Emilia - Herzbeben
hinunter und seufzte. Dann umfasste sie den Griff des Messers und zog es sich einfach aus dem Leib. Alle sahen sie dabei entsetzt an und wichen zurück. Dann wandte sich Malina wütend um, drehte das Messer in ihrer Hand, holte aus und schmiss es quer durch den Raum auf Jona zu. Es stach mit einem lauten Knall nur wenige Zentimeter neben seinem Gesicht direkt in die Wand und blieb tief darin stecken. »Das Top war neu, du Bastard!«, schnauzte sie ihn an und zupfte ihr Oberteil zurecht.
Plötzlich fing Kell an zu lachen. Sie drehten sich alle zu ihm um und sahen, wie er sich die Scherben von der Jacke klopfte. »Nicht schlecht«, sagte er anerkennend. »Unerwartet. Kraftvoll. Aber etwas zu unorganisiert.« Dann hob er wütend den Blick. »Und jetzt sagt mir einer von euch auf der Stelle, woher ihr wisst, wie man Vampire tötet. Das hat in der Geschichte der Menschheit bisher nur eine herausgefunden und sie wurde auf Grund dieses Wissens getötet.«
Sie sahen ihn alle erschrocken an. Nadja dachte plötzlich an Alva. War sie diejenige, die als Einzige von dieser Schwachstelle der Vampire wusste? Hatte sie sich deshalb für tot erklären lassen, weil die Vampire es herausgefunden hatten? Sie war jedenfalls diejenige, die ihnen alles darüber beigebracht hatte. Worauf man genau zielen musste, wie fest man zuschlagen musste usw. »Undwer war das?«, fragte Nadja jetzt gerade heraus und sah Kell dabei fest in die Augen.
Er kam erneut auf sie zu. »Ihr Name«, sagte er, »war Aina Emgau.«
In diesem Moment zuckten Mias Freunde vor Schreck zusammen und blickten sich gegenseitig mit offen stehenden Mündern an. »Aina?«, fragte Jan und stellte sich neben Nadja. Sein Gesicht war ebenso vor Schreck erstarrt, wie die Gesichter der anderen, die den Namen schon einmal gehört hatten.
»Ja, und?«, rief Sylvia. Sie stand hinter der Couch, in sicherem Abstand zu Malina. »Wer soll das sein?«
Nadja und Jan blickten Kell ins Gesicht und sagten fast gleichzeitig: »Das ist Mias Mutter!«
Stille. Keiner ließ einen Ton verlauten. Es war so ruhig, dass man glaubte, sie hätten alle die Luft angehalten. Kells Augen rasten hin und her. Er schien zu überlegen. »Das kann nicht sein!«, rief Malina. Sie war immer noch wütend. »Sie ist ermordet worden. Vor über 16 Jahren. In dieser Stadt!«
»Sie ist vor über 16 Jahren für tot erklärt worden!«, klärte Jan die beiden auf. »Da war sie bereits schwanger. Danach hat sie ihre Identität geändert. Sie lebt. Und Mia ist ihre einzige Tochter.«
Kell wich von den beiden zurück. In seinem Gesicht war ein entsetzlicher Schrecken zu sehen. Er blickte ins Nichts und schien doch unzählige, präzise Bilder vor Augen zu haben. Erschreckende Bilder. Malina sah ihren Bruder mit aufgerissenen Augen an. »Sie ist seine Tochter«, hauchte sie. Kell nickte gedankenverloren.
»Wessen Tochter?«, fragte Nadja mit verwirrtem Gesicht.
Jetzt sahen sie beide wieder auf. »Recedere«, sagte Kell und verlor sich erneut für einen Moment in seinen Gedanken. »Mia ist Recederes Tochter. Sie ist …«, er sah sie einen nach dem anderen an, »das Kind des Teufels.« Er ließ ihnen einen Moment, bis diese Worte tatsächlich zu ihnen vorgedrungen waren, sie sie registrierten, wahrnahmen und mit entsetzten Gesichtern darauf reagierten. Und er brauchte auch selbst einen Moment, um diese Tatsache zu begreifen. So etwas hätte er niemals für möglich gehalten. Dann sagte er: »Wir haben ein gewaltigeres Problem, als wir dachten.«
23
Mia schrie vor Schmerzen. Es fühlte sich an, als würden ihre Organe zerreißen und all ihre Knochen brechen! Sie zog die Beine an, umfasste sie mit ihren Armen und drückte mit zusammengebissenen Zähnen ihren Kopf in den Sitz. Dann schrie sie erneut auf.
»Mia, tief durchatmen! Nicht wehren!«, rief Ramon und trat fester aufs Gaspedal. Er raste wie ein Irrer durch die Stadt und sah immer wieder besorgt zu Mia. Der Schweiß stand ihr im Gesicht und ihr Körper zitterte. Sie holte tief Luft und versuchte ihren Körper nicht zu verkrampfen, aber es gelang ihr nicht. Es waren höllische Schmerzen.
»Ich … verbrenne«, hauchte sie zitternd aus, schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und legte ihren heißen Kopf gegen die Scheibe.
Ramon sah sie wieder an. Ihr kamen vor Schmerzen die Tränen. Wütend nahm er einigen Autos die Vorfahrt, preschte in die Kurve und raste in das Viertel, in dem ihr Großvater lebte. Er konnte diesen Anblick nicht ertragen. Es zerriss ihn, sie
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