Emma und der Rebell
schneller, als sie Steven unter den
Cowboys erkannte, der pfeifend und schreiend mit den anderen Männern die Rinder
zusammentrieb. Sie wollte gerade ins Tal hinunterreiten, als ein Pferd neben
ihr auftauchte und ein starker Arm sich um ihren Nacken legte.
Ein kalter
Pistolenlauf preßte sich an ihren Hals. »Seien Sie froh, daß ich es eilig habe,
diesen Bastard von meinem Bruder zu sehen«, knurrte eine vertraute Stimme.
»Denn sonst – meine schöne Miss Emma – würde ich Sie hier ins Gras legen und
mir das nehmen, wonach es mich schon verlangt, seit ich Sie zum ersten Mal
gesehen habe.«
15
Frank
Deva stieß einen
schrillen Pfiff aus, um Steven auf sich aufmerksam zu machen, und als es ihm
gelungen war, deutete er auf die weite Ebene, die sich hinter ihnen erstreckte.
Steven wendete sein Pferd und spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte.
Mit einem
alten Mantel und einem Hosenrock bekleidet, kam Emma langsam auf ihn
zugeritten. Ihr langes Haar hatte sich aus ihrem Zopf gelöst und bauschte sich
um ihr Gesicht wie eine kupferfarben Wolke. Hinter ihr, auf demselben Pferd,
saß Macon.
Die Welt
schien stillzustehen in diesem Augenblick. Steven hörte weder das Muhen der
Rinder, das Geschrei und die Pfiffe der Cowboys noch das schrille Wiehern ihrer
Pferde. All seine Sinne konzentrierten sich auf Emma; seine Augen nahmen nichts
als ihr Gesicht wahr.
Automatisch
tastete er nach seiner Waffe, zog sie aus dem Halfter und steckte sie locker
wieder hinein, damit sie sich nicht darin verfing, falls er sie ziehen mußte.
Als sie nur
noch wenige Meter voneinander entfernt waren, konnte Steven sehen, daß Emmas
Hände gefesselt waren und Macon die Mündung seiner Pistole an ihre Kehle
drückte.
Sein
Halbbruder lächelte. »Hallo, Steven«, sagte er. »Es ist lange her.«
Stevens
Blick wich nicht von Emmas Gesicht. Sie war blaß und wirkte sehr verängstigt,
schien jedoch nicht verletzt zu sein. »Wenn du ihr etwas angetan hast«, sagte
er zu seinem Bruder, »bringe ich dich um.«
Macon
lächelte. »Ich habe ihr nichts getan. Das hebe ich mir für den Moment auf, wenn
du am Galgen baumelst.«
Emma drehte
sich halb im Sattel zu Macon um, dann richtete sie ihren Blick prüfend auf
Steven, und es schmerzte ihn, daß sie sich jetzt vermutlich fragte, ob sie sich
einem Mörder hingegeben hatte.
»Laß sie
gehen, Macon«, sagte er ruhig.
Macon
lachte und löste die Sicherung am Abzug seiner Pistole. »Du bist nicht in der
Lage, Befehle zu erteilen, Steven. Ich habe einen Haftbefehl in der Tasche,
ausgestellt von einem Bundesrichter. Ich brauche nur in die nächste Stadt zu
reiten und den Marshal über dich zu informieren, dann trittst zu den Rückweg
nach Louisiana in Ketten an. Aber die kleine Lady hier bleibt bei mir. Ich
möchte schließlich keinen Unfall erleiden.«
Steven
schaute sich über die Schulter um und sah Frank Deva und drei andere der
Cowboys, mit gezogenen Pistolen und bereit, ihn zu verteidigen. »Steckt die
Waffen weg«, sagte er resigniert. »Apropos Waffen«, warf Macon ein. »Laß deine
fallen – und zwar schnell!«
Macons
Pistolenmündung lag noch immer an Emmas Hals; jede abrupte Bewegung konnte
einen Schuß auslösen. »Ruhig«, sagte Steven gepreßt, bevor er die Schnalle
seines Waffengurts löste und
ihn zu Boden fallen ließ. Dann hob er langsam beide Hände.
Nachdem er
seinen Triumph gebührend ausgekostet hatte, nahm Steven die Pistole von Emmas
Hals und steckte sie ins Halfter. Emma schloß vor Erleichterung die Augen.
Steven
hätte ihr so gern versichert, daß sie sich keine Sorgen zu machen brauchte, daß
er kein Verbrechen begangen hatte und auch nicht zulassen würde, daß jemand sie
verletzte, obwohl er, Steven, unbewaffnet war. Aber er befürchtete, daß Macon
sich dann veranlaßt fühlen könnte, ihr das Gegenteil zu beweisen.
Doch dann
geschah etwas, was Steven fast nicht zu hoffen gewagt hatte – aus lauter
Arroganz über seinen leichten Sieg wurde Macon übermütig und stieg vom Pferd!
Auch Emma
ließ sich, obwohl sie immer noch gefesselt war, auf den Boden gleiten. Die
ganze Zeit hatte sie Steven fragend angeschaut, und auch jetzt ruhte ihr
forschender Blick auf ihm.
Steven
hätte seine Seele dafür geopfert, sie in die Arme nehmen und trösten zu
können, aber das war ein Luxus, den er sich jetzt nicht erlauben konnte. »Du
hast mich also gefunden«, sagte er zu seinem Halbbruder. »Es hat lange genug
gedauert.«
Macon
grinste bitter. »Du hast meinen Sohn
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