Emma und der Rebell
zu gewinnen,
Steven«, keuchte er, während er sich das Blut aus den Mundwinkeln wischte. »Du
kannst mich nicht daran hindern, zum nächsten Marshal zu reiten – es sei denn,
du bringst mich um. Und das würdest du nicht wagen vor so vielen Zeugen.
Steven
spürte Emmas bittenden Blick. »Später«, sagte er zu ihr. »Später erkläre ich
dir alles.«
Überzeugt,
zusammenzubrechen ohne ihn, klammerte Emma sich an Stevens Schulter. Und da sah
sie, wie ein Ausdruck grimmiger Resignation sein Gesicht verdüsterte.
»Ich muß
diese Rinder nach Spokane bringen«, sagte er hart. »Danach werde ich nach New
Orleans zurückkehren und mich einer gerichtlichen Untersuchung stellen.«
Emma hatte
das Gefühl, daß sich ein bodenloser Abgrund vor ihren Füßen auftat. Sie
umklammerte Stevens schmutzige Weste und flehte ihn mit ihren Blicken an, ihr
zu sagen, er sei unschuldig. Aber er versuchte nicht einmal, sich gegen Macons
Anschuldigungen zu verteidigen.
»Was ist
mit der Frau, Boss?« wandte einer der Cowboys ein. »Wir können Sie nicht mit
nach Spokane nehmen.«
Steven
schaute Emma an, dann Macon. »Meinem Bruder werde ich sie ganz bestimmt nicht
anvertrauen. Emma bleibt bei mir.«
Obwohl Emma
sich ein wenig darüber ärgerte, daß er sie nicht um ihre Meinung bat, sah sie
ein, daß seine Entscheidung richtig war. Sie konnte unmöglich nach Whitneyville
zurückreiten, solange Macon Fairfax sich in der Gegend aufhielt.
Macon
spuckte wütend aus. »Du erwartest doch wohl nicht, daß ich dir glaube? Sobald
ich dir den Rücken zudrehe, bist du wieder auf der Flucht.«
Steven
schüttelte den Kopf. »Ich bin es leid davonzulaufen«, sagte er und zog Emma
noch fester an sich. »Endgültig.«
Macon
musterte ihn argwöhnisch. »Ich habe ein halbes Dutzend Männer mitgebracht«,
warnte er. »Ich werde dir folgen – auf Schritt und Tritt!«
»Viel
Spaß«, erwiderte Steven müde, wandte sich mit Emma ab und half ihr auf das
Pferd. Als er sich hinter ihr in den Sattel schwang, hörte sie ihn leise
aufstöhnen und wußte, daß ihn seine Rippen schmerzten und wahrscheinlich auch
der Messerstich.
Gern hätte
sie ihn getröstet, aber das war nicht das einzige Gefühl, das sie beherrschte.
Sie ertrug ihre Zweifel nicht mehr und wollte von Steven hören, daß er
unschuldig war und keinen Mord begangen hatte. Doch Steven sagte nichts.
Die Herde
zog weiter, und er spornte seinen Wallach an, um ihr zu folgen. Die Cowboys,
die ihm zu Hilfe geeilt waren, flankierten ihn wie eine bewaffnete Leibwache.
Als sie den
Küchenwagen einholten, sprach Steven mit Sing Cho, und
der Chinese hielt das Mauleselgespann unverzüglich an. Während die anderen
weiterzogen, blieben Steven und Emma stehen.
Emma
schaute sich um und sah Macon auf ihrer Pintostute davongaloppieren.
Hoffentlich bringt er sie in den Mietstall zurück, dachte Emma traurig, aber es
war ihr klar, daß das eine sinnlose Hoffnung war.
Der Chinese
redete aufgeregt in seiner Sprache, als er Stevens Ärmel aufschnitt und die
Wunde darunter sah. Es war ein langer, tiefer Schnitt, und Emma mußte sich,
von plötzlicher Übelkeit erfaßt, einen Moment abwenden.
Sing Cho
deutete auf eine Ansammlung von Bäumen in der Nähe.
»Dort! Wir
brauchen Feuer.«
Steven
nickte düster, hob Emma auf sein Pferd und zog sich dann mühsam in den Sattel.
Sie schlang die Arme um seine Taille und legte ihre Wange an seinen breiten,
warmen Rücken. Am liebsten hätte sie geweint, aber die Tränen wollten nicht
kommen.
Als sie das
Wäldchen erreichten, sicherte Sing Cho den Wagen und reichte Emma eine
verbeulte Emailleschüssel. »Bringen Sie Wasser«, sagte er, auf einen kleinen
Bach zeigend.
Eifrig
bemüht, sich nützlich zu machen, lief sie zu dem kristallklaren Wasser, füllte
die Schüssel und kehrte eilig zu Steven zurück.
Der Chinese
hatte bereits ein Feuer angezündet, und Steven hockte auf einer umgedrehten
Holzkiste und ließ sich von Sing Cho eine Aderpresse anlegen, die die Blutung
stillen sollte.
Der kleine
Mann mit dem langen schwarzen Zopf deutete auf das Feuer. »Füllen Sie den
Kessel und holen Sie mehr.«
Als Emma
das zweite Mal vom Bach zurückkam, trank Steven Whiskey, direkt aus der
Flasche.
»Wo ist
er?« flüsterte Emma.
Steven
grinste. Er war schmutzbedeckt, von Kopf bis Fuß, was Emma an den Tag
erinnerte, als sie ihn in Chloes Haus gebadet hatte. »Sing Cho? Er holt sein
Nähzeug.«
»Wie kannst
du so gelassen sein?« fragte Emma, die bei dem bloßen Gedanken an
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