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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Hil­fe für uns von hin­ten kommt.
Ei­ne Se­kun­de spä­ter se­he ich, daß Rie­sen­feld mit zu­sam­men­ge­leg­ter Ak­ten­ta­sche,
in der, hof­fe ich, Gra­nit­pro­ben sind, auf je­mand ein­schlägt, wäh­rend Renée de
la Tour einen hoch­ha­cki­gen Schuh aus­ge­zo­gen und an der Vor­der­sei­te er­grif­fen
hat, um mit dem Ha­cken los­zu­dre­schen.
    Wäh­rend
ich das se­he, rennt mir je­mand den Schä­del in den Ma­gen, daß mir die Luft mit
ei­nem Knall aus dem Mun­de springt. Ich schla­ge schwach, aber wild um mich und
ha­be ir­gend­wo­her das son­der­ba­re Ge­fühl ei­ner ver­trau­ten Si­tua­ti­on. Au­to­ma­tisch
he­be ich ein Knie, weil ich er­war­te, daß der Ramm­bock wie­der­kommt. Gleich­zei­tig
se­he ich ei­nes der schöns­ten Bil­der, das ich mir in die­ser La­ge vor­stel­len
kann: Li­sa, die wie die Ni­ke von Sa­moth­ra­ke über den Neu­markt her­an­stürmt,
ne­ben ihr Bo­do Led­der­ho­se und hin­ter ihm sein Ge­sang­ver­ein. Im glei­chen
Au­gen­blick spü­re ich den Ramm­bock aufs neue und se­he Rie­sen­felds Ak­ten­ta­sche
wie ei­ne gel­be Flag­ge nie­der­ge­hen. Gleich­zei­tig macht Renée de la Tour ei­ne
blitz­schnel­le Be­we­gung nach un­ten, der ein Auf­heu­len des Ramm­bocks folgt. Renée
schreit mit mar­ki­ger Ge­ne­ral­stim­me: «Still­ge­stan­den, Schwei­ne!» Ein Teil der
An­grei­fer fährt un­will­kür­lich zu­sam­men. Dann tritt der Ge­sang­ver­ein in Ak­ti­on,
und wir sind frei.
    Ich
rich­te
mich auf. Es ist plötz­lich still. Die An­grei­fer sind ge­flo­hen. Sie schlep­pen
ih­re Ver­wun­de­ten mit. Her­mann Lotz kommt zu­rück. Er ist dem flie­hen­den Geg­ner
wie ein Zen­taur nach­ge­sprengt und hat noch ei­nem ei­ne ei­ser­ne Ohr­fei­ge
ver­ab­reicht. Wir sind nicht schlecht weg­ge­kom­men. Ich ha­be ei­ne bir­nen­ar­ti­ge
Beu­le am Kopf und das Ge­fühl, mein Arm sei ge­bro­chen. Er ist es nicht. Au­ßer­dem
ist mir sehr übel. Ich ha­be zu­viel ge­trun­ken, um an Ma­gen­stö­ßen Ge­fal­len zu
fin­den. Wie­der quält mich die sich nicht er­in­nern­de Er­in­ne­rung. Was war das
doch? «Ich woll­te, ich hät­te einen Schnaps», sa­ge ich.
    «Den
kriegst du», er­wi­dert Bo­do Led­der­ho­se. «Kommt jetzt, be­vor die Po­li­zei
er­scheint.»
    In
die­sem Mo­ment er­tönt ein schar­fes Klat­schen. Wir dre­hen uns über­rascht um. Li­sa
hat auf je­mand ein­ge­schla­gen. «Du ver­fluch­ter Sauf­bru­der!» sagt sie ru­hig. «So
sorgst du für Heim und Frau ...»
    «Du
...» gur­gelt die Ge­stalt.
    Li­sas
Hand klatscht zum zwei­ten­mal nie­der. Und jetzt, plötz­lich, löst sich mein
Er­in­ne­rungs­kno­ten. Wat­zek! Da steht er und hält sich merk­wür­di­ger­wei­se den
Hin­tern fest.
    «Mein
Mann!» sagt Li­sa ins all­ge­mei­ne über den Neu­markt hin. «Mit so was ist man nun
ver­hei­ra­tet.»
    Wat­zek
ant­wor­tet nicht. Er blu­tet stark. Die al­te Stirn­wun­de, die ich ihm ge­schla­gen
ha­be, ist wie­der auf­ge­gan­gen. Au­ßer­dem rinnt Blut aus sei­nen Haa­ren. «Wa­ren Sie
das?» fra­ge ich Rie­sen­feld lei­se. «Mit der Ak­ten­ta­sche?»
    Er
nickt und be­trach­tet Wat­zek auf­merk­sam. «Wie man sich manch­mal so trifft», sagt
er.
    «Was
hat er am Hin­tern?» fra­ge ich. «Wes­halb hält er den fest?»
    «Ein
Wes­pen­stich», er­wi­dert Renée de la Tour und be­fes­tigt ei­ne lan­ge Hut­na­del
wie­der in ei­nem eis­blau­en Samt­käpp­chen auf ih­ren Lo­cken.
    «Mei­ne
Hoch­ach­tung!» Ich ver­nei­ge mich vor ihr und tre­te auf Wat­zek zu. «So», sa­ge
ich, «jetzt weiß ich, wer mir sei­nen Schä­del in den Bauch ge­rannt hat! Ist das
der Dank für mei­nen Un­ter­richt in bes­se­rer Le­bens­art?»
    Wat­zek
starrt mich an. «Sie? Ich ha­be Sie nicht er­kannt! Mein Gott!»
    «Er
er­kennt nie je­man­den», er­klärt Li­sa sar­kas­tisch.
    Wat­zek
bie­tet einen be­trüb­li­chen An­blick. Da­bei be­mer­ke ich, daß er mei­nen Ratschlä­gen
tat­säch­lich ge­folgt ist. Er hat sich sei­ne Mäh­ne kurz schnei­den las­sen – mit
dem Er­folg, daß Rie­sen­feld ihm einen här­te­ren Schlag ver­set­zen konn­te –, er trägt
so­gar ein wei­ßes, neu­es Hemd – aber al­les, was er da­mit er­reicht hat, ist, daß
sich das Blut nur

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