Emily, allein
Mal war.
Im Wagen bedankten sich die Kinder bei ihr, doch Emily hegte den Verdacht, dass Margaret sie dazu aufgefordert hatte.
«Ja, danke, es war herrlich», sagte Arlene. «Zumindest das, was ich mitbekommen habe.»
«Ich bin auch ein paarmal eingedöst», sagte Margaret.
Sie hätten alle ein Nickerchen vertragen können, doch Emily hatte gerade so viel Zeit eingeplant, dass sie sich frischmachen und für Rufus Futter und Wasser hinstellen konnten, ehe sie wieder in den Wagen steigen und zum Club aufbrechen mussten. Sie war wirklich froh, dass sie so früh essen gingen, besonders nach letzter Nacht. Sarah schienen langsam die Kräfte auszugehen.
Sie nahmen unter den Kristallkronleuchtern Platz, Justin unübersehbar das einzige männliche Wesen am Tisch. Er saß mit hängenden Schultern da, versteckte sich hinter seinen Haaren, wie Kenneth es als Jugendlicher getan hatte, und rückte zur Seite, damit der Hilfskellner ihre Wassergläser füllen konnte. Er wollte so augenscheinlich am liebsten woanders sein, dass Emily der Versuchung nicht widerstehen konnte, ihn über sein Studium auszufragen.
«Es läuft gut», sagte er, als könnte sie diese Auskunft zufriedenstellen.
«Was war denn deine Lieblingsveranstaltung in diesem Semester?», fragte Arlene. «Keine Ahnung. Quantenmechanik war okay.»
«Sitzen in deinen Seminaren auch Mädchen?»
«Keine, mit denen man ausgehen will.»
«Gar keine?»
«Keine, die mit mir ausgehen wollen.»
«Das ist aber etwas völlig anderes.»
Mitten in dem Verhör kam eine Kellnerin mit schlaffem Haarknoten an den Tisch, um ihre Getränkebestellung aufzunehmen, und wartete darauf, dass Emily und Arlene anfingen.
«Nur zu», sagte Margaret mit einer raschen Handbewegung. «Bestellt euch dasselbe wie immer.»
«Bist du sicher?», fragte Arlene.
«Ich fahre», sagte Emily, «deshalb bleibe ich bei Wasser.»
«Ich trinke auch Wasser», sagte Arlene. «Club Soda mit einem Schnitz Limone, bitte», bestellte Margaret.
Sarah nahm grünen Tee, Justin eine Sprite. Sie unterhielten sich wieder, doch die Frage ließ Emily keine Ruhe. Würde es Margaret wirklich nichts ausmachen, wenn sie ein Glas Chablis bestellte? Ringsum tranken die Leute Martinis oder Manhattans, doch das waren Fremde. Dabei zuzusehen, wie die Menschen, die wussten, wie zäh und ausdauernd Margaret ihre Krankheit bekämpft hatte, ihr Glas erhoben, war eine überflüssige Prüfung, genau wie Margarets Angebot ihnen allen gegenüber etwas Unfaires hatte, obwohl Emily außer Schweigen keine andere Möglichkeit sah, und davon hatten sie wahrlich genug gehabt. Sie fand ihre Sorge abwegig. Wieder mal kritisierte sie Margaret im Nachhinein, wo sie ihr besser Anerkennung gezollt hätte.
«Und, Sarah», fragte Arlene, «wie gefällt dir die City of Big Shoulders?»
«Gut.»
«Besser als Silver Hills, kann ich mir vorstellen.»
«Dein Job hört sich interessant an», sagte Emily.
«Eigentlich nicht. Das ist ziemlich elementar. Es geht bloß darum, ein Netzwerk aufzubauen.»
«Ich weiß nicht mal genau, was das ist.»
«Virtual Conferencing. Ich sorge dafür, dass man sich aus den verschiedenen Büros online unterhalten kann. Das ist eigentlich nichts Neues.»
«Das übersteigt meinen Verstand», sagte Emily. «Ich hab gerüchteweise gehört, dass ein junger Mann auf der Bildfläche erschienen ist, stimmt das? Oder hat sich das deine Mutter bloß ausgedacht?»
Sarah warf Margaret einen empörten Blick zu.
«Hat er breite Schultern?», fragte Arlene, und Justin lachte.
«Ich sehe, das ist ein unangenehmes Thema», sagte Emily. «Es ist nichts Ernstes, wir treffen uns bloß.»
«Was heißt das?», fragte Arlene Emily. «Es heißt, dass sie nicht miteinander gehen, oder liege ich da falsch?» Sie lag richtig.
«Er hat sie zu Charlie Trotter’s eingeladen», wandte Margaret ein. «Was ist das?», fragte Arlene.
«Ein Vier-Sterne-Restaurant. Man muss Monate vorher einen Tisch reservieren.»
«Wer ist denn der Glückliche», fragte Emily, «oder soll sein Name ungenannt bleiben?»
«Max.»
«Maxwell?», fragte Arlene. «Entschuldigung, Maximilian.»
«Max Power», sagte Justin, ein Witz, den Emily nicht kapierte und für den Sarah kein Verständnis zeigte.
Er hieß Max Howard. Er half, die Website für den Obama-Wahlkampf zu betreuen. Margaret erklärte, dass er älter war als Sarah, Mitte zwanzig. Er hatte einen Abschluss von DePaul, aber Margaret wusste nicht genau, ob er wirklich katholisch war.
«Mein
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