Emily und der Playboy-Prinz
ohrfeigen können. Wütend auf sich selbst, folgte sie der Kleinen zur Spiegelwand, und da gerade eine Polka erklang, vollführte Emily zur Überraschung ihrer Schülerin einen vollendeten Kratzfuß .
„Darf ich die Prinzessin um einen Tanz bitten?“
Noch ehe Luciana reagieren konnte, zog sie das Mädchen in einem schnellen Seitgalopp mit sich. Dann tanzten und hopsten sie beide quer durch den Saal, bis sie völlig außer Atem waren und Luciana unkontrolliert kicherte.
Die vierschrötige Frau in der Tür registrierte keine von ihnen, bis sich Senhora Costa in einer Musikpause mit lautem Räuspern bemerkbar machte. Augenblicklich erstarb das Lachen, und beide Tänzerinnen standen da wie ertappte Sünder.
„Es ist Zeit für den Lunch und den anschließenden Mittagsschlaf der Prinzessin“, verkündete sie mit Grabesstimme, fasste Luciana bei der Hand und zog sie mit sich. In der Tür drehte sie sich noch einmal um. „In Zukunft bringen Sie die Prinzessin bitte von sich aus rechtzeitig zurück in ihre Suite, Miss Balfour. Die Bedeutung fester Zeiten sollte nicht unterschätzt werden.“
„Tut mir leid“, murmelte Emily unaufrichtig und versuchte, den Blick ihrer Schülerin einzufangen, um ihr aufmunternd zuzublinzeln. Doch Luciana hielt den Kopf ernst gesenkt. Mit steifen Schritten und zuckendem Herzen ging Emily zum CD-Player und legte eine andere Musik auf.
Arme kleine Prinzessin! dachte sie, während sie ihre Spitzenschuhe überstreifte. Es waren ihre alten geliebten Satinschuhe, deren Spitzen schon durchgetanzt waren und die sie eigentlich nur aus nostalgischen Gründen eingepackt hatte, als sie Balfour Manor verlassen hatte.
Ihre Glücksbringer, wie Emily sie immer heimlich für sich genannt hatte.
Inzwischen musste sie akzeptieren, dass ihr Glück sie schon vor langer Zeit verlassen hatte. Fast gewaltsam stieß sie ihre Zehen gegen die wattierte Spitze und lächelte grimmig, als sie den vertrauten Schmerz fühlte. Davor hatte sie noch nie Angst gehabt, es gehörte zum Tanzen dazu, ebenso wie das Blut, das manchmal floss.
Sie hörte nicht, dass sich die Tür in ihrem Rücken öffnete und zuckte heftig zusammen, als Luis sie ansprach. „Du bist allein?“
„Du hast Luciana nur knapp verpasst“, murmelte sie und widmete sich wieder ihren Schuhen. „ Senhora Costa hat sie zum Lunch und Mittagsschläfchen entführt.“
„Ich wollte mir dir sprechen.“
Seine Stimme klang absolut neutral, trotzdem setzte Emilys Herz einen Schlag aus. Sorgsam kreuzte sie die weißen Satinbänder über ihrem Knöchel und zog sie energisch zusammen. „Worüber?“
Schwere Fußtritte auf dem Holzboden sagten ihr, dass Luis näherkam. „Ich wollte dich fragen …“
Da er nicht weitersprach, hob sie zögernd den Kopf und begegnete seinem Blick. Emily hatte das Gefühl, mit einem elektrisch aufgeladenen Draht in Berührung gekommen zu sein und hielt unwillkürlich die Luft an.
„Ich möchte dich …“
„Nein!“ Das kam so spontan und voller Abwehr, dass es sie beide überraschte.
„Du weißt doch noch gar nicht, worum es geht“, knurrte Luis, der sich als erster fing.
„Das ist unerheblich.“ Emily knüpfte das Band zu einer festen Schleife. „Nach gestern Abend bin ich einfach nur der Überzeugung, dass wir unsere … dass wir alles zukünftig auf einer rein professionellen Basis halten sollten. Kannst du mir bitte den zweiten Schuh reichen?“
Er lag oben auf ihrer Balletttasche. Luis nahm ihn in die Hand, gab ihn aber nicht gleich weiter. „Hier geht es um etwas Professionelles“, erklärte er. „Ich wollte dich einladen, mich zu einem Ballettabend zu begleiten.“
Emilys Kopf schnellte in die Höhe. „Ballett?“
„Ja, eine Aufführung des Brazilian National Ballet. Ich dachte immer, diese Ballettschuhe sind weich, aber die hier sind steinhart“, stellte er plötzlich irritiert fest. „Tut es denn nicht weh, darin zu tanzen?“
„Doch, aber daran gewöhnt man sich“, antwortete Emily mechanisch. „Was für ein Ballett?“, hakte sie dann nach.
Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht, als Luis ihr den Schuh reichte. „Es war, glaube ich, ein Mädchenname. Er fing mit G an, soweit ich mich erinnere.“
„Etwa Giselle ?“
„Könnte hinkommen“, bestätigte er gleichmütig, doch sein Blick strafte seine lässige Haltung Lügen, denn sonst hätte er Emily nicht durch Mark und Bein gehen können. „Darf ich deine gebremste Begeisterung als ein Ja
Weitere Kostenlose Bücher