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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ei­ner Zei­tung?»
    Ich
ni­cke. Der Au­tor Ca­sa­no­vas macht ei­ne ab­schät­zi­ge Be­we­gung. «Dach­te ich! Mei­ne
Sa­chen sind na­tür­lich nichts für den Ta­ges­ver­brauch. Höchs­tens für li­te­ra­ri­sche
Zeit­schrif­ten ers­ten Ran­ges. Was ich vor­her mein­te, ist, daß ein Band Ge­dich­te
von mir un­glück­li­cher­wei­se vor drei Mo­na­ten bei Ar­thur Bau­er in Wer­den­brück
er­schie­nen ist! Ein Fre­vel!»
    «Hat
man dich da­zu ge­zwun­gen?»
    «Ja,
mo­ra­lisch. Bau­er hat mich be­lo­gen. Er wol­le enor­me Re­kla­me ma­chen, den Ver­lag
er­wei­tern, Mö­ri­ke, Goe­the, Ril­ke, Ste­fan Ge­or­ge, vor al­lem Höl­der­lin mit mir
er­schei­nen las­sen – und nichts da­von hat er ge­hal­ten.»
    «Er
hat Ot­to Bam­buss her­aus­ge­bracht», er­wi­de­re ich.
    Hun­ger­mann
winkt ab. «Bam­buss – un­ter uns, ein Pfu­scher und Nach­emp­fin­der. Hat mir nur
ge­scha­det. Weißt du, wie­viel Bau­er von mei­nem Werk ver­kauft hat? Nicht mehr als
fünf­hun­dert Ex­em­pla­re!»
    Ich
weiß von Bau­er, daß die Ge­samtauf­la­ge zwei­hun­dert­fünf­zig Ex­em­pla­re war;
ver­kauft wor­den sind acht­und­zwan­zig, da­von heim­lich von Hun­ger­mann an­ge­kauft
neun­zehn. Und zum Druck ge­zwun­gen wur­de nicht Hun­ger­mann, son­dern Bau­er.
Hun­ger­mann, als Deutsch­leh­rer am Re­al­gym­na­si­um, hat Ar­thur er­preßt, da er sonst
einen an­dern Buch­händ­ler an sei­ner Schu­le emp­feh­len wür­de.
    «Wenn
du jetzt in Ber­lin an der Zei­tung bist», er­klärt Hun­ger­mann, «du weißt, daß
Ka­me­rad­schaft un­ter Künst­lern das edels­te Gut ist!»
    «Ich
weiß es.» Hun­ger­mann zieht ein Bänd­chen sei­ner Ge­dich­te aus der Ta­sche. «Hier –
mit Wid­mung. Schreib dar­über in Ber­lin. Und schick mir zwei Be­leg­ex­em­pla­re. Ich
wer­de dir da­für hier in Wer­den­brück die Treue hal­ten. Und wenn du drü­ben einen
gu­ten Ver­le­ger fin­dest – der zwei­te Band der Ge­dich­te ist in Vor­be­rei­tung.»
    «Ge­macht.»
    «Ich
wuß­te, daß ich mich auf dich ver­las­sen kann.» Hun­ger­mann schüt­telt mir
fei­er­lich die Hand. «Bringst du nicht auch bald et­was her­aus?»
    «Nein.
Ich ha­be es auf­ge­ge­ben.»
    «Was?»
    «Ich
will noch war­ten», sa­ge ich. «Ich will mich erst ein­mal in der Welt um­se­hen.»
    «Sehr
wei­se!» er­klärt Hun­ger­mann nach­drück­lich. «Wenn nur mehr Leu­te das ma­chen
wür­den, an­statt un­rei­fes Zeug zu schmie­ren und den Kön­nern da­durch im We­ge zu
ste­hen!»
    Er
schaut scharf im Raume um­her. Ich er­war­te ir­gend­ein be­lus­tig­tes Zwin­kern von
ihm; aber er ist plötz­lich se­ri­ös. Ich bin für ihn ei­ne Ge­schäfts­mög­lich­keit
ge­wor­den; da hat ihn der Hu­mor so­fort ver­las­sen. «Sag den an­de­ren nichts von
un­se­rer Ab­ma­chung», schärft er mir noch ein.
    «Si­cher
nicht», er­wi­de­re ich und se­he Ot­to Bam­buss sich her­an­pir­schen.
    Ei­ne Stun­de spä­ter ha­be
ich von Bam­buss die «Stim­men der Stil­le» mit schmei­chel­haf­ter Wid­mung in der
Ta­sche, da­zu in Schreib­ma­schi­nen-Durch­schlä­gen die exo­ti­schen So­net­te «Die
Ti­ge­rin», die ich in Ber­lin an­brin­gen soll – von Som­mer­feld tra­ge ich die
Ab­schrift sei­nes Bu­ches vom To­de in frei­en Rhyth­men bei mir – von an­de­ren
Mit­glie­dern ein Dut­zend wei­te­re Ar­bei­ten in Ko­pi­en – und von Eduard den
Durch­schlag sei­nes Pä­ans auf den Tod ei­nes Freun­des, hun­dert­un­dachtund­sech­zig
Zei­len, die Va­len­tin, dem Ka­me­ra­den, Mit­kämp­fer und Men­schen ge­wid­met sind.
Eduard ar­bei­tet schnell.
    Es
ist plötz­lich al­les weit weg.
    Es
ist so weit weg wie die In­fla­ti­on, die vor zwei Wo­chen ge­stor­ben ist – oder die
Kind­heit, die von ei­nem Ta­ge zum an­dern in ei­nem Mi­li­tär­rock er­stickt wur­de. Es
ist so weit weg wie Isa­bel­le.
    Ich
se­he die Ge­sich­ter an. Sind es noch die Ge­sich­ter stau­nen­der Kin­der, die dem
Cha­os oder dem Wun­der ge­gen­über­ste­hen, oder sind es be­reits die Ge­sich­ter
be­trieb­sa­mer Ver­eins­mei­er? Ist in ih­nen noch et­was von dem hin­ge­ris­se­nen und
ent­setz­ten Ant­litz Isa­bel­les, oder sind es nur die Imi­ta­to­ren und

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