Emma und der Rebell
getötet. Ich hätte dich bis ins Grab
verfolgt.«
Schweißtröpfchen
rannen über Stevens Gesicht und hinterließen eine helle Spur auf seiner
staubbedeckten Haut. Er hob den Arm, um seine Augenbraue abzuwischen, und die
Bewegung lenkte Macons Aufmerksamkeit für einen Moment ab. So hart er konnte,
schlug Steven ihm den Handrücken ins Gesicht. Sein Bruder taumelte zurück,
seine Knie gaben nach, und er sackte zu Boden.
Bevor Macon
seine Waffe ziehen konnte, hatte Steven seinen Colt aufgehoben und richtet ihn
auf Macons Bauch. Emma rannte zu Steven, der sie für einen kurzen Moment
beruhigend an sich zog und sie dann wieder losließ.
»Wirf die
Pistole weg«, rief Steven seinem Bruder zu.
Jetzt war
es Macon, dem vor Angst der Schweiß ausbrach. Vorsichtig zog er mit zwei
Fingern seine Waffe und ließ sie fallen. Steven trat sie mit der Stiefelspitze
außer Reichweite und übergab seinen Colt einem der Männer, die hinter ihm
standen. Frank Deva löste bereits die Fesseln an Emmas Handgelenken.
Als Macon
sah, daß Steven ihm unbewaffnet gegenübertrat, rappelte er sich auf. Es war ein
Moment, den beide herbeisehnten, seit Steven Fairhaven das erste Mal betreten
hatte. »Steven – nein!« schrie Emma.
Er achtete
nicht auf sie und sagte, ohne Macon aus den Augen zu lassen, zu seinen Männern:
»Keiner von euch mischt sich ein – was auch passieren mag.« Dann begann er
Macon zu umkreisen wie ein hungriger Panther, der eine sichere Beute wittert.
Macon hob
die Fäuste und schob angriffslustig das Kinn vor. Stevens Hände ruhten locker an
seinen Seiten, obwohl es ihm in den Fingern zuckte, sie um Macons Hals zu
legen.
Lange Zeit
starrten die beiden Männer sich nur an, und jeder wartete darauf, daß der
andere zum ersten Schlag ansetzte. Macon verlor als erster die Geduld und
landete einen harten Treffer in Stevens Magen.
Ein
stechender Schmerz durchfuhr Stevens Rippen, aber er lächelte, denn nun hatte
er die Rechtfertigung, die er brauchte. Mit einem gewaltigen rechten Haken
schickte er Macon zu Boden.
Macon
sprang augenblicklich wieder auf, mit haßglitzernden Augen und einem kleinen,
scharfen Messer in der Hand.
Steven
lächelte verächtlich. »Ich habe immer gewußt, daß du ein heimtückischer
Feigling bist«, sagte er, während er Macon wieder mit der Geschmeidigkeit eines
Raubtiers zu umkreisen begann. Und obwohl sein Blick keine Sekunde Macons
Gesicht verließ, wußte Steven in jedem Augenblick, wo sich das Messer befand.
Als Macon
des Spiels müde wurde, stürzte er sich mit erhobenem Dolch auf seinen Bruder.
Die scharfe Klinge erwischte Steven am Oberarm, bevor er sie mit einem Fußtritt
in die Luft beförderte. Er merkte, daß Blut von seinem Ärmel tropfte, aber
falls er Schmerzen hatte, spürte er sie nicht. An den Rockaufschlägen zerrte
er Macon zu sich heran und versetzte ihm einen Tritt in den Unterleib.
Aufschreiend
sank Macon auf die Knie und preßte beide Hände auf
seine verletzten Genitalien. Steven verlangte seinen Colt zurück und preßte
seine Mündung an die Halsschlagader seines Bruders. »Wie fühlt man sich in
dieser Lage?« sagte er rauh.
Wenn Emma
nicht zugesehen hätte, wäre Steven weniger gnädig mit seinem Halbbruder
verfahren. Aber so beschränkte er sich darauf, ihm eine Kostprobe der Angst zu
geben, die Emma ausgestanden hatte; dann ließ er ihn auf der Erde knien, hob
seinen Pistolengurt auf und legte ihn wieder um. Kommentarlos sammelte Deva
Macons Pistole und sein blutiges Messer ein.
Emma eilte
zu Steven, die Augen weit aufgerissen vor Furcht und vor Entsetzen. »Du bist
verletzt ...«
Und erst da
spürte Steven den Schmerz, der ihn wieder aufrichtete wie ein steifer Drink.
Beruhigend strich er Emma übers Haar. »Es ist nichts Schlimmes«, versicherte er
ihr heiser.
»Du
brauchst einen Arzt!« Er schüttelte den Kopf. »Der Koch kann die Wunde nähen,
falls es nötig ist.«
Alle Farbe
wich aus Emmas Wangen, haltsuchend lehnte sie sich an Stevens Schulter. »Was
hat das alles zu bedeuten, Steven? Ist es wahr, was dein Bruder sagte? Hast du
wirklich zwei Menschen auf dem Gewissen?«
Das waren
Fragen, die Steven nicht mit einem schlichten Ja oder Nein beantworten konnte,
und deshalb erwiderte er gar nichts. Ohne Macon aus den Augen zu lassen, zog er
Emma an sich und herrschte seinen Bruder an: »Steh auf!«
Macon
richtete sich mühsam auf. Trotz seiner Schmerzen loderte Haß in seinen Augen,
und um seinen Mund spielte ein arrogantes Lächeln. »Du hast nichts
Weitere Kostenlose Bücher