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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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getötete Graf Appiani, die entführte Emilia, aber auch deren Mutter und Vater. Täter sind der die Verantwortung tragende Prinz, sein teuflischer Berater und dessen kriminelle Helfershelfer.
    Einer weiteren Entehrung, die sie erlitte, wenn sie die Stelle der Gräfin Orsina einnähme, will sich Emilia unter allen Umständen entziehen. Indem der Vater seine Tochter tötet, rettet er sie vor der Schande und vor dem Verlust des ewigen Seelenheils. Er selbst macht sich gemäß den irdischen Gesetzen schuldig, baut aber auf den Ausgleich durch den ewigen Richter.

Personenkonstellation

4. Die Struktur des Werks
    Emilia Galotti
gilt bis heute als ein »Meisterstück« 5 des bürgerlichen Trauerspiels. Von dieser Gattung, die zwischen 1750 und 1850 sehr geschätzt war, haben sich nur wenige Beispiele auf der Bühne halten können. Es sind dies – außer
Emilia Galotti – Miss Sara Sampson
, ebenfalls von Lessing,
Kabale und Liebe
von Friedrich Schiller und
Maria Magdalena
von Friedrich Hebbel 6 . Der Literat und Kritiker August Wilhelm Schlegel sah in
Emilia Galotti
»ein gutes Exempel der dramatischen Algebra« und gab vor, »dieses in Schweiß und Pein producirte Stück des reinen Verstandes« 7 durchaus zu bewundern. Doch ist der kritische Ton nicht zu überhören. Ihm mangelt es bei dem Drama an Poesie. Ganz anders sieht das Gustav Freytag in seinem Werk
Die Technik des Dramas
, in dem er mehrfach
Emilia Galotti
als Beispiel einer vollendeten Dramentechnik anführt:
    »Der Dichter der Gegenwart ist geneigt, mit Verwunderung auf eine Methode der Arbeit hinabzusehen, welche den Bau der Scenen, die Behandlung der Charaktere, die Reihenfolge der Effecte nach einem überlieferten System fester technischer Regeln einrichtete. Leicht dünkt uns solche Beschränkung der Tod eines freien künstlerischen Schaffens. Nie war ein Irrthum größer. Grade ein ausgebildetes System von Detailvorschriften, eine sichere in nationaler Gewohnheit wurzelnde Beschränkung in Wahl der Stoffe und Bau der Stücke sind zu verschiedenen Zeiten die beste Hülfe der schöpferischen Kraft gewesen«.
    Die Struktur des Trauerspiels kann Einblick in die Arbeitsweise des Dramatikers Lessing geben.
    Emilia Galotti
bietet in fünf Akten eine in sich abgeschlossene Handlung. Nach einer kurzen Einführung beginnt eine Ereignisfolge, die einem Höhepunkt zustrebt und mit einer Katastrophe endet. Diese Ereignisfolge beginnt am frühen Morgen und ist am späten Nachmittag abgeschlossen. So wird der Schein eines natürlichen Zeitablaufs geweckt. Der Autor wahrt die Einheit der Zeit .
    Er lässt die Geschichte in einem Kleinstaat spielen. Die Entfernungen in der Residenzstadt sind gering. Das Schloss, die Wohnung der Galotti und die Kirche der Dominikaner liegen nah beieinander. In kaum einer Stunde kann der Prinz sein Lustschloss, in wenig mehr Odoardo sein Landgut erreichen. So entsteht auch in räumlicher Hinsicht ein Eindruck der Geschlossenheit des Ortes .
    Die Einheit der Handlung ist schon dadurch gewahrt, dass es in dem ganzen Stück allein um das Begehren des Prinzen und die Abwehr Emilias geht.
    Aus der Exposition , der Einführung des Zuschauers in die Ausgangssituation der Personen, in Zeit und Ort der Handlung und in die Grundstimmung, erfährt das Publikum, dass ein regierungsunwilliger junger Fürst ganz von einer Emilia Galotti eingenommen ist (I,1), die er einige Wochen zuvor bei einer Abendgesellschaft (I,4) kennen gelernt hat, von der etwas später auch die Mutter dieser Emilia berichtet (II,4). Alles, was man von der Vorgeschichte zusätzlich wissen muss, wird vor Augen geführt, wenn der Maler Conti die Bilder der ehemaligen Mätresse Orsina und der jetzt begehrten Emilia präsentiert (I,3–5).
    Wirkungsvoll ist gleich der »erste Accord nach Eröffnung der Bühne« 8 , wenn der Prinz allein durch den Namen Emilia von den Dienstgeschäften abgelenkt wird und einen Brief der Gräfin Orsina »nimmt […] und wieder wegwirft« (I,1).
    Als erregendes Moment wird im Drama die Stelle angesehen, an der die Konfliktlage deutlich wird, »wo in der Seele des Helden ein Gefühl oder Wollen aufsteigt, welches die Veranlassung zu der folgenden Handlung wird« 9 . Der Augenblick ist erreicht, als der Prinz erfährt, dass Emilia noch am gleichen Nachmittag mit Graf Appiani vermählt werden und dann mit diesem nach Piemont ziehen soll. Will der Prinz Emilia für sich gewinnen, ist Eile geboten.
    Es beginnen zwei Handlungsstränge . Der erste ist kurz

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