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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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hinaufbringen sollte. »Nein!« antwortete sie sehr entschieden. Die gleiche Frage wurde zu Mittag und zum Tee und am darauffolgenden Morgen wiederholt, und immer kam die gleiche Antwort. Mr. Linton verbrachte seine Zeit in der Bibliothek und fragte nicht, womit sich seine Frau beschäftigte. Isabella und er hatten eine einstündige Aussprache miteinander, in deren Verlauf er versuchte, von ihr zu hören, dass sie bei Heathcliffs Annäherungsversuchen ein Gefühl schicklichen Entsetzens verspürt hätte; aber er konnte nichts mit ihren ausweichenden Antworten anfangen und sah sich genötigt, das Verhör ergebnislos abzubrechen. Er schloss jedoch mit der ernsten Warnung, dass, wenn sie so verrückt wäre, diesen unwürdigen Freier zu ermutigen, alle Bande der Verwandtschaft zwischen ihr und ihm gelöst sein würden.
     
     
     

Zwölftes Kapitel
    INZWISCHEN streifte Miss Linton schwermütig im Park und Garten umher, fast immer in Tränen, und ihr Bruder verschanzte sich hinter seinen Büchern, die er nicht einmal aufschlug, wie ich vermutete, zermürbt von der ständigen unbestimmten Erwartung, dass Catherine ihr Betragen bereuen und aus eigenem Antrieb um Verzeihung bitten und Versöhnung suchen werde. Sie wiederum fastete hartnäckig weiter, wahrscheinlich in dem Gedanken, dass Edgar bei jeder Mahlzeit, an der sie nicht teilnahm, mühsam das Essen hinunterwürgte und dass nur sein Stolz ihn davon abhielt, zu ihr zu eilen und sich ihr zu Füssen zu werfen. Ich aber ging meinen häuslichen Pflichten nach und war im Innern davon überzeugt, dass in ganz Thrushcross Grange nur eine einzige vernünftige Seele wohnte und dass ich diese war. Ich verschwendete weder Teilnahme an das Fräulein noch viele Worte an meine Herrin und überhörte die Seufzer meines Herrn, der danach schmachtete, wenigstens den Namen seiner Frau nennen zu hören, solange er ihre Stimme entbehren musste. Meinetwegen sollten sie tun, was sie wollten, und obwohl die Tage langsam und ermüdend dahinschlichen, begann ich schließlich, mich zu freuen, weil sich die Andeutung eines Fortschritts bemerkbar machte, wie ich mir einbildete.
    Mrs. Linton entriegelte am dritten Tag ihre Tür, und weil weder in ihrem Krug noch in der Karaffe Wasser war, verlangte sie nach frischem und nach einem Teller Haferschleim; ihr war zum Sterben elend zumute. Ich hielt das für Gerede, für Edgars Ohren bestimmt; ich glaubte nichts dergleichen, darum behielt ich es für mich und brachte ihr etwas Tee und trockenen Toast. Sie aß und trank gierig, sank wieder auf ihr Kissen zurück, rang ihre Hände und stöhnte. »Oh, ich möchte sterben«, rief sie, »niemandem liegt etwas an mir. Hätte ich doch nichts gegessen!« Dann, eine ganze Weile später, hörte ich sie murmeln: »Nein, ich werde nicht sterben — er würde sich darüber freuen — er liebt mich überhaupt nicht — er würde mich gar nicht vermissen!«
    »Wünschen Sie etwas, gnädige Frau?« fragte ich und blieb äusserlich ruhig, trotz ihrem leichenblassen Gesicht und ihrem sonderbar aufgeregten Wesen.
    »Was tut dieser gefühllose Mensch?« fragte sie und strich sich die dichten, verwirrten Locken aus ihrem eingefallenen Gesicht. »Hat er die Schlafsucht, oder ist er tot?«
    »Keins von beiden«, erwiderte ich, »sofern Sie Mr. Linton meinen. Ich glaube, er ist leidlich wohl, wenn ihn auch seine Studien mehr in Anspruch nehmen, als sie sollten; er steckt ständig zwischen seinen Büchern, da er keine andere Gesellschaft hat.«
    Ich hätte das nicht so gesagt, wenn ich ihren wahren Zustand erkannt hätte; aber ich konnte mich nicht von der Vorstellung frei machen, dass sie einen Teil ihrer Unpässlichkeit vortäuschte.
    »Zwischen seinen Büchern!« schrie sie bestürzt. »Und ich sterbe! Ich, am Rande des Grabes! Mein Gott! Weiss er, wie verändert ich bin?« fuhr sie fort und starrte auf ihr Bild, das ein Spiegel an der gegenüberliegenden Wand zurückwarf. »Ist dies Catherine Linton? Er meint, es sei Laune oder gar Spiel bei mir. Kannst du ihm nicht klarmachen, dass es bitterer Ernst ist? Nelly, wenn es nicht schon zu spät ist, werde ich, sobald ich seine wahren Gefühle kenne, zwischen zwei Dingen wählen: entweder ich werde gleich verhungern — das wäre nur dann eine Strafe, wenn er ein Herz hätte —, oder ich werde gesund werden und ausser Landes gehen. Willst du mir endlich die Wahrheit über ihn sagen? Bedenke, was du sagst. Ist ihm mein Leben tatsächlich so völlig gleichgültig?«
    »Ei,

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