Emma und der Rebell
Gedächtnisstütze für sie sein, damit sie nicht vergaß, was an
diesem Nachmittag zwischen ihnen vorgefallen war.
Unfähig,
sich von ihm abzuwenden, und hilflos sah sie Steven in die Augen.
»Was hatte
das alles zu bedeuten, Miss Emma?« fragte er kühl. Seufzend versuchte sie, sich
aus seinen Armen zu befreien, aber sie waren so unnachgiebig wie Stahlbänder.
»Ich wollte Fulton die Wahrheit sagen und ihm erzählen, was heute nachmittag
geschehen ist«, gab sie schließlich zu. »Danach wäre er mehr als froh gewesen,
mich nach Hause bringen zu können.«
Steven zog
zweifelnd eine Augenbraue hoch und sagte nichts. Emma verlor allmählich die
Geduld. »Laß mich los, Steven!« »Mr. Fairfax«, erwiderte er zu ihrer
unendlichen Verblüffung. »Was?«
»Ich habe
dir schon einmal gesagt, daß ich in der Öffentlichkeit mit > Mr. Fairfax < angesprochen werden möchte. Wenn wir allein sind, darfst du mich Steven
nennen.«
Es kostete
Emma ihre ganze Überwindung, ihm nicht hart auf den Fuß zu treten. »Das ist
arrogant und altmodisch!« fuhr sie ihn an.
Steven
zuckte mit den Schultern. »Dann bin ich eben altmodisch. Was meine Arroganz
betrifft, darüber können wir später reden.«
Emma
schüttelte den Kopf. »Es ist dir wirklich ernst, nicht wahr?«
Er nickte.
»Ja.«
»Na schön –
aber ich denke nicht daran!«
Er
schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Emma, Emma, du müßtest es inzwischen
besser wissen, als mich so herauszufordern! Du weißt doch, daß du damit nichts
erreichst.«
Emma atmete
heftig, und keineswegs von der Anstrengung des Tanzes. »Ich habe schon genug
Probleme, ohne daß du mir auch noch lächerliche Befehle erteilst, Mr. Fairfax.«
Steven
schaute zu Fulton hinüber, der an der Tür stand und sie mit bösen Blicken maß.
»Ach ja«, meinte Steven seufzend, »ich möchte dich bitten, nicht mitten in der
Nacht mit Männern wie Fulton Whitney durch die Gegend zu fahren. Denn daß du
ihn heiraten wirst, glaubst du inzwischen selbst nicht mehr.«
»Ich kann
mich nicht entsinnen, von dir ein besseres Angebot erhalten zu haben!«
entgegnete Emma spitz.
Steven
lachte. »Wirst du auch nicht, Liebling. Aber dafür bekommst du alles andere,
was du brauchst.«
Emma hätte
ihn dafür geohrfeigt, wenn sie nicht den Skandal gefürchtet hätte. »Vielleicht
will ich Fulton ja doch noch heiraten. Das hast du wohl nicht bedacht, was? Es
könnte ja sein, daß er Verständnis zeigt und ... und mir verzeiht, was ich mit
dir getan habe.«
Jetzt
lachte Steven schallend. »Verzeihen? Kein Mann verzeiht so etwas, Miss Emma,
außer er ist ein echter Narr. Nein, nein, finde dich ruhig damit ab, daß du
keine Chance mehr hast, Mrs. Fulton Whitney zu werden.«
Zum Glück
brach in diesem Augenblick die Musik ab, und Emma löste sich aus Stevens Armen,
um zu Fulton hinüberzugehen, der mit verdrossener Miene bei der
unverheirateten Schwester des Pfarrers stand.
»Fulton«,
sagte Emma entschieden und nahm seinen Arm, »ich muß mit dir reden. Jetzt
sofort.«
Fulton
wirkte zunächst empört, dann erstaunt, dann froh. »Natürlich, mein Liebling.«
Diesmal war er so klug, nicht mit ihr hinauszugehen, sondern sie zu einem
schmalen Gang zu führen, der vor der Küche endete. Hier war es dunkel, nur der
schwache Schein des Mondes fiel durch ein Fenster herein.
Kaum
standen sie auf diesem Gang, packte Fulton Emmas Arm und
drehte sie grob zu sich herum. »Was wird hier gespielt?« fragte er barsch.
Emma
schluckte. »Ich muß dir etwas sagen«, erwiderte sie leise und bemühte sich, ein
bißchen Distanz zwischen sich und Fulton zu schaffen, der ihr so nahe stand,
daß sie trotz des Krachs, der aus dem Ballsaal kam, seine Uhr ticken hören
konnte.
»Was?«
fragte er ungeduldig.
Emma
versuchte, ihm auszuweichen, aber es war sinnlos. Fulton stand so dicht vor
ihr, daß er ihr seinen warmen Atem ins Gesicht blies. »Wenn du nur einen
Schritt zurücktreten würdest ...« sagte sie bittend.
Fulton
blieb, wo er war, beugte aufstöhnend den Kopf und begann ungeschickt an ihrem
Ohrläppchen zu knabbern. »Du ahnst ja nicht, wie lange ich dich schon einmal so
für mich alleine haben wollte.«
»Wir sind
nicht allein«, ermahnte Emma ihn und begann einzusehen, daß sie sich in einer
sehr unangenehmen Lage wiederfinden konnte. »Die ganze Stadt ist im
angrenzenden Saal.«
»Bei der
lauten Musik werden sie uns nicht hören.«
Emma duckte
sich unter Fultons Arm und blieb keuchend auf der anderen Seite des Ganges
stehen.
Weitere Kostenlose Bücher