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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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wirst dort genau berichten, was du hörst und siehst, und so schnell wird diese Angelegenheit doch nicht ins reine gebracht, dass du so lange hierbleiben könntest.«
    »Nun«, entgegnete ich, »ich hoffe, Sie werden freundlich zu dem Jungen sein, Mr. Heathcliff, sonst werden Sie ihn nicht lange behalten; und er ist das einzige verwandte Wesen, das Sie auf der ganzen Welt haben, vergessen Sie das nicht.«
    »Ich werde sehr gut zu ihm sein, du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er lachend. »Nur darf niemand sonst gut zu ihm sein wollen; ich bin eifersüchtig darauf bedacht, seine Liebe allein für mich zu haben. Und, um gleich mit Freundlichkeit zu beginnen, bring dem Jungen etwas Frühstück, Joseph. Hareton, du verflixtes Kalb, mach, dass du an die Arbeit kommst! Ja, Nelly«, fügte er hinzu, als sie weggegangen waren, »mein Sohn ist der voraussichtliche Eigentümer von eurem Grund und Boden, und ich möchte nicht, dass er stirbt, bevor ich die Gewissheit habe, sein Nachfolger zu sein. Überdies gehört er mir, und ich will den Triumph auskosten, meinen Nachkommen als freien Herrn ihrer Besitztümer zu sehen und zu erleben, dass mein Sohn ihre Kinder dazu dingt, ihres Vaters Land gegen Lohn zu bestellen. Das ist der einzige Gedanke, der mir das Dasein dieses Sprösslings erträglich macht, ich verachte ihn um seiner selbst willen und hasse ihn um der Erinnerungen willen, die er wachruft. Aber dieser Gedanke genügt; er ist bei mir so sicher und wird so sorgfältig behütet werden, wie dein Herr sein Kind hütet. Oben ist ein Zimmer für ihn hübsch eingerichtet worden, ich habe auch einen Lehrer für ihn bestellt, der dreimal in der Woche einen Weg von zwanzig Meilen hierher macht; der soll ihm beibringen, was er lernen möchte. Ich habe Hareton befohlen, ihm zu gehorchen, und alles ist bis ins einzelne vorbereitet für ihn, als den künftigen Edelmann, der eines Tages über seine Standesgenossen gesetzt wird. Es tut mir aber leid, dass er diese Mühe so wenig verdient. Wenn ich mir ein Glück auf dieser Welt gewünscht habe, so war es dies, ihn meines Stolzes würdig zu finden, und ich bin bitter enttäuscht von diesem weinerlichen Milchgesicht.«
    Während er sprach, kam Joseph zurück; er trug eine Schüssel Hafermilchbrei, die er vor Linton hinstellte. Der rührte mit einem Ausdruck des Widerwillens in dem einfachen Gericht herum und behauptete, er könne das nicht essen. Ich sah, dass der alte Mann seines Herrn Verachtung für das Kind in hohem Maße teilte, wenn er auch genötigt war, diese Empfindung in seinem Herzen zu verschließen, weil Heathcliff seinen Untergebenen nicht erlaubte, unehrerbietig zu sein.
    »Kann’s nich essen?« wiederholte er, blickte Linton ins Gesicht und dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern, aus Angst, von seinem Herrn gehört zu werden. »Aber Master Hareton hat nie nix andres gegessen, als er klein war, un was gut gnug war für ihn, is gut gnug für Sie, sollt ich meinen.«
    »Ich werde das nicht essen«, antwortete Linton schnippisch, »nimm es weg.«
    Joseph nahm ihm die Speise entrüstet weg und brachte sie zu uns.
    »Fehlern Essen irgendwas?« fragte er und hielt Heathcliff die Schüssel unter die Nase.
    »Was sollte ihm fehlen?« sagte er.
    »Was«, antwortete Joseph, »der verwöhnte Junge dort sagt, er könnt’s nich essen. Aber ’s wird schon stimmen. Seine Mutter war gradso; ’s war doch fast so, dass wir ihr zu dreckig warn, um das Korn zu sän, aus dem ihr Brot gebacken wurde.«
    »Sprich mir nicht von seiner Mutter!« sagte der Herr böse. »Gib ihm etwas, was er essen kann, und damit Schluss. Woran ist er gewöhnt, Nelly?«
    Ich schlug gekochte Milch oder Tee vor, und die Haushälterin erhielt Auftrag, etwas zuzubereiten. ›Schau, schau‹, dachte ich, ›seines Vaters Selbstsucht wird ihm gute Behandlung verschaffen. Er wird einsehen, dass er sehr zart ist und dass man ihn erträglich behandeln muss. Es wird Mr. Edgar trösten, wenn ich ihm mitteile, auf welche neue Laune Heathcliff verfallen ist.‹ Da ich keinen Grund hatte, länger zu bleiben, schlüpfte ich hinaus, während Linton damit beschäftigt war, die Annäherungsversuche eines gutmütigen Schäferhundes schüchtern abzuweisen. Doch war er zu sehr auf der Hut, als dass man ihn hätte täuschen können: als ich die Tür schloss, hörte ich einen Schrei und die in wahnsinniger Angst wiederholten Worte: »Geh nicht weg! Ich will nicht hierbleiben! Ich will nicht hierbleiben!«
    Dann wurde der

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