter ih­nen war auch der Spa­nier Al­va­rez. Die Wir­tin
hat­te im gan­zen Ho­tel Nach­richt her­um­ge­schickt, daß die Po­li­zei käme. Al­va­rez
lä­chel­te fast ent­schul­di­gend zu Ra­vic hin­über. Ra­vic wuß­te nicht, warum.
    Ein dün­ner Mensch kam ge­las­sen her­an. Es war der Dok­tor
der Phi­lo­lo­gie und Phi­lo­so­phie Ernst Sei­den­baum. »Ma­nö­ver«, sag­te er zu Ra­vic.
»Ge­ne­ral­pro­be. Blei­ben Sie in der Ka­ta­kom­be?«
    »Nein.«
    Sei­den­baum, ein Ve­teran seit sechs Jah­ren, zuck­te die
Ach­seln. »Ich blei­be. Ha­be kei­ne Lust weg­zu­lau­fen. Glau­be nicht, daß mehr
pas­siert als ei­ne Tat­be­stands­auf­nah­me. Wer ist schon an ei­nem al­ten, to­ten,
deut­schen Ju­den in­ter­es­siert?«
    »An dem nicht. Aber an
le­ben­di­gen, il­le­ga­len Re­fu­giés.«
    Sei­den­baum setz­te sein Pin­ce­nez zu­recht. »Ist mir auch
egal. Wis­sen Sie, was ich bei der letz­ten Raz­zia ge­macht ha­be? Ir­gend­ein
Ser­geant kam da­mals so­gar her­un­ter in die Ka­ta­kom­be. Über zwei Jah­re her. Ich
ha­be ei­ne von Jeans wei­ßen Kell­ner­ja­cken an­ge­zo­gen und mit ser­viert. Schnäp­se
für die Po­li­zei.«
    »Gu­te Idee.«
    Sei­den­baum nick­te. »Es kommt ei­ne Zeit, da hat man auch
vom Weg­lau­fen ge­nug.« Er troll­te ru­hig zur Kü­che hin­über, um zu in­spi­zie­ren,
was es gab.
    Ra­vic ging durch den Hin­ter­aus­gang der Ka­ta­kom­be über den
Hof. Ei­ne Kat­ze lief ihm über die Fü­ße. Vor ihm gin­gen die an­dern. Sie
ver­teil­ten sich rasch auf der Stra­ße. Al­va­rez hin­k­te et­was. Viel­leicht könn­te
man das noch durch Ope­ra­ti­on be­sei­ti­gen, dach­te Ra­vic ab­we­send.
    Er saß am Place des Ter­nes und hat­te plötz­lich das
Ge­fühl, daß Jo­an in die­ser Nacht kom­men wür­de. Er konn­te nicht sa­gen, warum –
er wuß­te es nur ein­fach plötz­lich.
    Er zahl­te sein Abendes­sen und ging lang­sam zum Ho­tel
zu­rück. Es war warm, und die Schil­der der Stun­den­ho­tels in den schma­len Stra­ßen
flamm­ten rot durch die frü­he Nacht. Hin­ter den Vor­hän­gen schim­mer­ten die Rit­zen
der er­leuch­te­ten Fens­ter. Ei­ne Grup­pe Ma­tro­sen folg­te ei­ni­gen Hu­ren. Sie wa­ren
jung und laut und heiß von Wein und Som­mer und ver­schwan­den in ei­nem der
Ho­tels. Ir­gend­wo­her kam Hand­har­mo­ni­ka­mu­sik. Ein Ge­dan­ke schoß wie ei­ne
Leucht­ra­ke­te hoch in Ra­vic, ent­fal­te­te sich, schweb­te und hob ei­ne ma­gi­sche
Land­schaft aus dem Dun­kel:
    Jo­an, war­tend auf ihn im Ho­tel, um ihm zu sa­gen, daß sie
al­les hin­ter sich ge­wor­fen hät­te und zu­rück­käme, ihn über­strö­mend, über­stür­zend

    Er blieb ste­hen. Was ist los mit

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