Emerald: Hörspiel
nichts im Leben hält, was es verspricht. Man wird immer wieder enttäuscht, nicht wahr?«
Kate konnte es nicht fassen. War dies das Ende? Hatte Dr. Pym die Schlacht wirklich verloren?
Die Gräfin wandte sich wieder dem Tisch zu, legte das Buch ab und schenkte sich ein Glas Wein ein. Sie summte vor sich hin. Augenscheinlich hatte sie vor, ihren Triumph in vollen Zügen auszukosten.
»Ich weiß, was Sie denken, mein lieber Doktor: Wie wird mein Meister reagieren, wenn er erfährt, dass ich ihm seine Beute stehlen will? Nun, er wird nicht erfreut sein, das kann ich Ihnen versichern. Aber keine Sorge: Wenn ich diesen Seiten erst einmal ihr Geheimnis entrissen habe, werde ich so mächtig sein wie er.«
»Sie sind eine Närrin, Sie alte Vettel!«
Die Gräfin machte einen Schmollmund. »Das war aber gar nicht nett.«
»Sie haben keine Vorstellung von seiner Macht. Oder – wenn ich so sagen darf – von meiner.«
»Ach Alterchen, wenn Sie versuchen, mich so wütend zu
machen, dass ich Sie schnell töte, dann kann ich Ihnen versichern : Es funktioniert nicht.«
Zu Kates Verblüffung lächelte Dr. Pym. »Glauben Sie wirklich, dass er nicht weiß, was Sie vorhaben? Glauben Sie, dass Sie auch nur einen einzigen Gedanken denken können, den er nicht vorausgesehen hat? Sie waren von Anfang an verdammt.«
Ein Anflug von Angst zuckte über das Gesicht der Gräfin. Aber sie schüttelte ihn ab.
»Meine Güte, was sind Sie komisch! Ist er nicht komisch? Aber ich glaube, Sie kleiner Komiker mit den komischen Augenbrauen – die Sie wirklich einmal stutzen könnten, quelle horreur ! –, Sie vergessen wohl, dass ich mehr habe als die Chronik. Ich habe das Mädchen. Schon bald werde ich auch ihren Bruder und ihre Schwester haben. Und mit ihnen die anderen Bücher und dann wird sich sogar mein Meister vor mir verneigen. Die Prophezeiung erfüllt sich, mon oncle , und es gibt nichts, was Sie oder er dagegen tun könnten.«
Sie hob ihr Glas und prostete ihm zu. Dann leerte sie es in einem Zug.
Kates Gedanken rasten. Eine Prophezeiung? Was für eine Prophezeiung? Und was meinte die Gräfin damit, sie würde schon bald ihren Bruder und ihre Schwester haben – und mit ihnen die anderen Bücher? Ihr war plötzlich schwindelig, als ob sie – trotz des Zaubers der Gräfin – jeden Moment zu Boden fallen würde.
»Ach, mein Lämmchen, ich sehe, wie verwirrt du bist! Hat der böse alte Zauberer dir nicht verraten, was das Schicksal mit dir vorhat?« Tadelnd drohte sie Dr. Pym mit dem Zeigefinger. »Schämen Sie sich, das arme Mädchen so im Unklaren zu lassen. «
»Hexe, ich verbiete … !«
»Sie verbieten mir?! Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! Nein, nein, es wird höchste Zeit, dass Katherine erfährt, warum sie und ihre Geschwister Kinder des Schicksals sind. Ich wette, Sie haben ihr noch nicht einmal erzählt, wozu das Buch in der Lage ist! Nun, mein Täubchen«, sagte sie, tänzelte durch den Raum und beugte sich zu Kate vor, als ob sie zwei Schulmädchen wären, die Geheimnisse austauschten, »kannst du dich an das erinnern, was ich dir über die Geschichte der Chroniken vom Anbeginn erzählte? Dass es drei Bücher gab, in denen ein Rat aus Zauberern die Geheimnisse verewigte, denen unsere Welt ihre Existenz verdankt? Versuche erst gar nicht zu nicken, das könntest du sowieso nicht. Ich sehe es in deinen Augen, dass du dich erinnerst.
Nun, mon ange , lassen wir unserer Fantasie einmal freien Lauf: Wenn mit dieser Magie einstmals die Welt erschaffen wurde, könnte man sich doch mit Fug und Recht fragen, warum man sich diese Magie nicht erneut zunutze machen könnte. Und stell dir vor: Man kann! Das ist das Reizvolle an der Sache! Mit der Macht, die den Chroniken vom Anbeginn innewohnt, kann man einfach alles, was existiert, ausradieren, wie eine schlechte Zeichnung, und noch einmal ganz von vorne anfangen!«
»Und nur ein Wahnsinniger käme überhaupt auf diese Idee! «, rief Dr. Pym.
Die Gräfin verdrehte die Augen. »War er schon immer so nervtötend?«, fragte sie, zu Kate gewandt. »Natürlich würde niemand die Welt einfach aus Jux zerstören! Obwohl man es könnte. Wenn man sich zum Beispiel eine Welt wünscht, in der alle Menschen rote Hüte tragen, dann könnte man mit der Macht der Bücher einfach die existierende verschwinden lassen
und eine neue erschaffen, wo rote Hüte der letzte Schrei sind. Oder grüne Hüte oder blaue oder welche Farbe man auch immer vorzieht!«
»Ganz und gar wahnsinnig«, sagte Dr.
Weitere Kostenlose Bücher