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Emma traut sich was

Emma traut sich was

Titel: Emma traut sich was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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Wackersteine in meinem Bauch waren auf einmal gar keine Wackersteine mehr, sondern höchstens noch Kieselsteine. Sie rollten ein bisschen in meinem Bauch hin und her, aber ich konnte trotzdem ohne Probleme zum Telefon laufen. Mir war bloß etwas flau im Magen. Doch das ist schließlich kein Wunder, wenn man eine Hand voll Kieselsteine im Bauch hat.
    Ich nahm den Hörer ab. »Hallo, hier spricht Emma Laurenz.« Meine Stimme klang ziemlich piepsig.
    Am anderen Ende war es einen Moment lang totenstill. Ich hörte jemanden atmen, aber das war's auch schon. Vielleicht hatte sich ja jemand verwählt. Manchmal trauen sich die Leute dann nicht, etwas zu sagen, und legen einfach auf. Oder war das etwa einer von diesen fiesen Anrufen, bei denen irgendein Perverser stöhnt und komische Sachen sagt? Lea, meine beste Freundin, hatte mal so einen Typ am Telefon. Danach war sie ganz schön fertig und ist tagelang nicht mehr ans Telefon gegangen.
    »Hallo?«, fragte ich. Meine Stimme klang jetzt noch etwas piepsiger. »Wer ist denn da?«
    Immer noch keine Antwort.
    So langsam wurde mir die Sache zu bunt. Ich würde mich bestimmt nicht von so einem Idioten ins Bockshorn jagen lassen! Ha, bei mir war der Typ an der falschen Adresse!
    »Jetzt sag endlich was, du ... du perverses Schwein! Sonst ruf ich nämlich die Polizei!«
    Verblüfftes Schweigen. Super, dem hatte ich es ordentlich gegeben! Der Typ würde nicht so schnell wieder unschuldige Mädchen mit seinen komischen Anrufen nerven.
    Ich hörte ein Räuspern am anderen Ende der Leitung und dann eine vertraute Stimme.
    »Äh ... hallo, Emma ... ich bin's, Bastian. Alles klar bei dir?«
    Das war mal wieder so ein Moment, in dem ich am liebsten im Boden versunken und erst auf der anderen Seite der Erde wieder herausgekommen wäre. Zum Beispiel in China. Oder in Japan bei den fetten Sumo-Ringern. Aber das klappt leider nie. Ich blieb, wo ich war, nämlich neben dem Telefon, und hatte keinen blassen Schimmer, wie ich diesen furchtbaren Schlamassel überleben sollte.
    »Emma? Bist du noch dran?«, fragte Bastian. Seine Stimme klang etwas besorgt.
    »Bastian, hallo. Ich dachte nicht, dass du es bist.«
    »Ja, das hab ich gemerkt. Ich hab gerade deine Karte gekriegt.«
    Zum Glück fragte er nicht, was ich denn gedacht hatte, wer am Telefon war. Ich glaube, das hätte ich ihm nicht erklären können. Das wäre mir hundertmal zu peinlich gewesen.
    »Ehrlich?«, fragte ich. »Das ging aber schnell. Ich dachte, du kriegst sie erst am Montag.« Ich versuchte, möglichst lässig zu klingen. Hauptsache, Bastian merkte nicht, dass ich schon seit Stunden auf seinen Anruf wartete.
    »Tja, also ... ich wollte mich bloß bedanken. Find ich klasse, dass du mir geschrieben hast. Ich hab mich total über die Karte gefreut.«
    »Ehrlich?«, fragte ich wieder.
    »Ja. Und ... und ich wollte dir sagen, dass es mir auch Leid tut. Du weißt schon, wegen neulich. Ich wollte mich eigentlich gar nicht mit dir streiten.«
    »Ich mich auch nicht mit dir!«, rief ich.
    Bastian lachte. »Komisch, oder? Wir wollten uns beide nicht streiten und haben es trotzdem getan.«
    »Ja, blöd, was?«, sagte ich. »Aber jetzt bist du nicht mehr sauer auf mich?«
    »Nö. Sollen wir uns bald mal wieder treffen? Ich würde dich nämlich gerne Wiedersehen. Du ... du hast mir gefehlt.«
    Den letzten Satz sagte Bastian ganz leise, aber ich hörte ihn trotzdem. Mir wurde ganz warm und ein bisschen schwindelig dabei.
    Dann war es eine Weile still und nur Bastians Atem war zu hören. Ich war mir ganz sicher, dass ich Bastians Atem immer und überall wiedererkennen würde. Wie hatte ich vorhin nur glauben können, irgendein perverser Typ wäre am anderen Ende der Leitung?
    Schließlich sagte Bastian: »Morgen kann ich leider nicht, da fahren wir zu meiner Oma. Aber wie wär's mit Montag?«
    »Klar, gerne«, sagte ich.
    »Um drei vorm Venezia ? .«
    Ich nickte. Aber das konnte Bastian natürlich nicht sehen, darum sagte ich schnell: »Okay, prima. Also dann, bis Montag.«
    Wir verabschiedeten uns und ich legte auf. Plötzlich war es wieder da! Dieses schöne, leichte Gefühl, meine ich. Ich fühlte mich so leicht, dass ich geradezu aus dem Wohnzimmer schwebte. Ich war von den Zehen- bis zu den Haarspitzen einfach nur glücklich. Gleich würde ich vor lauter Glück davonschweben wie ein Gasluftballon. Oder mit einem lauten Knall platzen.
    Ich rannte aus dem Haus, lief in den hintersten Winkel unseres Gartens und schrie, so laut ich konnte.

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