Emma will’s wissen
Sachen.« Gesa stand auf. »Um den Rest kümmern Gertrud und ich uns. Bleib ganz ruhig. Du brauchst jetzt deine Kraft für die Geburt.« Sie sah Babsi fragend an. »Haben wir noch ein bisschen Zeit?«
Babsi nickte. »Na klar. So eilig hat es das Baby nun auch wieder nicht.« Das beruhigte mich irgendwie.
Oma kam mit einem Tablett herein, auf dem eine Teekanne und vier Becher standen. »Jetzt trinken wir erst mal einen Tee zur Beruhigung.« Dann entdeckte sie mich. »Nanu, Emma, was machst du denn hier?«
Papa drehte sich um. »Emma!« Er kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. Es kratzte, weil er sich mal wieder nicht rasiert hatte.
»Kommt jetzt das Baby?«, fragte ich. Meine Hände waren eiskalt und in meinem Bauch kribbelte es.
Mama seufzte. »Sieht ganz so aus.«
Hinter mir erschien Tim auf der Türschwelle. Seine Haare waren verstrubbelt und er sah noch ganz verschlafen aus. »Was ist los?«, fragte er.
»Das Baby kommt«, sagte ich.
Tim riss die Augen auf. »Was? Jetzt?«
»Nicht jetzt sofort«, beruhigte ihn Babsi. »Aber es kann nicht mehr lange dauern. Bei Babys weiß man allerdings nie so genau. Sie haben ihren eigenen Zeitplan.«
Ich stellte mir das Baby vor, wie es in Mamas Bauch hockte und einen großen Plan studierte. Alle mussten nach seiner Pfeife tanzen, weil niemand den Zeitplan kannte. Nur das Baby. Ich war mir ziemlich sicher, dass das dem Baby gefiel. Mir hätte es jedenfalls gefallen.
Papa sah nervös auf die Uhr. »Sollten wir nicht langsam los? Bis zum Krankenhaus nach Dederstadt ist es noch ein ganzes Stück. Und draußen hat es gefroren. Die Landstraße ist ziemlich glatt.«
»Wenigstens kein Eisregen«, murmelte Mama. Sie nippte an ihrem Tee, den Oma ihr eingegossen hatte. Pfefferminzgeruch breitete sich im Wohnzimmer aus.
»Ich rufe lieber im Krankenhaus an, damit sie wissen, dass wir kommen.« Babsi stand auf. »Kann ich mal euer Telefon benutzen?«
»Klar.« Papa zeigte ihr das Telefon und Babsi wählte eine Nummer.
»Haben die denn überhaupt auf?«, fragte ich. Nachts schliefen die Patienten doch bestimmt. Und die Krankenschwestern auch. Was, wenn niemand ans Telefon ging? Mama war schließlich nicht angemeldet. Aber dann hob offenbar doch jemand ab, denn Babsi fing leise an zu reden.
»Das Krankenhaus hat rund um die Uhr geöffnet, Emma-Kind«, sagte Oma. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Mama fing wieder an zu stöhnen und ballte die Hände zu Fäusten. Papa setzte sich auf Gesas Platz. Mama griff nach seiner Hand und drückte sie so fest, dass es bestimmt wehtat. Aber Papa verzog keine Miene. Auf Mamas Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen, und ich wünschte, ich könnte dem Baby sagen, dass es sich etwas beeilen sollte. Dann entspannte sich Mama wieder. Sie lehnte sich seufzend zurück. Ihr Gesicht war blass und sie sah müde aus.
Gesa kam mit einer prall gefüllten Reisetasche zurück und stellte sie neben dem Sofa ab. »Schon wieder eine Wehe?«, fragte sie.
Mama nickte und murmelte: »Ich hatte ganz vergessen, wie anstrengend so eine Geburt ist. Ich glaube, ich bin zu alt für so was.«
Komisch, dass sie erst jetzt darauf kam. Das hätte ich ihr von vorneherein sagen können. Aber mich fragt ja niemand.
»Wir schaffen das schon, mein Schatz.« Papa strich Mama eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn.
Gesa schnaufte. »Typisch Mann! Von wegen ›wir‹! Du sitzt doch nur daneben und hältst Händchen. Lia muss die Geburt ganz allein durchstehen.«
Papa warf Gesa einen ärgerlichen Blick zu. »Ich kann doch auch nichts dafür, dass die Natur es so eingerichtet hat. Glaub mir, ich würde Lia die Schmerzen liebend gern abnehmen.«
»Als ob du das durchhalten würdest«, murmelte Gesa. »Wenn Männer die Kinder kriegen müssten, wäre die Menschheit in null Komma nichts ausgestorben.«
»Möchte noch jemand Tee?«, fragte Oma, aber niemand antwortete.
»Alles klar.« Babsi hatte zu Ende telefoniert. »Die Hebamme im Krankenhaus weiß Bescheid. Sie erwartet uns. Wollen wir los?«
Mama nickte und erhob sich mühsam vom Sofa. Papa und Gesa stützten sie. Oma half ihr in den Mantel. Mama ließ einfach ihr Nachthemd unter dem Mantel an. Sie umarmte erst Tim, dann mich.
»Macht euch keine Sorgen, ich bin bald wieder da«, sagte sie. »Und dann bringe ich euer Schwesterchen mit.«
Ich machte mir aber doch Sorgen. So eine Geburt ist schließlich kein Zuckerschlecken. Da kann jede Menge schiefgehen. Hoffentlich mussten sie Mama den
Weitere Kostenlose Bücher