Emma traut sich was
Hast du den Blumenkranz gesehen? Wie kann man denn damit freiwillig durch die Gegend laufen? Das gibt's doch gar nicht!«
Ich nickte, obwohl ich gar nicht richtig mitbekommen hatte, was Lea gesagt hatte. Ich sah immer noch Monas verdattertes, rot angelaufenes Gesicht vor mir. Und ihren verunsicherten Blick, als ich sie weggeschickt hatte. Plötzlich fühlte ich mich ziemlich mies.
7. Kapitel
Aller Anfang
ist schwer
igentlich mag ich ja keine Montage. Zumindest in der Schulzeit. In den Ferien ist das natürlich was anderes. Aber da hab ich montags ja auch keine Doppelstunde Mathe. Wenn ich nur daran denke, bekomme ich schon eine Gänsehaut.
Am letzten Montag in den Ferien freute ich mich außerdem so sehr auf die Verabredung mit Bastian, dass es mir völlig egal war, welchen Wochentag wir gerade hatten. Dabei hätte ich eigentlich wissen müssen, dass montags immer irgendetwas schief geht. Doch daran verschwendete ich keinen einzigen Gedanken, als ich um kurz vor drei in Dederstadt aus dem Bus stieg und im Dauerlauf zur Eisdiele rannte.
Ich ärgerte mich ein bisschen, weil ich so spät dran war. Ich komme zwar ziemlich oft zu spät, aber zu der Verabredung mit Bastian wäre ich ausnahmsweise gerne mal pünktlich gewesen. Wie sah denn das aus, wenn ich völlig abgehetzt in der Eisdiele auftauchte? Außerdem konnte ich mir jetzt gar nicht mehr in Ruhe überlegen, wie ich das mit dem Kuss am besten hinkriegen sollte. Lea und ich hatten nämlich beschlossen, dass ich Bastian heute küssen würde.
»Je eher, desto besser«, hatte Lea gestern Abend gesagt. »Du schaffst das schon!«
Da war ich mir nicht so sicher. Die Vorbereitungen für das Kussprojekt hatten so lange gedauert, dass ich fast den Bus verpasst hätte: Ich hatte mir zwei Mal besonders gründlich die Zähne geputzt und stundenlang mit Gesas Mundwasser gegurgelt. Das Zeug schmeckte scheußlich und war so scharf, dass jetzt meine ganze Kehle brannte. So als hätte ich aus Versehen ein paar superscharfe Chilischoten gegessen. Aber das war mir egal. Hauptsache, ich hatte keinen Mundgeruch. In meiner Fantasie hatte sich Bastian nämlich schon ungefähr tausendmal kurz vor unserem ersten Kuss die Nase zugehalten und gesagt: »Tut mir Leid, Emma, aber ich kann einfach niemanden küssen, der so furchtbar nach Zwiebeln stinkt wie du. Ich hasse Zwiebeln!«
Das wäre mein Ende. Dann würde ich auf der Stelle sterben, ganz klar. Ich wollte aber gerne noch ein bisschen weiterleben. Darum hatte ich lieber vorgesorgt.
Während ich zur Eisdiele rannte, hielt ich mir beide Hände vor den Mund und hauchte ein paarmal hinein. Aber ich roch nur Gesas Mundwasser und Mamas Ringelblumen-Handcreme. Damit hatte ich sorgfältig meine Hände eingecremt, nachdem ich heute Vormittag im Garten mit Paul gespielt hatte. Schließlich wollte ich weder nach Zwiebeln noch nach altem Labrador riechen.
Ich hatte sogar einen Moment überlegt, ob ich etwas von Mamas rosafarbenem Lippenstift auftragen sollte. Aber dann hatte ich mich doch nicht getraut. Ich kenne mich mit Lippenstift nämlich nicht so richtig aus. Eigentlich überhaupt nicht. Nachher verschmierte der noch beim Küssen und ich sah aus wie ein Zirkusclown. Dann würde sich Bastian nach unserem Kuss kringelig lachen und ich würde vor lauter Peinlichkeit im Boden versinken. Oder mal wieder auf der Stelle sterben.
Kurz bevor ich die Eisdiele erreichte, nahm ich schnell noch den Kaugummi heraus, auf dem ich während der ganzen Busfahrt wie eine Verrückte herumgekaut hatte. Dann atmete ich einmal tief durch, strich mein T-Shirt glatt und schlenderte um die Ecke. Das Kussprojekt konnte starten, ich war perfekt vorbereitet.
Fehlte nur noch eine winzige Kleinigkeit: Bastian. Ich suchte mit den Augen zwei Mal sämtliche Tische vor der Eisdiele ab, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Sofort bildete sich ein Eisklumpen in meinem Bauch und mir wurde kalt. Ich musste an unsere allererste Verabredung im Venezia denken, als Bastian nicht aufgetaucht war und ich eine ganze Stunde auf ihn gewartet hatte. Da war ich mir vielleicht blöd vorgekommen. Wie bestellt und nicht abgeholt.
Ich merkte gerade, wie ich schlechte Laune bekam, da tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich fuhr herum – und die schlechte Laune löste sich augenblicklich in Luft auf. In warme, weiche Sommerluft, die nach geschmolzenem Erdbeereis und von der Sonne aufgeheizten Pflastersteinen roch.
»Hi«, sagte Bastian und lächelte mich an.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher