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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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nur einen Men­schen lie­ben kann. Es gibt
Men­schen, die kön­nen nur das. Sie sind glück­lich. Und es gibt an­de­re, die
durch­ein­an­der ge­wor­fen wer­den. Du weißt das.«
    Er zün­de­te sei­ne Zi­ga­ret­te an. Oh­ne hin­zu­se­hen, wuß­te er,
wie Jo­an aus­sah. Blaß, die Au­gen dun­kel, still kon­zen­triert, fast fle­hend
fra­gil – und nie um­zu­brin­gen. Sie hat­te eben­so aus­ge­se­hen an dem Nach­mit­tag in
ih­rer Woh­nung – wie ein En­gel der Ver­kün­dung, voll von Glau­ben und schwe­ben­der
Über­zeu­gung, der vor­gab, einen ret­ten zu wol­len, wäh­rend er einen lang­sam ans
Kreuz zu schla­gen ver­such­te, da­mit man ihm nicht ent­kam.
    »Ja«, sag­te er. »Es ist ei­ne un­se­rer Aus­re­den.«
    »Es ist kei­ne Aus­re­de. Man ist nicht glück­lich da­bei. Man
wird hin­ein­ge­wor­fen und kann sich nicht hel­fen. Es ist et­was Fins­te­res, ein
Knäu­el, ein Krampf – et­was, durch das man hin­durch muß. Man kann nicht
weg­lau­fen. Es kommt ei­nem nach. Es holt einen ein. Man will es nicht. Aber es
ist stär­ker.«
    »Warum denkst du dar­über nach? Fol­ge ihm, wenn es stär­ker
ist.«
    »Das tue ich. Ich weiß, es gibt nichts an­de­res. Aber …«
Ih­re Stim­me wech­sel­te. »Ra­vic, ich will dich nicht ver­lie­ren.«
    Ra­vic schwieg. Er rauch­te und spür­te den Rauch nicht. Du
willst mich nicht ver­lie­ren, dach­te er. Aber den an­de­ren auch nicht. Das ist
es. Daß du das kannst! Des­halb muß ich von dir weg. Es ist nicht der ei­ne – das
wä­re rasch ver­ges­sen. Du hat­test al­le Ent­schul­di­gun­gen da­für. Aber daß es dich
so ge­packt hat, daß du nicht da­von los­kom­men kannst, das ist es. Du wirst da­von
los­kom­men. Aber es wird wie­der ge­sche­hen. Es wird im­mer wie­der ge­sche­hen. Es
ist in dir. Ich konn­te das auch frü­her. Mit dir kann ich es nicht. Des­halb muß
ich los von dir. Jetzt kann ich es noch. Das nächs­te­mal …
    »Du glaubst, es sei ei­ne be­son­de­re Si­tua­ti­on«, sag­te er.
»Es ist die all­täg­lichs­te der Welt. Die vom Ehe­mann und vom Lieb­ha­ber.«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Doch. Sie hat vie­le
Va­ria­tio­nen. Ei­ne da­von ist dei­ne.«
    »Wie kannst du so et­was sa­gen!« Sie fuhr auf. »Du bist
al­les an­de­re als das, und du warst es nie, und du wirst es nie sein. Der an­de­re
ist viel mehr …« Sie brach ab. »Nein, so ist es auch nicht. Ich kann es nicht
er­klä­ren.«
    »Sa­gen wir: die Si­cher­heit und das Aben­teu­er. Das klingt
bes­ser. Es ist das­sel­be. Man will das ei­ne ha­ben und das an­de­re nicht los­las­sen.«
    Sie schüt­tel­te den Kopf. »Ra­vic«, sag­te sie aus der
Dun­kel­heit her­aus, mit ei­ner Stim­me, die ihm das Herz be­weg­te. »Man kann gu­te
Wor­te da­für ha­ben und schlech­te. Das än­dert nichts dar­an.
    Ich lie­be dich und ich wer­de dich lie­ben, bis ich auf­hö­re
zu le­ben. Das weiß ich, und das ist klar in mir. Du bist der Ho­ri­zont, und al­le
Ge­dan­ken en­den in dir. Es kann ge­sche­hen, was will, es ist trotz­dem im­mer
in­ner­halb von dir. Es ist kein Be­trug. Es nimmt dir nichts. Das ist es, wes­halb
ich im­mer wie­der hier bin, und das ist es, wes­halb ich es nicht be­dau­ern und
mich nicht schul­dig füh­len kann.«
    »Im Ge­fühl gibt es kei­ne Schuld, Jo­an. Wie kommst du auf
so et­was?«
    »Ich ha­be nach­ge­dacht. Ich ha­be so viel nach­ge­dacht,
Ra­vic. Über mich und über dich. Du hast mich nie ganz ha­ben wol­len. Du weißt es
viel­leicht selbst nicht. Da war im­mer et­was, das war zu­ge­sperrt für mich. Und
ich konn­te nie ganz hin­ein. Ich woll­te! Wie ich es woll­te! Es war im­mer so, daß
du je­den Au­gen­blick weg­ge­hen konn­test. Ich war nie si­cher. Daß die Po­li­zei dich
weg­schick­te, daß du fort muß­test – es hät­te ge­nau­so auch an­ders sein kön­nen –,
daß du ei­nes Ta­ges weg warst, von dir aus, daß du ein­fach nicht mehr da warst,
weg­ge­gan­gen warst, ir­gend­wo­hin ...«
    Ra­vic starr­te auf das Ge­sicht im Un­ge­wis­sen Dun­kel vor
ihm. Da war et­was rich­tig in dem, was sie sag­te.
    »Es war im­mer so«, fuhr sie fort. »Im­mer. Und dann kam
je­mand, der mich woll­te, nichts, als mich woll­te, ganz und für im­mer, ein­fach
und oh­ne je­de Kom­pli­ka­ti­on. Ich lach­te, ich

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