Emma im Glück
trotzig.
»Gönn deiner Mutter doch ein bisschen Abwechslung«, sagte Oma. »Sie hat im Moment so viel Stress mit Lili und allem anderen.«
»Selbst schuld«, brummte ich. »Sie hätte ja kein Baby mehr bekommen müssen.«
»Emma!« Oma schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
»Ist doch wahr!« Ich sprang auf und stürmte aus der Küche.
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6 . Kapitel
Emma macht Geschäfte
A m Freitagnachmittag stand ich mit Lili an der Bushaltestelle. Während wir warteten, sah ich mich immer wieder verstohlen um. Hoffentlich kam niemand vorbei, den wir kannten. Mama wäre bestimmt nicht begeistert, wenn sie wüsste, dass ich mit Lili einen Ausflug nach Dederstadt unternahm. Sie dachte, wir würden einfach nur ein bisschen spazieren gehen. Dabei hatte ich heute etwas ganz anderes mit Lili vor …
Als der Bus endlich neben uns hielt, schob ich erleichtert den Kinderwagen hinein. Lili sah sich interessiert um. Sie war ganz still und das rechnete ich ihr hoch an. Es wäre die Hölle gewesen, wenn sie den ganzen Bus zusammengeschrien hätte.
»Keine Sorge, ich pass schon auf dich auf«, sagte ich zu ihr. »Wir machen einen kleinen Ausflug in die Stadt und treffen lauter nette Mädchen. Es wird dir bestimmt gefallen. Aber wehe, du verpetzt mich bei Mama!«
Lili betrachtete mich aufmerksam mit ihren großen blauen Augen. Ich hätte schwören können, dass sie jedes Wort verstanden hatte. Während der Bus über die Landstraße rollte, wurde ich immer unruhiger. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob meine Idee tatsächlich so gut war. Dabei hatte ich mir alles genau überlegt. Aber was, wenn etwas schiefging? Oder wenn mich jemand aus Tupfingen sah und Mama davon erzählte? Doch jetzt konnte ich die Sache nicht mehr abblasen. Also beachtete ich das mulmige Gefühl in meiner Magengegend nicht weiter, sondern schuckelte Lilis Kinderwagen ein bisschen hin und her, bis ihr schließlich die Augen zufielen.
Als wir in Dederstadt ausstiegen, war Lili eingeschlafen. Mit etwas Glück würde sie von der ganzen Aktion überhaupt nichts mitbekommen. Genauso wenig wie Mama. Alles würde prima funktionieren und auf dem Rückweg wäre ich das reichste Mädchen von ganz Tupfingen.
Zuversichtlich schob ich den Kinderwagen zum Marktplatz. Die anderen warteten schon auf uns. Es waren mehr, als ich gedacht hatte: Meike, Simone, Caro, Lisa und Melanie. Alle fünf gingen in meine Klasse. Ich hatte mich heute Vormittag mit ihnen verabredet. Als sie mich kommen sahen, stürmten sie sofort los und umringten den Kinderwagen.
»Ist das deine kleine Schwester?«, fragte Meike.
»Ist die süß!«, quietschte Caro.
»Hallo, Lili, kennst du mich noch?«, säuselte Simone, dabei schlief Lili tief und fest.
»Darf ich zuerst schieben?«, fragte Lisa.
»Ich will auch mal!«, rief Melanie.
»Nicht so laut!«, zischte ich. »Sonst weckt ihr sie auf. Keine Sorge, es kommen alle an die Reihe.« Ich hatte mir schon Gedanken über den Ablauf gemacht. »Wir haben eine Stunde Zeit. Das heißt, jede von euch kann zehn Minuten schieben. Ihr lauft von hier bis zur Schule und dann durch die Fußgängerzone zurück. Ihr lasst den Kinderwagen nirgendwo stehen und ihr nehmt Lili auf keinen Fall heraus. Falls sie aufwacht und anfängt zu schreien, steckt ihr ihr den Schnuller in den Mund. Er liegt im Kinderwagen. Alles klar?«
Die anderen nickten.
»Und wer darf anfangen?«, fragte Simone.
»Caro«, bestimmte ich. »Dann Meike, Lisa, Melanie und zum Schluss du.«
Simone machte einen Schmollmund. »Warum bin ich denn erst als Letzte dran?«
»Weil du vorige Woche schon geschoben hast«, erklärte ich. »Das ist nur gerecht.« Ich überließ Caro den Kinderwagen. »Zehn Minuten schieben kostet zwei Euro.«
Caro kramte ihr Portemonnaie heraus und gab mir widerspruchslos das Geld. Sie versuchte nicht einmal zu handeln! Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Es lief besser, als ich gedacht hatte. Wenn alles nach Plan ging, hatte ich in einer Stunde zehn Euro verdient. Und ich musste nichts anderes tun, als auf dem Marktplatz herumzusitzen und zu warten, während die anderen mit Lili ihre Runden drehten. So einen entspannten Nebenjob hatte außer mir bestimmt kein Mensch. Ich war ein echter Glückspilz!
Caro verschwand mit Lili in Richtung Schule. Die anderen setzten sich auf eine Bank und warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Nur Simone murrte herum.
»Letzte Woche hat das Schieben noch einen Euro gekostet. Ich glaube, ich hab gar nicht genug
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