Emilia - Herzbeben
Was sagte er da? Seit Jahrhunderten? Dann reichte ihr auf einmal die Frau die Hand.
»Mein Name ist Malina«, sagte sie erfreut. »Mein Bruder und ich wurden von deinem Vater schon sehr früh erschaffen. Er ist für uns das Heiligste, das du dir vorstellen kannst. Niemand steht über ihm. Auch Angor nicht. Es ist unsere Pflicht und es ist uns eine Ehre, dich – seine Tochter – mit unserem Leben zu beschützen.« Sie sah Mia ehrfürchtig an und neigte den Kopf. Kell tat es ihr gleich.
Mia spürte die Blicke all der Jugendlichen auf sich und wurde vor Verlegenheit rot. Sie konnte nicht glauben, dass sich die beiden gerade tatsächlich vor ihr verneigten. Ihr fanatischer Glaube an diesen Teufel war ja schon krankhaft. War das bei allen Vampiren so?
Plötzlich rissen sie beide die Köpfe hoch, wodurch Mia heftig erschrak. Auch einige Jugendliche waren zusammengezuckt. Ramon fing jedoch neben ihr an leise zu lachen. »Also«, sagte er zu den Geschwistern, »in Mias Gegenwart müsst ihr etwas lockerer werden. Sie ist momentan nicht so gut auf ihren Vater zu sprechen, es könnten also häufiger Gedanken dieser Art auftauchen.«
Die beiden nickten verständnisvoll und Mia sah Ramon entgeistert an. »Was für Gedanken?«, fragte sie.
Ramon drehte den Kopf zu ihr um und sah sie amüsiert an. »Du hast sie gerade als krankhaft bezeichnet«, beantwortete er ihre Frage lachend.
»Habe ich nicht!«
Jetzt tippte er mit einem Finger auf seine Stirn. »Du solltest aufpassen, was du denkst, Prinzessin. Sie hören jedes Wort.«
Mia sah die beiden Vampire erschrocken an. Sie konnten Gedanken lesen! Genauso wie Ramon. Ihr schoss das Blut vor Scham ins Gesicht.
Malina hob schmunzelnd eine Hand. »Ist schon gut, Mia. Wir verstehen deine Situation.« Schließlich entfernten sie sich ein paar Schritte von ihr. Mia nutzte den Moment, um Ramon anzusprechen: »Du hättest mir ruhig sagen können, dass sie Gedanken lesen können!«, schimpfte sie flüsternd.
»Du warst zu sehr mit streiten beschäftigt«, konterte er.
Mia starrte ihn einen Moment trotzig an. »Können das alle Vampire?«, fragte sie dann.
»Nein«, entgegnete er. »Normale Vampire können es nicht.«
Was sollte das wieder bedeuten? Doch bevor sie ihm weitere Fragen stellen konnte, kamen Mias Freunde aus der Menge. Jona war der erste, dicht gefolgt von Jan, Nadja und Emma. Mike und der stille Patrick kamen aus einer anderen Ecke auf sie zu. Genauso wie Lara. Langsam richtete sich die Aufmerksamkeit der Jugendlichen wieder auf ihr Training, was Mia aufatmen ließ. So konnte sie sich unbeobachtet Jona zuwenden, der sie jetzt fröhlich grüßte.
»Alles okay, Mia?«, fragte er und betrachtete bewundernd ihre neue Kleidung. »Du siehst toll aus!«, fügte er noch hinzu und löste damit einen Freudentaumel in ihr aus. Auch Jan, Mike und Patrick sahen erstaunt und anerkennend an ihr herab. »Steht dir gut, das neue Zeug!«, merkte Mike an und hob den Daumen. Nadja und Emma hoben stolz die Köpfe und zwinkerten Mia zu.
»Hast du schon einen Trainingspartner?«, fragte Jona jetzt und sah kurz zu Ramon rüber.
Mia schüttelte wild mit dem Kopf. »Nein! Hab ich nicht.« Sie sah Ramon an, der die Arme verschränkte und Jona herablassend musterte.
»Hast du was dagegen, wenn wir uns zusammen tun?«, fragte er dann zögerlich und fügte sofort an: »Zum Training, meine ich.«
Ramon verdrehte die Augen und Mia warf ihm einen warnenden Blick zu. Dann sagte sie sofort: »Nein, überhaupt nicht« und verschwand mit Jona in der Menge. Sie blickte manchmal noch zurück, doch als sie sah, dass sich Ramon ebenfalls ins Getümmel schmiss, um den Vampirgeschwistern dabei zu helfen die Schüler zu trainieren, fiel eine gewisse Anspannung von ihr ab. Sie hatte das Gefühl zum ersten Malwirklich für sich zu sein. Obwohl die Halle voller Menschen war. Aber die waren hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt und Ramon konzentrierte sich auch endlich mal nicht auf sie, sondern auf andere Dinge. Sie war also mit Jona allein.
»Mike hat mir von dem Vorfall in dem Klassenzimmer ausführlich erzählt«, berichtete Jona. »Meinst du, du kannst das wiederholen? Ich meine«, er sah sich um, »nicht so ausgeprägt natürlich.« Dann grinste er.
Mia lachte. »Ich weiß nicht«, sagte sie zögerlich. »Ich habe keine Ahnung, wie ich das gemacht habe.«
Auf einmal nahm Jona ihre Hand und zog sie zu der Hallenwand. Dort lag ein ganzer Haufen Medizinbälle auf dem Boden. Er stellte sich mit ihr
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