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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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und ohne jeden Erfolg, indem nämlich der Prinz selbst durch Einflüsterungen in der Kirche und eine Unterredung nach der Messe Emilia für sich gewinnen will. Auch eine spätere persönliche Begegnung des Prinzen mit Emilia ist für diesen erfolglos. Der zweite Strang ist der mehrstufige Versuch Marinellis, Emilia in die Hände des Prinzen zu treiben. Auch hier misslingt ein erster Plan, nämlich den Bräutigam auf gemeine, aber legale Art zur Verschiebung des Hochzeitstermins zu veranlassen. Erst dann beginnt die eigentliche Intrige , »ein raffiniert ausgedachtes, hinterrücks durchgeführtes Manöver mit dem Ziel, den Gegner zu übertölpeln« 10 . Sie bildet die Hauptaktion des Stücks. In der Tragödie gehen solche Intrigen häufig von der moralisch schwächeren Seite aus und scheitern gewöhnlich. Marinelli glaubt zwar kurzzeitig, sein Plan sei aufgegangen, als Emilia ins Lustschloss gebracht wird. Tatsächlich wird in der Szene, in der sich Emilia und der Prinz begegnen und die den Höhepunkt der dramatischen Entwicklung überhaupt ausmacht, klar, dass der Prinz nie und nimmer mit der Gegenliebe Emilias rechnen kann. Die Erwartungen Marinellis, dass es der Prinz ziemlich weit »unter vier Augen mit ihr bringt« (III,5), erfüllen sich nicht. Der Prinz scheitert.
    Damit ist die Peripetie erreicht, der »Umschlag des Geschehens […] in das Gegenteil von dem, was die Situation vorher bestimmte« 11 . Der Abstieg ins Unglück beginnt – für Claudia (»Ich unglückselige Mutter«, III,8), den Vater (»Dein […] unglücklicher Vater«, V,8), für Emilia, aber auch für den Prinzen, der am Schluss erkennen muss, dass er »zum Unglücke so mancher« (V,8) beigetragen hat.
    Der Umschlag des Geschehens ist verbunden mit einem »Umschlag des Nichtwissens […] ins Wissen« 12 , einer Anagnorisis , wie der Fachausdruck bei Aristoteles heißt. Claudia erkennt zuerst, welchem »Bubenstück« (III,8) ihre Familie zum Opfer fiel; der Prinz erkennt, dass er in ein »Verbrechen« (IV,1) eingebunden ist; Odoardo erfährt von Orsina die Einzelheiten der Tatbestände »Meuchelmord« und »Entführung« (IV,8).
    Die Katastrophe , der traurige Endpunkt der Handlung, kommt »nicht überraschend« und wird vom Zuschauer »voraus empfunden« 13 . Trotzdem hat die Schlusshandlung für gewöhnlich noch ein Moment der letzten Spannung . Nachdem deutlich geworden ist, dass der Prinz nicht bereit ist, Emilia freizugeben, fragt sich Odoardo: »Was will ich denn für sie tun?« (V,6). Der Zuschauer mag bei sich einige Lösungen durchdenken, die vom gewaltsamen Befreiungsversuch bis zur verzweifelten Selbsttötung reichen könnten. Kaum jemand dürfte erwarten, dass der Vater seine Tochter im nächsten Auftritt umbringt. Dies aber ist die eigentliche Katastrophe.
    Lessings Drama hinterlässt den Eindruck innerer Geschlossenheit. Der zweimalige Ortswechsel bereitet keine Probleme und ist durch einfache Kulissen deutlich zu machen. Schwieriger ist, solche Zwischenhandlungen, die nicht auf der Bühne gezeigt werden, gedanklich zu ergänzen. Dass Odoardo nach seinem Besuch in der Stadt auf sein Landgut zurückreitet und von dort zum Lustschloss zurückgeholt wird, muss vom Zuschauer erschlossen werden. Auch Marinellis Vorbereitungen für den Überfall auf die Hochzeitskutsche bleiben im Hintergrund. Von den verschiedenen Fahrten, die alle im Lustschloss des Prinzen enden und alle von unterschiedlichen Erwartungen geprägt sind – der Prinz erwartet anderes als Orsina, Marinelli plant anderes als die Hochzeitsgesellschaft –, erfährt man nur beiläufig etwas. Der Überfall wird dem Zuschauer allein durch den »Schuss […] von weitem« (III,1), also aus dem Hintergrund der Bühne, bewusst gemacht. Allerdings weiß er, dass Marinelli etwas vorbereitet hat, wodurch Emilia in die »Gewalt« (III,1) des Prinzen gelangt. Der Schuss ist der hörbare Hinweis auf eine verdeckte Handlung, deren Einzelheiten erst später klar werden. Eine besondere Herausforderung besteht darin, Gespräche und Handlungen gedanklich durchzuspielen, die zwischen Emilia und dem Prinzen ablaufen, nachdem Emilia dem Prinzen »nicht ohne Sträuben« (III,5) gefolgt ist, und zwischen ihr und der Mutter, die sich gewaltsam zu der Tochter durchgearbeitet hat (III,8), ehe sie dann »so ruhig« (V,7) vor den Vater tritt.

Die Struktur

6. Interpretation
Tragödie oder Trauerspiel
    In den Briefen, in denen Lessing sich anfänglich über die Entstehung eines neuen Theaterstücks

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