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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Besuche zu untersagen. Oft bringt es Schaden, zu sanft zu sein, und jetzt ist es dahin gekommen, dass…« Und ich berichtete von dem Vorgang im Hof und, soweit ich es wagte, von dem darauf folgenden Streit. Ich glaubte, es sei für Mrs. Linton nicht belastend, wenn sie sich nicht nachträglich ins Unrecht setzte dadurch, dass sie ihren Gast verteidigte. Edgar Linton fiel es schwer, mich bis zu Ende anzuhören. Seine ersten Worte bewiesen, dass er seine Frau nicht von Schuld freisprach.
    »Das ist unerträglich!« rief er aus. »Es ist schändlich, dass sie ihn als Freund anerkennt und mir seine Gesellschaft aufzwingt! Ruf mir zwei Männer von draussen, Ellen! Catherine soll sich nicht länger mit dem gemeinen Schurken streiten, ich habe ihr lange genug nachgegeben.«
    Er ging hinunter, befahl den Leuten, im Flur zu warten, und begab sich mit mir zur Küche. Dort hatten die beiden ihren heftigen Streit wiederaufgenommen. Mrs. Linton zum mindesten schalt mit großer Heftigkeit; Heathcliff war ans Fenster getreten und ließ den Kopf hängen, er schien etwas eingeschüchtert durch ihr heftiges Zanken. Er sah den Herrn zuerst und machte eine heftige Bewegung, damit sie schweigen sollte; sie gehorchte sofort, als sie seinen Wink verstand. »Was soll das heissen?« sagte Linton, sich an sie wendend, »schämst du dich gar nicht, hier zu bleiben, nachdem dieser Lump in solchem Ton mit dir geredet hat? Du scheinst nichts darin zu finden, weil das seine gewöhnliche Redeweise ist. Du bist an seine Roheit gewöhnt und bildest dir ein, ich werde mich auch daran gewöhnen!«
    »Hast du an der Tür gelauscht, Edgar?« fragte die gnädige Frau in einem Ton, der ihren Gatten aufs äusserste reizen musste, da er sowohl Gleichgültigkeit wie auch Nichtachtung seines Ärgers verriet. Heathcliff, der bei Lintons Rede aufgesehen hatte, stiess bei Catherines Worten ein höhnisches Lachen aus, anscheinend in der Absicht, Lintons Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das gelang ihm, aber Edgar wollte ihn nicht zum Zeugen eines leidenschaftlichen Ausbruches machen.
    »Ich habe bisher Nachsicht mit Ihnen gehabt, Mr. Heathcliff«, sagte er ruhig, »nicht, weil ich Ihren jämmerlichen Charakter verkannte, sondern weil ich fühlte, dass Sie nur zum Teil dafür verantwortlich waren; und weil Catherine wünschte, die Bekanntschaft mit Ihnen aufrechtzuerhalten, habe ich, törichterweise, eingewilligt. Ihre Anwesenheit ist ein moralisches Gift, das jeden anständigen Menschen beflecken muss; deshalb und um schlimmere Folgen zu verhüten, werde ich Ihnen in Zukunft den Zutritt in dieses Haus verweigern und fordere jetzt Ihr sofortiges Verschwinden. Wenn Sie noch länger als drei Minuten hierbleiben, wird Ihr Abgang unfreiwillig und schimpflich sein.«
    Heathcliff maß den Sprecher von oben bis unten mit unsagbarem Hohn in den Augen.
    »Cathy, dein Lamm droht wie ein Stier«, sagte er. »Er ist in Gefahr, sich den Schädel an meinen Knöcheln einzurennen. Weiss Gott, Mr. Linton, es tut mir ungeheuer leid, dass Sie nicht wert sind, niedergeschlagen zu werden!«
    Mein Herr blickte nach dem Flur und gab mir ein Zeichen, die Leute zu holen, denn er hatte nicht die Absicht, sich in eine Prügelei einzulassen. Ich gehorchte dem Wink, aber Mrs. Linton, die etwas argwöhnte, folgte mir, und als ich versuchte, die Männer zu rufen, zog sie mich zurück, schlug die Tür heftig zu und schloss sie ab.
    »Feine Methoden!« sagte sie, den ärgerlich überraschten Blick ihres Mannes erwidernd. »Wenn du nicht den Mut hast, ihn anzugreifen, dann bitte um Entschuldigung oder gib dich geschlagen. Das wird dich davon heilen, mehr Tapferkeit zu heucheln, als du besitzt. Nein, eher werde ich den Schlüssel verschlucken, als dass du ihn bekommst! Ihr habt meine Güte alle beide schön belohnt! Nachdem ich mit dem schwachen Charakter des einen und dem schlechten des anderen Nachsicht gehabt habe, ernte ich von beiden Seiten schnöden Undank, und das ist dumm und abgeschmackt! Edgar, eben noch habe ich dich und die Deinen verteidigt, aber jetzt wünschte ich, Heathcliff prügelte dich windelweich dafür, dass du schlecht von mir denkst!«
    Es bedurfte nicht der Prügel, um die gleiche Wirkung auf den Herrn auszuüben. Er versuchte vergeblich, den Schlüssel Catherines Hand zu entwinden, zur Sicherheit schleuderte sie ihn ins Feuer, wo es am hellsten brannte. Daraufhin wurde Mr. Edgar von einem nervösen Zittern befallen, und sein Gesicht wurde totenblass. Und wenn es sein

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