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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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wür­den ir­gend­wann ein­mal wie­der
auf­ge­wer­tet wer­den. Wo­her das Ge­rücht kam, weiß kein Mensch. Nir­gend­wo auf
ih­nen steht, daß sie in Gold aus­zahl­bar sind, und selbst wenn es da­stün­de: der
Staat, die­ser im­mu­ne Be­trü­ger, der selbst Bil­lio­nen un­ter­schlägt, aber je­den,
der ihm nur fünf Mark ver­un­treut, ein­sperrt, wür­de schon einen Kniff fin­den,
sie nicht aus­zu­zah­len. Erst vor­ges­tern hat in der Zei­tung ei­ne Er­klä­rung
ge­stan­den, daß sie kei­ne Vor­zugs­be­hand­lung ge­nie­ßen wür­den. Da­für steht heu­te
die To­des­an­zei­ge Hopfs drin.
    Aus der Werk­statt des
Sarg­tisch­lers Wil­ke dringt Klop­fen, als hau­se dort ein rie­si­ger fröh­li­cher
Specht. Wil­kes Ge­schäft blüht; einen Sarg braucht schließ­lich je­der, so­gar ein
Selbst­mör­der – die Zeit der Mas­sen­grä­ber und der Be­er­di­gun­gen in Zelt­bah­nen ist
seit dem Krieg vor­bei. Man ver­fault wie­der stan­des­ge­mäß, in lang­sam morsch
wer­den­dem Holz, im To­ten­hemd oder im Frack oh­ne Rücken und im To­ten­kleid aus
weißem Crê­pe de Chi­ne. Der Bäcker­meis­ter Nie­buhr so­gar im Schmuck al­ler sei­ner
Or­den und Ver­eins­ab­zei­chen; sei­ne Frau hat dar­auf be­stan­den. Auch ei­ne Ko­pie
der Ver­eins­fah­ne des Ge­sang­ver­eins Ein­tracht hat sie ihm mit­ge­ge­ben. Er war
dort zwei­ter Te­nor. Je­den Sams­tag brüll­te er das «Schwei­gen im Wal­de» und
«Stolz weht die Flag­ge schwar-zweiß-rot», trank ge­nug Bier, um fast zu plat­zen,
und ging dann nach Hau­se, sei­ne Frau zu ver­prü­geln. Ein auf­rech­ter Mann, wie
der Pas­tor am Gra­be sag­te.
    Hein­rich
Kroll ver­schwin­det zum Glück um zehn Uhr, mit Fahr­rad und ge­streif­ter Ho­se, um auf
die Dör­fer zu ge­hen. So viel fri­scher Gra­nit macht sein Kauf­manns­herz un­ru­hig;
er muß los, ihn an die trau­ern­den Hin­ter­blie­be­nen zu brin­gen.
    Wir
kön­nen uns jetzt frei­er ent­fal­ten. Zu­nächst ma­chen wir ei­ne Pau­se und wer­den
von Frau Kroll mit Le­ber­wurst­but­ter­bro­ten und Kaf­fee er­quickt. Li­sa er­scheint
am Hof­tor. Sie trägt ein knall­ro­tes Sei­den­kleid. Die al­te Frau Kroll
ver­scheucht sie mit ei­nem Blick. Sie kann Li­sa nicht aus­ste­hen, ob­schon sie
kei­ne Kir­chen­läu­fe­rin ist.
    «Die­se
dre­cki­ge Schlam­pe», er­klärt sie ziel­si­cher.
    Ge­org
fällt prompt dar­auf her­ein. «Dre­ckig? Wie­so ist sie dre­ckig?»
    «Sie
ist dre­ckig, siehst du das nicht? Un­ge­wa­schen, aber einen Sei­den­fet­zen
dar­über.»
    Ich
se­he, daß Ge­org un­will­kür­lich nach­denk­lich wird. Dreck hat kei­ner gern an der
Ge­lieb­ten, wenn er nicht de­ka­dent ist. Sei­ne Mut­ter hat ei­ne Se­kun­de lang ei­ne
Art Tri­umph­blitz im Au­ge; dann wech­selt sie das The­ma. Ich schaue sie
be­wun­dernd an; sie ist ein Feld­herr mit mo­bi­len Ein­hei­ten – schlägt rasch zu,
und wenn der Geg­ner sich lang­sam zur Wehr an­schickt, ist sie schon ganz
wo­an­ders. Li­sa mag schlam­pig sein; aber auf­fal­lend dre­ckig ist sie be­stimmt
nicht.
    Die
drei Töch­ter des Feld­we­bels Knopf schwir­ren aus dem Hau­se. Sie sind klein,
rund­lich und flink, Nä­he­rin­nen wie ih­re Mut­ter. Den gan­zen Tag sur­ren ih­re
Ma­schi­nen. Jetzt zwit­schern sie da­von, Pa­ke­te mit un­er­schwing­lich teu­ren
sei­de­nen Hem­den für die Schie­ber in ih­ren Hän­den. Knopf, der al­te Mi­li­tär, gibt
von sei­ner Pen­si­on kei­nen Pfen­nig an den Haus­halt ab; da­für ha­ben die vier
Frau­en zu sor­gen.
    Vor­sich­tig
pa­cken wir un­se­re bei­den schwar­zen Kreuz­denk­mä­ler aus. Ei­gent­lich soll­ten sie
im Ein­gang ste­hen, um einen rei­chen Ef­fekt zu ma­chen, und im Win­ter hät­ten wir
sie auch da­hin ge­stellt; aber es ist Mai, und so son­der­bar es auch sein mag: un­ser
Hof ist ein Tum­mel­platz der Kat­zen und der Lie­ben­den. Die Kat­zen schrei­en
be­reits im Fe­bru­ar von den Hü­gel­stei­nen her­ab und ja­gen sich hin­ter den
Gra­bein­fas­sun­gen aus Ze­ment – die Lie­ben­den aber stel­len sich prompt ein, wenn
es warm ge­nug ist, im Frei­en zu lie­ben – und wann ist es da­zu zu kalt? Die
Ha­ken­stra­ße ist ab­ge­le­gen und still, un­ser Hof­tor ein­la­dend und der

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