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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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der Anführer wäre, und Michael meinte, Emma könne den Kompass tragen, was sowieso alles war, was sie hatte erreichen wollen.
    In den nächsten Stunden entdeckten sie ein Musikzimmer mit einem alten Klavier, das dringend hätte gestimmt werden müssen; einen Ballsaal mit von Spinnweben überzogenen Kronleuchtern, die man von der Decke abgelassen hatte und die nun wie abgehackte Köpfe auf dem Boden lagen; ein Hallenbad mit einem leeren Becken; eine zweistöckige Bibliothek mit einer Schiebeleiter, die krachend in sich zusammenstürzte, als Emma sie anschubste; ein Spielzimmer mit einem Billardtisch, in dessen Taschen eine Mäusefamilie lebte, und ein Schlafzimmer nach dem anderen.

    Sie schafften es gerade noch rechtzeitig zum Mittagessen in die Küche, wo ihnen Miss Sallow Truthahnsandwiches vorsetzte, Pommes Frites und – damit sich die königlichen Hoheiten von Frankreich auch zu Hause fühlten – gebackenen Camembert mit Preiselbeeren. Nach dem Mittagessen beschlossen die Kinder, sich den Wasserfall anzusehen, der dem Dorf seinen Namen gegeben hatte. Und so verließen sie gut gelaunt und gesättigt das Haus und marschierten über die schmale Brücke und durch den Schnee am Rand der Schlucht. Es dauerte nicht lange, da hörten sie ein Rumpeln, und als sie über eine kleine Anhöhe kamen, endete der Weg vor ihnen urplötzlich an einer steilen Klippe. Die Kinder schauten über ein ausgedehntes Becken. In der Ferne sahen sie die blaugraue Fläche des Lake Champlain. Westport wirkte von hier aus wie ein dunkler Knoten, der sich an die Küste schmiegte. Und da, gerade unter ihnen, schoss der Fluss aus der Schlucht und stürzte in die Tiefe. Es war schwindelerregend, hier über dem donnernden Wasser zu stehen und die kalte Gischt auf dem Gesicht zu spüren.
    Michael beugte sich vor und machte ein Foto von dem sprudelnden Wasser unter ihnen.
    Lange Zeit lagen die Kinder bäuchlings im Schnee und schauten zu, wie der Fluss über die Klippe stürzte. Kate fühlte, wie der Schnee schmolz und ihren Mantel durchnässte, aber sie hatte keine Lust, sich zu bewegen. Das Gefühl einer drohenden Gefahr, das sie bei ihrer Ankunft verspürt hatte, war nicht verschwunden. Sie hatte so viele Fragen. Was war hier passiert? Warum gab es keine Bäume mehr? Warum waren die Menschen so abweisend? Warum hatten sie die Berge von Westport aus nicht sehen können? Wer war dieser geheimnisvolle Dr. Pym? Und vor allem: Warum gab es hier nirgends Kinder?

    »Also gut, Team.« Michael stand auf und fegte sich den Schnee vom Mantel. »Wir sollten heimgehen.« Seit er der Anführer geworden war, redete er Kate und Emma nur noch mit »Team« an. »Ich will mir vor dem Abendessen noch ein paar Räume anschauen. Und ich habe gehört, wie Miss Sallow etwas von einer Hackfleischpastete gesagt hat.«
    Zurück im Haus, entdeckten sie noch einen Raum voller Uhren, einen anderen ohne Zimmerdecke und einen dritten, der keinen Boden hatte. Und dann stießen sie auf den Saal mit den Betten.
    Er befand sich im Erdgeschoss, am südwestlichen Ende des Gebäudes. In dem Saal standen mindestens sechzig alte Bettgestelle aus Metall, fein säuberlich in Reihen. »Das ist ein Schlafsaal«, sagte Michael. »Wie in einem echten Waisenhaus.« Aber als sie die Vorhänge zurückzogen, sahen die Kinder, dass die Fenster vergittert waren. Sie blieben nicht lange in diesem Raum.
    Es war schon fast Zeit für das Abendessen, als sie eine Treppe hinuntergingen und durch eine halb verfaulte Holztür in einen Weinkeller kamen. Die Luft war kalt und muffig. Die Strahlen ihrer Taschenlampen zuckten über unzählige leere Weinregale.
    Michael entdeckte an der hinteren Wand des Kellers einen schmalen Gang und folgte ihm, bis er an einer Backsteinmauer endete. Er wandte sich gerade um, als Kate und Emma hinter ihm auftauchten.
    »Was hast du da gefunden?«, fragte Emma.
    »Nichts.«
    »Wo führt die hin?«
    »Wo führt was hin?«
    »Bist du blind? Die da!«

    Michael drehte sich um. Wo eben noch eine massive Mauer gestanden hatte, war nun eine Tür. Er merkte, wie ihm der Atem stockte und sein Herz anfing, schneller zu schlagen.
    »Was ist los?«, fragte Kate.
    »Nichts, bloß …« Er bemühte sich um eine ruhige Stimme. »Die Tür war eben noch nicht da.«
    »Was?!«
    »Er will uns auf den Arm nehmen«, sagte Emma. »Das gehört zu diesem Entdeckerquatsch, von wegen Zwerge gibt es wirklich und der ganze andere todlangweilige Mist. Traurig, aber wahr.«
    »Stimmt das?«, fragte

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