Emily und der Playboy-Prinz
gewahrte.
Verzweifelt biss Emily die Zähne zusammen. Ihr war speiübel.
„Nein!“, widersprach sie mit aller Energie, die sie noch aufbringen konnte. „Ich werde dafür sorgen, dass Sie ihr Geld bekommen, und jetzt gehen Sie bitte!“
Sekundenlang arbeitete es in seinem verschlagenen Gesicht, und es sah aus, als wolle er mit ihr streiten, doch dann schien er sich eines Besseren zu besinnen und zuckte mit den Achseln. Emily hielt sich so lange aufrecht, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte, dann erst sank sie kraftlos auf ihr Bett.
Aus dem Spiegel über der Frisierkommode starrte ihr das eigene Konterfei entgegen – ein schmales, totenbleiches Oval mit zwei dunklen Löchern, wo sonst die Augen saßen …
Mit einem erstickten Schluchzer barg sie ihr Gesicht in den Händen und wiegte sich wie betäubt hin und her. Beim Gedanken an ihr gemütliches, sicheres Schlafzimmer in Balfour Manor drohte das stets gegenwärtige Heimweh sie zu überwältigen. In Gedanken sah sie sogar die goldenen Sonnenstrahlen, die auf ihrer seidenen Bettdecke tanzten.
Ihr Kopf fühlte sich ganz leicht an, als sie sich vom Bett erhob, noch gefangen von dem Gedanken, dieses Horrorhaus für immer zu verlassen und in ihr Zuhause zurückzukehren. Und wenn sie nicht genügend Geld für die Heimfahrt hatte? Dann brauchte sie sich nur ein Taxi zu rufen und sich nach Balfour Manor chauffieren zu lassen. Ihr Vater würde alles bezahlen: das Taxi und die Miete, die sie Mr Lukacs noch schuldete …
Ruf mich an, wenn du erwachsen bist.
Luis Cordobas Stimme hallte in ihrem Kopf wider, als wäre er im gleichen Raum und flüstere ihr die Worte spöttisch ins Ohr.
Wieder ließ sie sich aufs Bett sinken. Natürlich konnte sie auf keinen Fall zurück zu Daddy laufen und sich von ihm aus der Patsche helfen lassen. Das käme einer Kapitulation gleich! Sie musste es allein schaffen!
Egal, wie sie das anstellte und was es sie kostete …
Als sich die Wagentür hinter ihm schloss, knipste Luis sein verbindliches Lächeln aus, lehnte sich in dem komfortablen Ledersitz zurück und schloss die Augen.
Laut Tomás hatten sie einen ergiebigen Nachmittag hinter sich gebracht. Der Besuch in der Mutter-Kind-Gruppe war ein voller Erfolg gewesen, bis auf den Moment, als ihm eine der hübschen jungen Mütter spontan ihr Kind reichte, und er so überrascht und gestresst war, dass er den Säugling fast hätte fallen lassen. Dass Frauen ihm ihre Babys anhängten, war jahrelang sein schlimmster Albtraum gewesen. Doch glücklicherweise hatte er die Situation mit einem Scherz gerettet und alles war gut ausgegangen.
Das Sportprojekt war sehr viel besser gelaufen, weil Selbstdisziplin, hartes Training und der unbedingte Wille zu gewinnen Begriffe waren, die ihm mehr lagen. Es hatte ihm wirklich Spaß gemacht, den Kindern zuzuschauen, die dem hohen Gast unbedingt ihre Leistungen präsentieren wollten. Allerdings war Luis zwischendurch immer wieder unaufmerksam gewesen, weil er nicht aufhören konnte, an Emily Balfour zu denken.
Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, auf ganzer Linie versagt zu haben.
Die Limousine setzte sich langsam in Bewegung. Luis öffnete die Seitenscheibe und winkte der kleinen Gruppe von Senioren zu, die sich vor dem Altenheim versammelt hatten, um ihn zu verabschieden. Dann schloss er erst das Fenster und dann erneut die Augen.
Er hatte Oscar großartige Versprechungen gemacht … und versagt. Seit er gesehen hatte, wo Emily derzeit lebte, kam es ihm außerdem so vor, als hätte er sie im Stich gelassen.
Deus! Das Haus, in dem sie schließlich verschwand, war … unaussprechlich! Das einzig Positive, was er Oscar über das neue Zuhause seiner jüngsten Tochter berichten konnte, war der Umstand, dass die Fenster, anders als bei den meisten anderen Bauten in der dunklen Straße, noch keine eingeschlagenen Scheiben hatten!
Schuld!
Sein treuester Gefährte in den letzten zehn Monaten lastete auch jetzt auf Luis’ Schultern. Als Emily seinen diffus formulierten Vorschlag rundheraus ablehnte, war ein Teil von ihm mehr als erleichtert gewesen. Ganz einfach, weil sie ihn vollkommen richtig einschätzte. Sie schien ihn mühelos durchschauen zu können – und zwar mitten in sein starres, totes Herz –, auf eine Weise wie niemand vor ihr.
Was hatte Oscar Balfour noch über seine Tochter gesagt? Emily ist durch und durch ehrlich und anständig … und sie fordert die gleichen harten und unerbittlichen Maßstäbe, die sie sich selbst
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