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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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Staatsoberhaupt, entgegenzutreten: »Nach dem Blicke, mit dem ich ihn erkannte, hatte ich nicht das Herz, einen zweiten auf ihn zu richten« (II,6). Es muss unentschieden bleiben, ob hier das Herz, das Blut, die Sinne angerührt wurden oder ob der Verstand versagte, der eine Entscheidung nach den Regeln der Sitte, der Moral und der Lebensklugheit hätte durchsetzen müssen. Weil Emilia nicht bewusst und verantwortlich zu handeln gelernt hat, wird sie Opfer.
    Dass sie dazu werden kann, ist dadurch vorgeprägt, dass sie lange Zeit nur Objekt anderer und nie Subjekt eigener Entscheidungen war. Von einem rauen Vater wurde sie streng erzogen; der Mutter folgte sie in blindem Gehorsam; vom Maler Conti wurde sie gemalt; von Graf Appiani wurde sie »gefunden«, – er will »eine fromme Frau« an ihr »haben« (II,7) – nur ein Marinelli kann meinen, dass sie, Emilia, ihn, den Grafen, »in ihre Schlinge zu ziehen gewusst« (I,6) habe. Glaubhafter ist die Charakterisierung der Mutter, dass Emilia »die Furchtsamste und Entschlossenste unsers Geschlechts« (IV,8) sei. Ihre Furchtsamkeit bestimmt sie bis zu dem Augenblick, in dem sie »nicht ohne Sträuben« (III,5) in die Privatzimmer des Prinzen abgeführt wird. Als sie etwas später ihren Vater trifft, ist sie entschlossen, das ausweglos erscheinende Leben zu beenden. Der Todeswunsch ist ihre eigene Entscheidung; im Tod erst erreicht sie Souveränität.
Die Personenkonstellation
    Der Prinz Hettore Gonzaga liebt Emilia Galotti, Tochter eines Obersten außer Dienst, und möchte diese »besitzen« (I,5). Emilia, von den Lehren der Religion geprägt und nach bürgerlichen Wertvorstellungen erzogen, tut alles, um aus »den Händen [des] Räubers« zu »fliehen« (V,7). Von dem Gegensatz Fürst – Emilia und von den gegenläufigen Handlungen, einerseits »besitzen« und andererseits »fliehen« zu wollen, ist das ganze Stück bestimmt.
    Die übrigen Personen sind den Lebenskreisen dieser beiden Hauptpersonen zuzuordnen; sie wirken offen oder verdeckt, direkt oder indirekt am Gelingen oder Misslingen der Absichten des Prinzen und an der Gewinnung oder der Bewahrung von Emilias Lebensentscheidung mit.
    Der Fürst steht an der Spitze des Hofes. Zur höfischen Welt gehören der adlige Kammerherr Marinelli und der Rat Camillo Rota, der aus dem Bürgerstand stammt. Auf den Hof ausgerichtet ist aber auch Conti, der freie Künstler, der gern für den Fürsten und dessen Galerie arbeitet. Gräfin Orsina, ebenfalls adlig, spielte eine Rolle am Hof, solange sie die Mätresse des Prinzen war.
    Emilia Galotti steht für die antihöfische Welt. Der soziale Stand der Galottis ist zwar schwer bestimmbar; doch ist die Familie Galotti ganz zweifellos von bürgerlichen Vorstellungen geprägt. Emilia besucht als streng gläubige Katholikin täglich die Messe und lässt sich von den bürgerlichen Tugenden leiten, vor allem von der des Gehorsams. Darin wird sie unterschiedlich nachdrücklich von Odoardo und Claudia, den Eltern, angeleitet. Odoardo Galotti war einst in Diensten des Fürsten, blieb aber in kritischer Distanz und steht, seit er den Dienst quittiert hat, in direkter Gegnerschaft zum Prinzen.
    Appiani gehört als wohlhabender Graf dem Adel an und ist dem Fürsten zu Diensten bereit, sofern diese erwünscht und ehrenhaft sind. Er hat jedoch Emilia für sich entdeckt, will sie heiraten und dann mit ihr »nach seinen Tälern von Piemont« (I,6) ziehen. Er will also Stadt und Hof verlassen – entweder gemäß eigenen Wünschen oder aus der Einsicht, dass ihm nach der Heirat mit Emilia der Hof und die »Zirkel der ersten Häuser […] verschlossen« (I,6) sind. Unübersehbar ist jedoch, dass er Emilia liebt, seine künftigen Schwiegereltern schätzt und trotz des Standesunterschieds deren Welt- und Lebensanschauungen teilt.
    Der Ausgangspunkt aller Handlungen im Stück ist der Prinz. Der von ihm begehrte Wert ist Emilia. Marinelli, sein Kammerherr, soll den Weg bereiten. Ihm überlässt er die Planung; ihm lässt er »freie Hand« (I,6) und genehmigt ihm im Voraus alles, was er tut. Marinelli spannt in die Intrige seine Bediensteten und Helfer aus dem kriminellen Milieu ein.
    Erstes Opfer der Intrige wird Graf Appiani. Ein weiteres Todesopfer ist Nicolo. Emilia wird zwar dem Prinzen im Lustschloss zugeführt, doch ihre Distanz zum Prinzen ist größer als jemals zuvor. Als das ganze Ausmaß der Intrige erkennbar wird, kann man deutlich zwischen Tätern und Opfern unterscheiden. Opfer sind der

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