Emma und der Rebell
in Fairhaven
behalten – das wäre nicht schicklich, Emma. Ich werde dich irgendwo in der
Stadt unterbringen.«
Sie
bedeckte ihre Brüste mit den Händen, als Macon immer näher kam. »Du bist
schlecht wie die Sünde, Macon, und ich würde lieber sterben, als mich von dir
berühren zu lassen. Und jetzt mach, daß du hinauskommst, bevor ich schreie!«
»Du kannst
schreien, soviel du willst«, entgegnete er grinsend. »Außer den Dienstboten
ist niemand hier, und die würden es nicht wagen, sich einzumischen, das kannst
du mir glauben.«
Emma
schluckte. Sie wußte nicht, ob er nur bluffte; immerhin war
dies ebenso Macons Haus wie Cyrus'. Wenn er hier Befehle gab, wurden sie
befolgt. »Verschwinde«, sagte sie noch einmal, die Hand schon auf dem
Schubladenknopf des Nachttischs, aber ihr war klar, daß Macon sie erreichen
würde, bevor sie die Waffe herausnehmen und auf ihn richten konnte. Er stand
jetzt dicht vor ihr, und sein Blick bewies, daß er ihre Absicht durchschaute.
»Es wird
nicht so schlimm sein, wie du denkst, Emma«, sagte er beschwichtigend. »Ich
weiß, wie ich dich glücklich machen kann, und du befindest dich schon jetzt
genau am richtigen Ort dafür.«
»Rühr mich
nicht an!« zischte Emma und wich noch weiter vor ihm zurück. »Steven bringt
dich um, wenn du mich anfaßt!«
»Du würdest
es ihm nicht sagen.« Macon beugte sich über sie, und sie sah eine Ader an
seiner rechten Schläfe pulsieren, als er für einen Moment die Zähne
zusammenbiß. »Du würdest es für dich behalten, weil er keine Aussicht hätte,
diesen Prozeß zu gewinnen, wenn er mich in einem Wutanfall angriffe – oder?«
Emmas Herz pochte schmerzhaft gegen ihre Rippen, und sie war überzeugt, sich
übergeben zu müssen. Als sie erneut versuchte, Macon auszuweichen, packte er
sie an ihrem langen Haar.
»Bitte«,
flüsterte sie.
Er lächelte
nur höhnisch. »Demütige dich nicht, Darling. Es wird dir auch nichts nützen.
Heb dir dein Flehen für den letzten köstlichen Augenblick kurz vor der
Erfüllung auf.«
Emma
spürte, wie ihr die Galle in die Kehle stieg. »Laß mich los!«
Doch er
preßte sie flach auf die Matratze, ohne die Hand aus ihrem Haar zu nehmen. Emma
war jetzt so entsetzt und so verängstigt, daß sie kein Wort mehr über die
Lippen brachte.
Das laute
Krachen einer Tür, die an die Wand prallte, ließ beide zusammenfahren.
Nathaniel
stand auf der Schwelle, noch in dem Anzug, den er zu Stevens Prozeß getragen
hatte, und starrte seinen Cousin aus kalten Augen an. In seiner zitternden Hand
lag ein Derringer, dessen Mündung auf Macons Magen zielte. »Laß sie los!«
sagte er zornig.
Macon
gehorchte, aber nur, um seinen Rock abzulegen und ihn über den Bettpfosten zu
hängen. »Verschwinde, Nathaniel!« erwiderte er so gelassen, als wäre er im
Begriff, ein Buch zu öffnen oder sich einen Drink einzuschenken.
»Das hier
ist etwas für einen Mann, nicht für einen kleinen Jungen.«
Emma atmete
schwer und warf Nathaniel beschwörende Blicke zu. Ihr Instinkt riet ihr,
aufzuspringen und die Flucht zu ergreifen. Aber sie wußte, daß sie Macon ohne
Nathaniels Hilfe nicht entkommen würde.
»Ich lasse
nicht zu, daß du ihr etwas tust«, erklärte der Junge mit ruhiger
Entschiedenheit. Der Derringer, der eben noch gezittert hatte, lag jetzt ganz
ruhig in seiner Hand.
Macon
seufzte ärgerlich und fuhr sich mit einer Hand durch sein dichtes Haar. »Dafür
bekommst du meine Reitpeitsche zu spüren«, warnte er Nathaniel.
Nervös
befeuchtete der Junge seine Lippen.
»Hör nicht
auf ihn!« rief Emma. »Cyrus würde nicht zulassen, daß er dir weh tut – und
Steven auch nicht.«
Macons Hand
zerrte von neuem an ihrem Haar. »Halt den Mund!« fuhr er sie an.
»Ich sagte,
du sollst sie loslassen!« schrie Nathaniel.
Wieder
seufzte Macon. »Dann muß ich mich wohl zuerst mit dir beschäftigen«, meinte er
in sachlichem Ton und ging auf Nathaniel zu, und in diesem schrecklichen Moment
erkannte Emma die Absicht des Jungen in seinem Blick.
»Nein!«
schrie sie gellend und sprang vom Bett. »Tu es nicht, Nathaniel!«
Doch bei
Macons nächstem Schritt löste sich ein Schuß aus der Pistole, und beide – Emma
und der Junge, der ihn abgegeben hatte – schauten in stummem Entsetzen zu, wie
Stevens Halbbruder taumelte, dann auf die Knie sank und schließlich mit
ausgebreiteten Armen auf den Boden stürzte, wo er in einer sich schnell
vergrößernden Blutlache liegenblieb.
»Mein
Gott!« flüsterte Emma, zog ihren
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