Emerald: Hörspiel
schüttelte den Kopf. Von der Gräfin und ihren Kreischern hatten sie erst in der Vergangenheit erfahren.
»Erzählt mir von dem Buch.«
Mit Unterstützung von Emma und Michael, die hier und da Bemerkungen einflochten und Details erklärten, erzählte sie, wie sie zu dritt das Haus erkundet hatten und im Weinkeller auf die Tür gestoßen waren, die in den unterirdischen Arbeitsraum führte, in dem Michael das Buch entdeckt hatte.
»Wir hielten es für Dr. Pyms Arbeitszimmer oder etwas Ähnliches«, sagte Emma.
»Dr. Pym?«
»Ja. Er leitet das Waisenhaus. Er ist angeblich ein Zauberer. Aber mehr als ein Feuer hat er noch nicht herbeigezaubert.«
»Ist euer Dr. Pym vielleicht ein alter Mann mit dicken weißen Augenbrauen?«
»Ja!«, rief Emma aus. »Kennen Sie ihn?«
Der Mann überging die Frage. »Erzählt weiter.«
Und so berichtete Kate, wie sie das erste Mal in die Vergangenheit gereist waren und dabei erlebt hatten, wie er versuchte, die Gräfin zu töten. Sie erzählte, dass Michael versehentlich zurückgeblieben und sie und Emma sich ein neues Foto von Abraham besorgt hatten, um ihn zu retten.
»Und dann gingen wir wieder in die Vergangenheit …«
»Du hast etwas ausgelassen.«
»Nein, habe ich nicht.«
»Du lügst.«
»Das tut sie nicht«, sagte Emma. »Ich war da. Ich weiß, was passiert ist.«
»Dann gibt es etwas, das sie dir nicht erzählt hat.«
Kate sah, dass Emma sie verwirrt und fragend ansah. Sie hatte diesen Punkt übergehen wollen. Er machte ihr Angst, und sie wollte nicht, dass Michael und Emma von dieser Angst erfuhren. Aber der Mann ließ ihr keine andere Wahl. Und so erzählte Kate mit rasendem Herzen, wie sie ihre Hand auf die leere Buchseite gelegt und welche Visionen sie gesehen hatte. Sie erzählte auch von der Schwärze, die durch ihre Finger geglitten war.
Emma und Michael starrten sie mit offenen Mündern an. »Du hast Drachen gesehen?«, fragte Michael nach Luft schnappend. »Kämpfende Drachen?«
»Was meinst du, was dieses schwarze Zeug war?«, fragte Emma. »Vielleicht so was wie Tinte? Magische Tinte? Und warum hast du uns nichts davon erzählt?«
Kate wollte erklären, dass sie nicht gewusst hatte, was das alles bedeuten sollte, dass sie ihren Geschwistern keine Angst hatte machen wollen …
Aber der Mann fiel ihr ins Wort und verlangte, sie solle weitererzählen. Er betrachtete sie nun sehr genau.
Kate merkte, wie Michael sich verkrampfte, als sie von ihrer Gefangennahme durch den Sekretär der Gräfin erzählte und seinem Verrat an den Schwestern. Und obwohl sie um seinetwillen die Sache so weit wie möglich beschönigte, blitzten die Augen des Mannes auf.
»Du hast der Hexe geholfen, deine Schwestern zu täuschen und gefangen zu nehmen?«
Kate sah, wie Michael den Mund aufmachte. Sie konnte die Argumente, die sich auf seinen Lippen sammelten, förmlich sehen, die Erklärung, warum ihm damals seine Handlungsweise als die einzig vernünftige erschienen war. Aber schließlich seufzte er nur und schaute auf die Tischplatte.
»Ja.«
Ein Geräusch, fast eine Art Knurren, entschlüpfte der Kehle des Mannes.
»Wir haben ihm vergeben«, sagte Kate schnell.
Sie fuhr fort, erzählte, dass das Buch verschwunden war, kurz nachdem es die Gräfin an sich genommen hatte, dass sie die Geschwister zu den anderen Kindern gesperrt hatte, wo sie von Abraham entdeckt und durch den Geheimgang ins Freie geschmuggelt worden waren. Nachdem sie von ihrer Flucht durch den Wald und dem Heulen der Wölfe berichtet hatte, verstummte sie. Den Rest kannte er.
Der Mann nahm eine Brotkruste und tunkte sie in den Honigtopf.
Kate fühlte sich völlig ausgelaugt. Die Schilderung der Ereignisse war nicht einfach gewesen. Sie schaute den Mann an. Er kaute und dachte über das Gehörte nach. Ihr Blick wanderte zu
seiner Narbe. Sie setzte etwa zwei Zentimeter unterhalb seines Auges an und verlief in einer Zickzacklinie bis zu seinem Kiefer. Die Narbe verlieh seinem Gesicht etwas Brutales. Aber trotzdem fand Kate, dass er unfassbar gut aussah. Ihr Gesicht wurde heiß und sie starrte zu Boden. Was war los mit ihr? Hier saß sie, gefangen in der Vergangenheit, verfolgt von Gott weiß wie vielen Kreischern, und alles, woran sie denken konnte, war, wie attraktiv dieser Mann war!
»Erzählen Sie uns auch Ihre Geschichte?«, fragte Emma. »Bitte!«
Kate und Michael sogen hörbar den Atem ein.
»Was?«, fragte Emma.
»Du hast ›bitte‹ gesagt«, erklärte Michael.
»Ja und?«
»Du sagst
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