Emma und der Rebell
dann fiel ihr ein, daß sie mit seiner
Hilfe vielleicht ihr Kind zur Welt bringen würde, falls sie tatsächlich schwanger
war. »Ich konnte die Hitze und die schlechte Luft dort nicht ertragen«, gab sie
deshalb zu. »Ich bin ohnmächtig geworden.«
Der Arzt
musterte sie nachdenklich. »Vielleicht sind Sie schwanger.«
Er würde
nie erfahren, wie sehr Emma hoffte, daß er recht behielt; sie wandte den Blick
ab, weil es sie beschämte, ein so intimes Thema mit einem anderen Mann als
Steven zu besprechen. »Möglich«, meinte sie nur.
Er ging zur
Tür. »Ich komme heute abend wieder, um nach Macon zu sehen. Dann wird er sicher
wieder bei Bewußtsein sein und sich über die Schmerzen beklagen.«
Emma nickte
unbehaglich und fragte sich besorgt, wie sie Steven alles erklären sollte.
Vermutlich würde er versuchen, Macon mit bloßen Händen umzubringen. Sie glaubte
nicht, daß Macons Verletzung ihn davon abhalten konnte.
Jubal
erschien mit einem sauberen Morgenrock aus blaßrosa Samt, der wahrscheinlich
Lucy gehörte. »Hier, Miss Emma. Sie brauchen ein Bad. Lassen Sie mich Ihnen
helfen.«
Jetzt, wo
die Krise überstanden war, wurde Emma auf einmal ganz schwach. Dankbar stützte
sie sich auf Jubals Arm und ließ sich von ihr zu Macons und Lucys Zimmer
führen, froh, ihr eigenes – und Macon – endlich verlassen zu können.
Hier roch
es überall nach Lucys Jasminparfum, obwohl sämtliche Räume verlassen waren.
Wie Cyrus war auch Lucy beim Prozeß.
»Sie können
hier baden. Miss Lucy wird nichts dagegen haben«, meinte Jubal, was Emma wieder
daran erinnerte, daß sie auch ihrer Schwägerin die Ereignisse erklären mußte.
Es würde nicht leicht sein, sie zu schonen, und Emma fragte sich, wie Lucy
reagieren mochte, wenn sie die Wahrheit über ihren Mann erfuhr.
Nach einem
ausgedehnten Bad fühlte Emma sich schon etwas besser, aber das merkwürdige
Schwächegefühl in ihren Knien und Schultern blieb. Sie kämmte sich gerade mit
Lucys Kamm, als es kurz an der Tür klopfte und Steven hereinkam. Er sah blaß
und grimmig aus. »Jubal sagte, du wärst hier«, bemerkte er, als Emma bei seinem
Anblick zu erstarren schien. »Sie sagte, Nathaniel hätte Macon angeschossen.«
Weil sie
ihrer Stimme in diesem Augenblick nicht traute, nickte Emma nur. Mehr als alles
andere auf der Welt wollte sie jetzt, daß Steven sie in die Arme nahm und sie
ganz fest an sich drückte. Sie brauchte ihn, um Kraft aus seiner Stärke zu
beziehen und Trost aus seiner Zärtlichkeit.
»Warum?«
fragte er rauh, obwohl der harte Ausdruck seiner Augen verriet, daß er es
bereits wußte.
»Er ...
Nathaniel wollte mich beschützen. Macon wollte ... er hatte vor, mich ... mich
zu vergewaltigen.« Ein Fluch entrang sich Stevens Lippen, aber sonst blieb er
verdächtig still. Für einen langen Moment schaute er Emma an, als sei alles nur
ihre Schuld, aber dann zog er sie in die Arme. »Hat er dir weh getan?« fragte
er heiser und küßte ihre Schläfen.
»Nein«,
flüsterte Emma und klammerte sich an ihn. »Aber er hat mir schreckliche Angst eingejagt.
O Gott, Steven – ich hatte noch nie in meinem Leben solche Angst.«
»Pst«,
flüsterte er und hob sie mühelos auf die Arme. »Du brauchst jetzt Ruhe. Du mußt
dich hinlegen.«
»Wie ist
der Prozeß verlaufen?« fragte Emma besorgt, als er sie aus Macons und Lucys
Zimmerflucht hinaustrug und in einen Raum brachte, der vermutlich ein
Gästezimmer war.
Dort legte
er sie sanft auf das breite Bett und deckte sie zu. Dann nahm er ihr den Kamm
ab, den sie noch immer umklammert hielt, und begann ihr Haar zu kämmen. Es war
eine sehr tröstliche Geste, aber sie beantwortete nicht ihre Frage.
»Sag es
mir, Steven«, bat sie leise. »Wie war der Prozeß?«
»Nicht
gut«, gab er widerstrebend zu. »Überhaupt nicht gut. Ich mußte mir anhören, wie
halb New Orleans vor den Richter trat und bezeugte, ich hätte Mary McCall
getötet.«
Emma schloß
für einen Moment die Augen, von Panik erfaßt, aber dann bezwang sie sie. Sie
durfte jetzt nicht zusammenbrechen, obwohl sie es in letzter Zeit manchmal als
Erleichterung empfunden hätte, hätte sie sich in eine eigene seltsame kleine
Welt zurückziehen können wie Lucy.
Steven
streichelte ihre nackte Schulter. »Es ist alles gut, Emma«, versicherte er ihr.
»Ist ...
ist Lucy zu Hause? Jemand wird es ihr sagen müssen ...«
»Jubal kümmert
sich um sie, und Cyrus hat jemanden geschickt, um den Sheriff zu
benachrichtigen.«
Erschrocken
richtete Emma sich
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