Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)
und Sie sind herzlich willkommen.«
Ich flüsterte Catherine zu, sie dürfe auf keinen Fall die Aufforderung annehmen, das sei ganz und gar unmöglich.
»Weshalb?« fragte sie laut. »Ich bin vom Laufen müde, und der Boden ist nass vom Tau, so dass ich mich hier nicht setzen kann. Wir wollen mitgehen, Ellen. Überdies sagt er, ich hätte seinen Sohn gesehen. Ich glaube, er irrt sich; aber ich kann mir denken, wo er wohnt: in dem Gutshaus, in dem ich einkehrte, als ich von der Felsklippe von Penistone kam. Stimmt’s?«
»Ja«, sagte Heathcliff, »komm, Nelly, halt den Mund. Es wird ihr Spaß machen, bei uns hereinzuschauen. Hareton, geh voran mit dem Mädchen. Du kannst mit mir gehen, Nelly.«
»Nein, sie soll nicht hingehen!« schrie ich und versuchte meinen Arm zu befreien, den er gepackt hatte; aber sie war schon fast am Torweg und lief in aller Eile um den Hügel herum. Ihr Begleiter verspürte keine Lust, an ihrer Seite zu bleiben; er bog nach der Landstraße hin ab und verschwand.
»Mr. Heathcliff, das ist sehr unrecht von Ihnen«, fuhr ich fort, »und Sie wissen selbst, dass Sie nichts Gutes im Sinne haben. Dort wird sie Linton sehen, und sobald wir nach Hause kommen, wird alles brühwarm erzählt werden, und mir wird man die Schuld geben.«
»Ich will, dass sie Linton sieht«, antwortete er; »in diesen Tagen sieht er besser aus, und es kommt nicht oft vor, dass er sich sehen lassen kann. Und wir werden ihr schon einreden, den Besuch geheimzuhalten. Was ist also dabei?«
»Was dabei ist? Ihr Vater würde mir zürnen, wenn er wüsste, dass ich ihr gestattet habe, Ihr Haus zu betreten, und ich bin überzeugt, Sie führen Böses im Schilde, wenn Sie sie dazu ermuntern«, entgegnete ich.
»Mein Plan ist so ehrenhaft wie nur möglich. Ich werde dir offen sagen, worauf er hinausgeht. Ich will, dass Vetter und Kusine sich ineinander verlieben und sich heiraten. Ich handle großmütig an deinem Herrn. Seine Tochter hat keine Ansprüche auf das Gut, aber wenn sie meine Wünsche unterstützt, wäre sie mit einem Male, als gemeinsame Erbin mit Linton, versorgt.«
»Wenn Linton stirbt«, antwortete ich, »und er ist nicht kräftig, dann wäre Catherine die Erbin?«
»Nein«, sagte er. »Das Testament weist keine Klausel auf, die ihr das sichert; sein Besitztum würde an mich fallen. Aber, um jedem Streit vorzubeugen: Ich wünsche ihre Verbindung und bin entschlossen, sie zuwege zu bringen.«
»Und ich bin entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie Ihrem Haus nie wieder mit mir zu nahe kommt«, entgegnete ich, als wir die Pforte erreichten, wo Miss Cathy wartete.
Heathcliff befahl mir, zu schweigen, ging uns voran und beeilte sich, die Tür zu öffnen. Meine junge Herrin sah ihn wiederholt von der Seite an, als wenn sie nicht recht wüsste, was sie von ihm denken sollte; aber jetzt lächelte er, wenn er ihrem Blick begegnete, und dämpfte seine Stimme, wenn er zu ihr sprach. Und ich war töricht genug, mir einzubilden, die Erinnerung an ihre Mutter könne ihn davon abhalten, ihr Böses zu wünschen. Linton stand am Herd. Er hatte einen Gang durch die Felder gemacht, denn er hatte noch die Mütze auf, und rief nach Joseph, der ihm trockene Schuhe bringen sollte. Er war groß für sein Alter, es fehlten noch einige Monate an sechzehn Jahren. Seine Züge waren immer noch hübsch und seine Augen und seine Gesichtsfarbe lebhafter, als ich sie in Erinnerung hatte. Doch hatten sie den Schimmer wohl nur zeitweise in der gesunden Luft und der warmen Sonne angenommen.
»Nun, wer ist dies?« fragte Mr. Heathcliff, sich an Cathy wendend. »Wissen Sie es?«
»Ihr Sohn?« sagte sie, nachdem sie zweifelnd erst den einen, dann den anderen gemustert hatte.
»Ja, ja«, antwortete er. »Aber ist dies das erste Mal, dass Sie ihn sehen? Denken Sie nach. Oh, Sie haben ein kurzes Gedächtnis. Linton, erinnerst du dich nicht deiner Kusine, mit der du uns so geplagt hast, weil du sie wiedersehen wolltest?«
»Was, Linton?« schrie Cathy und strahlte bei Nennung dieses Namens vor freudiger Überraschung. »Ist dies der kleine Linton? Er ist ja grösser als ich. Bist du wirklich Linton?«
Der Jüngling kam auf sie zu und gab sich zu erkennen; sie küsste ihn innig, und beide sahen verwundert, wie die Zeit ihre äussere Erscheinung gewandelt hatte. Catherine hatte ihre endgültige Grösse erreicht, ihre Gestalt war voll und gleichzeitig schlank und biegsam wie eine Gerte, und sie strahlte vor Gesundheit und Lebenslust. Lintons Blicke
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