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Emma traut sich was

Emma traut sich was

Titel: Emma traut sich was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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räusperte mich. »Hallo.«
    »Wollen wir uns dahinten hinsetzen?« Er zeigte auf einen Tisch, der gerade frei wurde.
    Ich konnte nur nicken und lief wie ein ferngesteuerter Roboter hinter Bastian her. All die Worte, die ich mir zurechtgelegt hatte, alle Gesprächsthemen, die ich mir im Bus extra noch überlegt hatte, waren plötzlich wie weggeblasen. Ein warmer Windstoß hatte sie aus meinem Gehirn gepustet. Mein Kopf war völlig leer. Das ist mir leider schon ein paarmal passiert, wenn ich mit Bastian zusammen war. Keine Ahnung, warum. Vielleicht ist das einfach so, wenn man verliebt ist.
    Als das Wort »verliebt« in meinem Kopf auftauchte und wie ein rosarotes Wolkenherz hin und her schwebte, wurden meine Ohren plötzlich ganz warm und ich merkte, wie ich rot anlief. Das machte mich wütend und ich fing an, mit mir selbst zu schimpfen. Die fiese Emma war wieder aus ihrem Versteck ganz hinten in meinem Kopf hervorgekommen und machte mich ordentlich zur Schnecke.
    »Du dumme Gans!«, zischte sie. »Du dämliches Rindvieh! Willst du, dass Bastian dich für total beschränkt hält? Dann mach nur weiter so, du bist auf dem allerbesten Weg dorthin. Erst kriegst du keinen Ton raus, dann latschst du wie eine Schlafwandlerin hinter ihm her und jetzt wirst du auch noch rot wie eine Tomate. Super! Klasse! Spitze! Das hast du wirklich gut hingekriegt. Weißt du, was du bist? Du bist eine totale Niete, wenn es um Jungs geht! Machst dir ja schon in die Hosen, sobald du nur an einen klitzekleinen Kuss denkst! Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich mich totlachen ...«
    »Halt endlich die Klappe!«, murmelte ich und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
    Bastian setzte sich neben mich. »Was hast du gesagt?«
    »Wer? Ich? Gar nichts!«, antwortete ich schnell.
    Ich schüttelte so unauffällig wie möglich meinen Kopf ein bisschen hin und her, um die Stimme der fiesen Emma zu vertreiben. Schließlich musste ich mich jetzt ganz auf Bastian und das Kussprojekt konzentrieren. Da konnte ich keine nervige Stimme in meinem Kopf gebrauchen, die mich ablenkte.
    Wenigstens hatte mich die fiese Emma mit ihren Gemeinheiten so wütend gemacht, dass ich das rosarote Wolkenherz in meinem Kopf einen Moment lang ganz vergessen hatte. Darum war mein Gesicht jetzt nicht mehr knallrot und mein leerer Kopf füllte sich allmählich wieder mit Gedanken. Ich wartete gerade darauf, dass mir die Gesprächsthemen wieder einfielen, die ich mir im Bus überlegt hatte, da kam zum Glück der Kellner an unseren Tisch. Er beendete das ungemütliche Schweigen, das sich zwischen Bastian und mir ausgebreitet hatte wie eine schwere, nasse Wolldecke.
    »Ich nehme einen Erdbeerbecher«, sagte ich, denn ich hatte beschlossen, mir heute zur Feier des Tages mal etwas richtig Gutes zu gönnen. Schließlich bekommt man nicht jeden Tag seinen ersten Kuss. Außerdem musste ich mich unbedingt stärken, damit ich nachher nicht doch noch einen Rückzieher machte.
    »Ich auch«, sagte Bastian. Als der Kellner wieder weg war, meinte er zu mir: »Der Erdbeerbecher hier ist echt lecker, oder?«
    Ich nickte und wir unterhielten uns eine Weile über unsere Lieblingseissorten. Das war zwar nicht gerade ein superspannendes Thema, aber immerhin besser als nichts. Auf jeden Fall war es tausendmal besser als dieses unangenehme Schweigen. Als wir gerade über die Vorzüge von Schokoladeneis sprachen und ich krampfhaft überlegte, welche Eissorten es noch gab, kamen unsere Erdbeerbecher. Ich atmete auf und Bastian sah auch ziemlich erleichtert aus. Er hielt sich an seinem Löffel fest wie an einem Rettungsanker. Wir aßen langsam und schweigend. Das Eis war wirklich köstlich und ich entspannte mich ein bisschen. Vielleicht stimmt es ja tatsächlich, was Oma immer sagt: Liebe geht durch den Magen.
    Als wir die letzten Eisreste von unseren Löffeln leckten, fing Bastian plötzlich an, von einem Ohr zum anderen zu grinsen. Das sah so lustig aus, dass ich kichern musste. Da musste Bastian auch kichern und schließlich lagen wir beide vor Lachen fast unter dem Tisch.
    Es dauerte eine Weile, bis wir uns wieder beruhigt hatten. Ich glaube, keiner von uns wusste genau, worüber wir gerade so gelacht hatten. Aber das war eigentlich auch egal. Wichtig war nur, dass wir beide zusammen hier vor dem Venezia in der Sonne saßen.
    Ich musste Bastian die ganze Zeit anschauen. Er sah so lieb aus, dass ich es kaum aushalten konnte. Ich hatte bisher gar nicht gewusst, dass auch schöne Sachen wehtun

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